Aller guten Dinge sind vier
fragte Lula, als sie hinters Steuer rutschte und sich anschnallte. »Wir brauchen eine Verkleidung. Maxine weiß inzwischen bestimmt, wie du aussiehst. Und so, wie ich diesen Teil des Parks in Erinnerung hab, gibt’s da kaum Verstecke. Wir müssen uns zeigen und doch versteckt sein.«
Mir war schon Ähnliches durch den Kopf gegangen, nicht, daß wir eine Verkleidung brauchten, aber daß es uns schwerfallen würde, uns unsichtbar zu machen.
»Und ich weiß auch schon, wo wir ’ne gute Verkleidung herkriegen«, fuhr Lula fort. »Perücken und alles.«
Zwanzig Minuten später standen wir bei Sally vor der Tür.
»Ich komm mir schon ein bißchen komisch vor«, sagte ich.
»Weißt du sonst jemanden, der Perücken bieten kann?«
»Ich brauch keine Perücke. Ich stopf meine Haare unter eine Baseballmütze.«
Lula verdrehte die Augen. »O ja, da wird dich bestimmt kein Mensch erkennen.«
Die Tür ging auf, und Sally stand uns gegenüber. Seine Augen waren blutunterlaufen, die Haare standen ihm zu Berge.
»Hoppla«, sagte Lula.
»Was ist los? Haben Sie noch nie einen verkaterten Transvestiten gesehen?«
»Aber klar«, entgegnete Lula. »Massenhaft.«
Wir folgten ihm ins Wohnzimmer.
»Es ist mir ein bißchen peinlich, aber wir wollten Sie um einen Gefallen bitten«, begann ich. »Wir müssen heut nachmittag jemanden heimlich beobachten, und ich hab Angst, daß wir erkannt werden. Da hab ich mir gedacht, Sie könnten uns vielleicht mit einer Verkleidung aushelfen.«
»Wer wollen Sie denn werden – Barbarella, Batgirl, die Hure von nebenan?«
5
»Eigentlich wollte ich nur eine Perücke leihen«, sagte ich zu Sally.
Er verschwand in Richtung Schlafzimmer. »Was wollen Sie denn haben? Farrah? Orphan Annie? Elvira?«
»Irgendwas, das nicht weiter auffällt.«
Er kam mit einer blonden Perücke zurück und hielt sie mir zur Begutachtung hin. »Die ist aus meiner Marilyn-Kollektion. Sehr beliebt bei alten Knackern, die gern den Hintern versohlt kriegen.«
Igitt, dachte ich, aber Lula machte ein Gesicht, als wollte sie sich das merken, für den Fall, daß sie beschließen sollte, in ihr früheres Gewerbe zurückzukehren.
Sally steckte mir die Haare hoch und zog mir die Perücke über. »Da fehlt noch was.«
»Marilyn-Lippen«, sagte Lula. »Marilyn-Haare ohne Marilyn-Lippen, das läuft nicht.«
»Lippen kann ich nicht malen«, erklärte Sally. »Das macht mir immer Sugar. Und Sugar ist nicht da. Wir hatten einen kleinen Krach, und er ist beleidigt abgedampft.«
»Habt ihr beide oft Krach?« erkundigte sich Lula.
»Nein. Nie. Sugar ist echt unkompliziert. Nur ein bißchen spießig ist er manchmal. Er findet zum Beispiel, ich sollte mich lieber von euch fernhalten, weil euer Geschäft zu gefährlich ist. Deswegen haben wir uns auch gekracht.«
»Du meine Güte«, sagte ich. »Ich möchte auf keinen Fall einen Keil zwischen Sie und Sugar treiben.«
»Keine Sorge. Sugar ist cool. Er ist nur so ne beschissene Glucke, die sich dauernd um irgendwas sorgt.« Sally klappte einen Schminkkoffer auf, der jedem Profi Ehre gemacht hätte. »Hier ist alles, was ihr braucht.«
Ich wählte einen pinkfarbenen Lippenstift mit Glanz und malte mir einen großen schillernden Schmollmund.
Sally und Lula traten ein paar Schritte zurück und musterten mich kritisch.
»Die Schuhe müssen weg«, sagte Lula. »Die passen nicht zum Kopf.«
Sally stimmte ihr zu. »Die Schuhe sind nicht Marilyn.«
»Ich hab bei Macy’s ein paar tolle Schuhe gesehen«, sagte Lula. »Die wären perfekt.«
»Nein! Ich renn jetzt nicht noch zu Macy’s. Ich möchte früh genug im Park sein, damit wir Maxine beobachten können.«
»Das dauert doch höchstens ne Minute«, insistierte Lula. »Du wärst garantiert hin und weg von den Schuhen.«
»Nein. Und damit basta.«
»Laß mich nur noch ein bißchen Lippenstift auflegen, dann können wir fahren«, sagte Sally.
Lula und ich tauschten einen bestürzten Blick.
Sally sah uns an. »Ihr wolltet doch nicht einfach ohne mich abhauen?«
»Eigentlich schon«, antwortete ich.
»Das ist Kopfgeldjägersache«, erklärte Lula. »Und von dem Scheiß verstehen Sie nichts.«
»Dafür versteh ich ne Menge von andrem Scheiß. Außerdem glaub ich nicht, daß Sie selber sehr viel von dem Geschäft verstehen.«
Ich starrte an die Wand und dachte, daß es wahrscheinlich gut täte, volle Pulle mit dem Kopf dagegenzurennen. »Hört auf! Wir fahren alle drei. Wir tun alle drei so, als wären wir echte
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