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Allmen und der rosa Diamant

Allmen und der rosa Diamant

Titel: Allmen und der rosa Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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nichts.
    »Vielleicht ist ihm etwas passiert? Vielleicht wurde er entführt?«
    Jetzt erst kam der Moment, als Carlos zum ersten Mal ihre weißen Zähne bewundern durfte.
    »Sie kommen doch auch aus einem Land mit vielen Entführungen. Haben Sie schon einmal von einem Entführungsopfer gehört, das einen Koffer mitnahm?«
    Carlos lächelte mit.
    Maria Moreno wurde wieder ernst. »Nein, nein. Der ist verreist. Bevor ich einkaufen ging, hat jemand von einem Reisebüro angerufen. Als ich zurückkam, war der Herr Sokolow weg.«
    »Erinnern Sie sich an den Namen des Reisebüros?«
    Maria Moreno winkte ärgerlich der Bedienung. »Und wenn ich ihn wüsste? Würden Sie dann versuchen herauszufinden, wohin er gereist ist, ihm nachreisen und ihn fragen, ob er mit mir zufrieden war? Oder was?«
    »Nein, nein, das hat nichts mit der Anstellung zu tun. Ich habe mich einfach gewundert über dieses seltsame Verhalten. Verzeihen Sie.«
    Die Bedienung trat an den Tisch.
    »Der Herr will zahlen«, sagte Maria Moreno.
    Als Carlos ihre beiden Kaffees bezahlt hatte, sagte sie: »Also, wie sieht es aus mit der Anstellung? Ich bin ganz offen: Sokolow hat mich wöchentlich bezahlt, bar. In der ersten Woche habe ich mich aus dem restlichen Haushaltsgeld bezahlt, aber als er bis zum folgenden Samstag noch immer nicht aufgetaucht war, habe ich meine Sachen gepackt und den Schlüssel bei der Hausverwaltung abgegeben. Ich brauche einen Job. Und zwar dringend.«
    Carlos suchte nach einer Möglichkeit, wie er verhindern konnte, dass dies die letzte Begegnung mit ihr war.
    »Ich habe Ihrem Chef gesagt, ich könne nur fest. Aber ich könnte inzwischen auch stundenweise.«
    Und bevor Carlos antworten konnte, fügte sie hinzu: »Ich habe gesagt, dreißig. Aber ich kann auch für fünfundzwanzig.«
    Carlos versprach, seinem Chef sehr positiv von diesem Gespräch zu berichten. »Die Stelle ist Ihnen so gut wie sicher. Vielleicht in einer Anfangsphase nur stundenweise. Aber so gut wie sicher.« Sie verabredeten sich für den übernächsten Tag, wieder im Kakadu.
    Carlos hatte soeben eine Putzfrau engagiert. Ein Luxus, den weder Allmen noch er sich leisten konnte. Es sei denn, sie fänden den rosa Diamanten.
     
    17
     
    Wie in jeder Nacht fuhr ein Streifenwagen der Stadtpolizei fast im Schritttempo durch das Villenviertel am Berg. In der Spätbergstraße kam es der Polizistin auf dem Beifahrersitz vor, als hätte sie dort, wo der Lichtkegel des Scheinwerfers nicht weiterreichte, eine Gestalt bemerkt.
    »Hast du das gesehen?«
    »Was?« Dem Fahrer war nichts aufgefallen.
    »Fahr langsamer, und halt an, wenn ich es dir sage.«
    Sie fuhren fünfzig Meter weiter. Vor dem Eingang zu Nummer neunzehn befahl sie: »Stopp.« Nichts zu sehen.
    Sie ließ die Scheibe herunter und leuchtete mit der starken Stablampe das Gartentor ab. Nichts bewegte sich in dem feinen Nieselregen, außer den Schatten, die die Torpfeiler im Licht der Polizeilampe warfen.
    Die Polizistin öffnete die Wagentür. Ihr Kollege stöhnte. »Was war es denn, was du gesehen hast?«
    »Ich weiß nicht. Eine Gestalt, vielleicht.«
    »Ein Fuchs. Oder ein Schatten von unseren Scheinwerfern.«
    Die Beamtin stieg aus, ging zum Gartentor und leuchtete in den Garten hinein. Nichts.
    Vor ihren Füßen lag etwas Helles. Sie richtete den Lichtstrahl darauf. Es war ein Flugblatt mit Sonderangeboten einer Weinhandlung. Sie bückte sich und hob es auf. Der Prospekt trug den Abdruck einer Profilsohle.
    »Schau mal.« Sie hielt dem Kollegen das Indiz hin.
    Der verdrehte die Augen. »Komm schon.«
    Einen Moment blieb sie unentschlossen stehen. Dann ging sie zurück zum Briefkasten und warf den Prospekt hinein.
    Carlos wartete, bis das Motorengeräusch vollständig verklungen war, dann kroch er aus der Hecke hervor. Sein Herz klopfte so laut, dass er befürchtet hatte, die Polizistin würde es hören. Er hatte während der ganzen Zeit, in der er sich in die Thujen gepresst und die Beamtin nur ein paar Zentimeter von ihm entfernt gestanden hatte, kaum geatmet und rang nun nach Luft.
    Wenn er erwischt worden wäre, hätte man ihn auf den Polizeiposten mitgenommen und seine Personalien überprüft. Das wäre dann das Ende seines Aufenthalts in der Schweiz gewesen. Er hätte sich ohrfeigen können für seinen Leichtsinn.
    Zwei-, dreimal, wenn sich ein Auto näherte, zwang er sich, in normalem Tempo zu gehen, dann fiel er wieder in den Laufschritt. Seine Diebesbeute, den Stapel Post aus dem Briefkasten, den Allmen

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