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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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verhaftet haben, aber verstehen Sie, wenn wir ihm vor Gericht den Strick drehen
wollen, dann brauchen wir Säcke, die so gut verschnürt sind, dass aus ihnen
kein Tropfen Wasser mehr sickert. Verstehen Sie?«
    »Ja, schon.«
    »Ich lasse Ihnen die Akte heute Nachmittag noch einmal
zukommen und Sie überlegen sich, wie Sie sie noch ein wenig aufpeppen können.
Legen Sie sie in einen Kübel mit Wasser und schauen Sie, wo noch Luftblasen
aufsteigen, dort flicken Sie noch ein wenig nach und der ganze Käse ist
gegessen. Verstehen Sie? Suchen Sie Nachbarn von der Alten, die sie mit
Geldscheinen haben wedeln sehen, finden Sie Kebabkunden, die mit dem Messer
bedroht wurden, nachdem sie versucht haben, mit zu großen Geldscheinen zu
bezahlen. Und so weiter.«
    Der redete mit ihm wie in der Schule, das konnte Abraham
nicht ausstehen, ihn wunderte nicht, dass sein Sohn, der Oliver, manchmal dort
austickte. Verstand er jetzt einwandfrei.
    »Ist in Ordnung. Lassen Sie die Akte kommen, ich kümmere mich
darum, persönlich.«
    »Das will ich hoffen. Nix für ungut.«
    »Nix für ungut.«
    Abraham legte auf und fühlte sich beschissen. Nachbessern.
Wie demütigend. Ihm war schlecht.
    Es hatte sieben Tassen Kaffee getrunken und dazu nichts
gemacht als trübe geschaut. Er war aufs Klo gegangen und hatte sich übergeben.
Er hatte zunächst versucht, leise zu würgen, um unauffällig zu bleiben, als
dann aber nichts kam als Speichelwasser, hatte er laut geschrien über das Ungeschick auf der Welt zu sein, und die Schweinshaxe war ihm vom Mund
gefallen, war dem Ruf den Weg aus dem Magen über die Speiseröhre gefolgt, hatte
Säure und Galle mitgebracht und fiel nun laut platschend als Brunos Kommentar
zur Lage in die Schüssel, deren Rand mit jedem Schwall mehr Spritzer aus
kleinen unverdauten Speisefetzen zierten.
    Auf dem Rückweg schauten sie ihn an, doch er schritt, ohne
sie eines Blickes zu würdigen, zurück an seinen Arbeitsplatz. Dort trank er
noch eine Tasse und überlegte nur, ob er gleich noch einmal kotzen gehen sollte,
oder versuchen, sich zusammenzureißen vor den anderen im Revier – in seinem
Revier.
    Dann war die wunderschöne Tina erschienen, nicht weniger als
engelsgleich, und hatte in der Hand ein Stück Unglück, diese kleine schnucklige Pandora.
    »Soll ich’s dahin legen?«
    »Gib gleich her. Danke.«
    »Brauchst du eine Tablette?«
    »Nein, das hilft alles nichts, das Einzige, was mir noch
helfen könnte, ist ein Rasseweib wie du.«
    Sie stand kurz an seinen Türrahmen gelehnt und
wusste nicht, wie sie reagieren sollte, ob sie sich beleidigt umdrehen und
gehen sollte. Sie sagte: »Putz dir erst mal die Zähne, bevor ich mir überlege,
ob ich dich küsse.«
    Das war kein klassischer Korb. Abraham schenkte ihr zwei
Stoßlacher und beugte sich über die Akte, die sie ihm vor die Nase gelegt
hatte, sodass sie, ohne von ihm angestarrt zu werden, den Raum verlassen
musste. Abraham schaute freilich gleich wieder hoch, nur um keinen Blick auf
ihren geilen Hintern herschenken zu müssen. Keine Frage, sie wusste, wie sie
wirkte, und er war so nah dran, sie zu knacken.

     
    Freitagnachmittag.
Das Revier leerte sich nach und nach. Die Kollegen winkten kurz rein und
schenkten ihm ein bedauerndes Lächeln, bevor sie abhauten. Trimalchio wollte solidarisch wissen, ob er noch was tun könne. Abraham winkte ab und
blätterte lustlos in seinen Papieren und konnte sich nicht entschließen, was zu
unternehmen. Ein paar Mal hatte er den Telefonhörer in der Hand, aber noch,
bevor er drei Ziffern gewählt hatte, legte er jedes Mal auf. Er stand auf und
ging in das Vorzimmer, wo Tina immer noch geschäftig war oder nur so tat und
wartete, bis sie allein waren. Er ging zur Kaffeemaschine, blieb dort hinter
ihr in ihrem Nacken so lange stehen, bis sie sich umdrehen und fragen musste:
»Gibt’s was?«
    »Nein, nein, ich denke nur. Hast du heute so viel Arbeit?«
    »Ich bin am Freitag öfter so lang hier, da ist es ruhig,
weißt du.«
    Abraham musste sich beherrschen, um vor Glück nicht
loszuzittern. Außer ihnen beiden waren nur noch drei Beamte von der
Bereitschaft auf dem Revier.
    »Hast du Ärger wegen dem Mord bekommen?«
    »Kann man so nicht sagen – ich meine, die Frau war 86. Wer
soll da noch Ärger machen? Ein paar Kleinigkeiten. Bürokratenkram. Wenn es dir
nichts ausmacht, würde ich dich nicht damit belästigen.«
    Zu dem Satz »Macht mir nichts, keine Sorge« schenkte sie

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