Alle Weihnachtserzählungen
als man annehmen könnte.
Denn da er dem Doktor diente wie einst Miles dem Bruder Bacon und Tag für Tag zahllose Reden hörte, die der Doktor an verschiedene Leute richtete und die alle darauf hinausliefen zu zeigen, daß sein Leben bestenfalls ein Fehler und eine Sinnlosigkeit sei, war der unglückliche Diener in solch einen Abgrund verworrener und widersprüchlicher Vorstellungen von innen und außen gestürzt, daß die Wahrheit auf dem Grunde ihres Brunnens noch an der Oberfläche lag im Vergleich zu Britains tiefer Verwirrung. Der einzige Punkt, den er richtig verstand, war, daß das neue Element, was von Snitchey und Craggs gewöhnlich in diese Diskussion eingebracht wurde, sie nie verständlicher machte und dem Doktor stets einen Vorteil und eine Bestätigung zu geben schien. Deshalb betrachtete er die Firma als die unmittelbare Ursache seines Geisteszustandes und empfand demzufolge Abneigung gegen sie.
„Doch das ist nicht unsere Sache, Alfred“, sagte der Doktor. „Ab heute, wie du gesagt hast, bist du nicht mehr mein Schützling; und vollgestopft mit dem Wissen, das dir die Oberschule hier vermittelte und das deine Studien in London ergänzen konnten, und mit solch praktischen Kenntnissen, die ein so langweiliger, alter Landdoktor wie ich zu dem anderen hinzufügen konnte, ziehst du nun in die Welt hinaus. Nachdem die erste Probezeit, die von deinem armen Vater festgelegt worden war, abgelaufen ist, gehst du nun als dein eigner Herr fort, um seinen zweiten Wunsch zu erfüllen. Und lange bevor dein dreijähriger Aufenthalt an ausländischen medizinischen Fakultäten beendet ist, wirst du uns vergessen haben. Ach was, du hast uns schon nach einem halben Jahr vergessen!“
„Wenn ich das tue – aber Sie wissen, daß es nicht so sein wird; warum sollte ich Ihnen das sagen?“ antwortete Alfred lachend.
„Ich weiß nichts dergleichen“, erwiderte der Doktor. „Was meinst du, Marion?“
Marion, die mit ihrer Teetasse spielte, schien zu meinen doch sie sagte es nicht –, daß es ihm freistehe, sie zu vergessen, falls er es könne. Grace preßte das strahlende Gesicht an ihre Wange und lächelte.
„Ich war hoffentlich kein Unrechter Verwalter bei der Ausübung meiner Treuhandschaft“, fuhr der Doktor fort, „aber heute morgen soll ich unter allen Umständen davon entbunden werden, und hier sind unsere guten Freunde Snitchey und Craggs mit einer Tasche voller Papiere und Rechnungen und Dokumente, um die Überschreibung des Treuhandvermögens an dich zu erledigen (ich wünschte, es wäre schwieriger zu verwalten gewesen, Alfred, aber du mußt ein großer Mann werden und es ebenso groß machen) und andere Späße dieser Art, die unterschrieben, besiegelt und vollzogen werden müssen.“
„Und ordnungsgemäß beglaubigt, wie es das Gesetz vorschreibt“, sagte Snitchey, schob seinen Teller weg und holte die Papiere heraus, die sein Partner auf dem Tisch ausbreitete, „und da ich selbst und Craggs mit Ihnen gemeinsam, Doktor, Treuhänder waren, was das Guthaben betrifft, brauchen wir Ihre beiden Angestellten, um die Unterschriften zu beglaubigen. Können Sie lesen, Mrs. Newcome?“
„Ich bin nich verheiratet, Mister“, sagte Clemency.
„Oh, Verzeihung! Das hätte ich mir denken können“, kicherte Snitchey, wobei er seine Blicke über ihre außergewöhnliche Gestalt gleiten ließ.
„Sie können also lesen?“
„Etwas“, antwortete Clemency.
„Die Trauungsliturgie morgens und abends, wie?“ bemerkte der Rechtsanwalt scherzhaft.
„Nein“, sagte Clemency. „Zu schwer. Ich lese nur Fingerhut.“
„Einen Fingerhut lesen!“ wiederholte Snitchey. „Was sagen Sie da, junge Frau?“
Clemency nickte. „Und Muskatreibe.“
„Oh, sie ist ja wahnsinnig! Ein Fall für den Lordkanzler!“ sagte Snitchey und starrte sie an.
„Falls sie im Besitz irgendwelchen Eigentums ist“, legte Graggs fest.
Jedoch Grace mischte sich ein und erklärte, daß jeder der fraglichen Gegenstände einen gravierten Sinnspruch trug und somit die Taschenbücherei von Clemency Newcome bildete, die nicht gerade der Leseleidenschaft verfallen war.
„Ach, so ist das, Miss Grace!“ sagte Snitchey.
„Ja, ja. Hahaha! Ich hielt unsere Freundin für eine Idiotin. Sie sieht auch ganz so aus“, murmelte er mit einem verächtlichen Blick. „Und was sagt der Fingerhut, Mrs. Newcome?“
„Ich bin nich verheiratet, Mister“, bemerkte Clemency.
„Nun, Newcome. Ist es recht so?“ sagte der Anwalt. „Was sagt der
Weitere Kostenlose Bücher