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Allmen und die Dahlien (German Edition)

Allmen und die Dahlien (German Edition)

Titel: Allmen und die Dahlien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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auch Diabetikerin. Man gewöhne sich daran, hat sie erzählt, und nehme es nicht mehr ernst. Und plötzlich sei man tot. Ihrer Mutter sei es so ergangen. Und sie wirft es sich heute noch vor, dass sie sie nicht öfter besucht habe.«
    »Du besuchst sie doch in allen Ferien«, warf Pita ein.
    »Das habe ich auch gesagt.«
    »Eben.«
    »Da hat sie vorgeschlagen, ich solle Madame Gutbauer sagen, meine Mutter stehe kurz vor einem diabetischen Koma. Die wisse, was das bedeute. Sie habe auch Zucker.«
    »¡No me digas!«, rief María Moreno wieder aus.
    »Und die Talfeld hatte recht. ›Fahren Sie zu ihr!‹, hat die Alte befohlen. Da bin ich natürlich gefahren.«
    »Claro«, bekräftigten María und Pita.
    »Und wisst ihr was? Die Talfeld hat sich sogar persönlich um einen Ersatz gekümmert.«
    »¡Fíjate!«, riefen María und Pita aus.
    Am Nachmittag – sie kämpften sich gerade durch das Chaos von Zimmer hundertvierzehn, an dessen Türklinke fast vierundzwanzig Stunden lang »Bitte nicht stören« gehangen hatte – nahm María Moreno das Thema wieder auf.
    Über das Heulen des Staubsaugers hinweg sagte sie: »Wie man sich täuschen kann in den Menschen.«
    »Meistens stimmt der erste Eindruck«, erwiderte Pita Costa.
    »Frau Talfeld wirkt doch eiskalt. Und dann das mit Carmen.«
    Pita antwortete nicht gleich. Plötzlich sang sie: »Eso es el amor. Sí, señor.«
    María sah sie fragend an.
    »Verliebt. Das Feuer der Liebe taut selbst die Kältesten ein bisschen auf.«
    María schaltete den Staubsauger aus. »Verliebt? Cheryl Talfeld ist verliebt?«
    Pita nickte bedeutungsschwer.
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe sie in einem Zimmer verschwinden sehen.«
    »Bei einem Gast?«
    Wieder das bedeutungsschwere Nicken.
    »Das bedeutet noch nichts.«
    »Doch. Ich habe später das Bett gemacht.«
    »Ich sag’s ja: Wie man sich täuschen kann in den Menschen.«
    Beide kicherten. María stellte den Staubsauger wieder an. Doch nach kurzer Zeit machte sie ihn wieder aus. »Ist er noch da?«
    Pita schüttelte den Kopf. » Ya se fue, schon gegangen.«
    »Pobrecita«, sagte María. Arme Kleine.
    »Aber er kommt wieder.«
    »Woher weißt du das?«
    »Er wird doch die Sachen von seinem toten Onkel holen.«

Dritter Teil
    1
    Das Licht vor seinem Badezimmerspiegel war schmeichelhaft. Das war kein Zufall, Allmen hielt viel von Lebenslügen. Warum sollte man sich durch Schonungslosigkeit das Leben schwermachen? Und zur Schonungslosigkeit gehörte für ihn auch das Licht. Nicht nur das der Wahrheit.
    Die Lampen des Badezimmerspiegels schluckten die harten Schatten und damit einen Teil der Unebenheiten um Auge und Braue. Er sah besser aus, und weil sein Befinden schon immer stark von seinem Aussehen abgehangen hatte, fühlte er sich auch besser. So viel besser, dass er definitiv beschlossen hatte, ins Hotel zurückzukehren.
    Er band sich eine schwarze Augenklappe um. Er hatte sie vor Jahren zu einem Maskenball in Florenz getragen, als einzige Verkleidung, denn der Frack, den er damals anhatte, war kein Kostüm gewesen. Er hatte ihn von einem Wiener Schneider eigens für den Philharmonikerball im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins schneidern lassen. Den exklusivsten Ball der Wiener Ballsaison.
    Die Augenklappe war aus gefütterter Seide und schildförmig. Ihre Bänder wurden waagrecht um die Stirn gelegt, dicht über der Augenbraue des gesunden Auges. Das gab seinem Blick eine anhaltende skeptische Strenge.
    In Verbindung mit dem taubengrauen Kaschmiranzug verlieh ihm die Augenklappe die verwegene Eleganz, die zu der Stimmung passte, in der er sich befand. Seit María Morenos Anruf vor zwanzig Minuten.
    Cheryl Talfeld! War die strenge Assistentin von Dalia Gutbauer tatsächlich das fehlende Glied, das die vierte Etage mit dem Hotel verband? Weder er noch Carlos hatten sie auch nur einen Moment in Betracht gezogen. Sie repräsentierte die Klientel. Ermittler pflegten ihre Klienten in der Regel nicht zum Kreis der Verdächtigen zu zählen.
    Er schob den rechten Arm in das schwarze Dreieckstuch. Er konnte ihn zwar wieder einigermaßen benutzen, hatte sich sogar ohne Carlos’ Hilfe rasiert. Aber so schonte er die Quetschungen am Brustkasten. Und es passte so gut zur Augenbinde.
    Er hörte die Klingel. Das musste Herr Arnold sein.
    Carlos erwartete ihn mit dem rotgefütterten schwarzen Crombie und warf ihn ihm über die Schultern. » Cuídese bastante, Don John«, gab er ihm mit auf den Weg. Passen Sie gut auf sich auf.
    Herr Arnold

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