Alles Glück kommt nie
Rückspiegel, sein großer goldener Pappsäbel, der Kirchturm, die Vierecke aus Kreide vor den Kastanienbäumen, der Liebesbrief in Alexis’ Brieftasche, der Geschmack des Port Ellen, das Geschrei der einen Bohnenstange, als Léo sie mit seinem Spray »Lockmittel für Wildschweine, Geruch der brünstigen Bache« besprühen wollte, den der Primavera-Erdbeeren, die an ihren langen Stöcken schmolzen, der plätschernde Fluss in der Nacht, die Nacht unter den Sternen, die Sterne, die jener Mann, von dem sie ein Kind haben wollte, zu kennen behauptete, die Esel im Jardin du Luxembourg, das Quick Restaurant, in dem er so oft mit Mathilde war, der Spielwarenladen in der Rue Cassette, vor dem auch sie geträumt hatten und der Es war einmal hieß, die toten Fliegen in den Zimmern der Stallburschen, dieser Hornochse von Matthew, der die DNS seines Glücks nicht zu isolieren vermochte, die Rundung ihres Knies, als sie sich neben ihn setzte, ihr erster verbaler Schlagabtausch, Alexis’ Bestürzung, der Trompetenkasten, den er nie mehr öffnen würde, das traurige Lächeln des Großen Hundes, der scheele Blick des Lamas, die schnurrende Katze, die gekommen war, um ihn von seinem untröstlichen Kummer zu befreien, der Ausblick beim morgendlichen Kaffee, die Mauer der Borniertheit, mit der Corinne ihren sehr sensiblen Ehemann umgeben hatte, dasLachen ihrer Marion, die das alles bald zertrümmern würde, ihre Art, die Haare aus dem Gesicht zu blasen, auch wenn sie fest zusammengebunden waren, die Schreie der Kinder und der Lärm der Konservendosen unter dem Vorbau der Schule, die Rose Wedding Day , die von der Laube herabhing, die Überreste von Pompeji, der Tanz der Schwalben und der Ruf der Eule, als sie sich Nino Rota in Erinnerung riefen, Nounous Stimme, die sie ein allerletztes Mal aufforderte, ins Bett zu gehen, die Blase des LKW-Fahrers, der alte Professor, der auf der Wange seiner jüngsten Tochter den Abdruck eines schönen Epheben hinterlassen hatte, der Geschmack lauwarmer Früchte, den er nicht kannte, das Poloshirt, das er nie mehr anziehen würde, Renés Vorhersage, ihr Rumgealbere auf der Waage, die Maus auf dem Teppich, die zehn Kinder, mit denen sie gestern zu Abend gegessen hatten, die Hausaufgaben unter der Lampe und die Genehmigung, die man ihr verweigert hatte, die Brücke, die eines Tages einstürzen und sie endgültig von der Welt abschneiden würde, die Schönheit der Dachstühle, der Grünspan auf den Treppenstufen, ihr Knöchel daneben, das Design der Türschlösser, die wunderschön gearbeiteten Fenstereinfassungen, das Autowrack, ihre beiden Nächte in einem Hotel nahe der Leichenhalle, Alice’ Atelier, der Geruch von angesengten Turnschuhen, der Schönheitsfleck in ihrem Nacken, der seine Aufmerksamkeit während ihres langen Geständnisses gefangengenommen hatte, als würde Anouk ihm jedes Mal zuzwinkern, wenn sie den Kopf in die Hände nahm, um darüber zu lachen oder zu weinen, die Widerstandsfähigkeit des kleinen Yacine, die Widerstandsfähigkeit aller Kinder, der Geruch des Geißblatts und die Walmgauben, der Flur im oberen Stockwerk, an dessen Wand sie alle ihre Träume festgehalten hatten, ihr Traum, die Beileidsbezeugungen des Polizeiwachtmeisters, die Urnen in der Scheune, die Kondome zwischen den Zuckerwürfeln, das Gesicht ihrer Schwester, das Leben, das sie aufgegeben hatte, die Betten, die sie zusammengerückt hatten, der Reisepass, der mittlerweile abgelaufensein dürfte, ihre hochfliegenden Träume, die sie steril werden ließen, die dicken Wände, der Geruch von Samuels Kopfkissen, Aischylos’ Tod, die nächtlichen Scheinwerfer, ihr Schlagschatten, das Fenster, das sie aufgemacht hatte, der ...
Während des letzten Kilometers in einem Paris, dessen Luft, glaubte man den am Rathaus veröffentlichten Tageswerten, »ziemlich gut« war, wurde ihm bewusst, dass ihn auf dem ganzen Hinweg der Tod verfolgt, auf dem Rückweg aber das Leben verblüfft hatte.
Ein Gesicht hatte sich über ein anderes gelegt, und der eine Buchstabe, der ihre beiden Vornamen miteinander verband, brachte ihn völlig aus dem Gleichgewicht.
Gebrauchsanweisungen waren nutzlos, das Schicksal stellte ihn vor die K-Frage.
2
Er fuhr direkt ins Büro. Bekam fast einen Anfall, weil nicht alle Lichter gelöscht waren. Beschloss, sich nicht aufzuregen. Nicht jetzt. Lud sein Handy auf, suchte seine Reisetasche und zog sich endlich um. Während er mit einem Hosenbein kämpfte, sah er den Poststapel, der ihn auf seinem
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