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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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nach oben zu sich ging, so
glücklich, dass er den Fernseher einschaltete, wo er schon mal den Jogginganzug
anhatte.

     
    Und duschen und sich sauber machen innen und
außen und warten. Sie klingelte um halb acht und holte ihn ab. Sie wusste was,
wo man nett was trinken konnte, wenn er nichts Besseres wüsste. Wusste er
nicht, ob das, was er wüsste, was Besseres wäre als das, was sie wusste und
ließ sich auf sie ein. Sie führte ihn – sie konnten zu Fuß gehen – an den Rand
der kleinen Fußgängerzone in eine Kneipe, die im Sommer eine Terrasse zum Draußensitzen hatte. Jetzt im Frühjahr, nachdem erst
gestern noch Schnee gefallen war, setzten sie sich rein. Das sah ein bisschen
nach alternativ aus, ein bisschen so, wie man es hier nicht erwartet hätte:
Kahle Wände waren bunt angestrahlt, im großen offenen Raum standen Sitzgruppen
aus verschiedenen Sesseln, Sofas und Stühlen, die nie die gleichen waren. Das
Bier oder den Cocktail, zu dem sie ihn einladen wollte, musste man sich selbst
holen an einer langen Theke an der Frontseite, über die man außer den Getränken
stolz und aller Political Correctness trotzend Drehtabak verschiedener Arten verkaufte. › Tabaccherie ‹
stand auf einem Neon leuchtenden Schild über der Kasse und den gespülten
Gläsern. Es lief eine elektronische leichte Musik. Die Kneipe hieß
›Künstlerhaus‹, ein Schild wies eine Wendeltreppe nach oben zu einer
Ausstellung. Simone führte Birne zu einem Mosaikrundtisch, ließ ihn auf einem
Korbsessel Platz nehmen, ließ sich damit einen stoffbezogenen Bauernstuhl frei
und fragte Birne, was er wolle. Birne wollte keine Experimente, er wollte ein
Bier. Sie verschwand für einen Moment Richtung Theke zu einem schwarzhaarigen,
ziemlich jungen, mageren und hübschen Mädchen. Birne schaute sich um und fand
die meisten hier ziemlich jung und hübsch und fühlte sich wohl hier bei dem
Sound und in Erwartung eines Biers mit Simone.
    Der Mann sagte: »Servus« und »Darf ich mich da hinsetzen?«
    Der Fremde war aus dem Nichts aufgetaucht. Was hätte er ihm
verbieten können. Hilflos suchte er Simones Blick und Einverständnis. Sie stand
da an der Theke, wurde bedient, wippte im Takt der Musik und lächelte zu ihm
herüber.
    »Bitte.«
    Der Mann ließ sich nieder. Abgestandener Tabak- und
Schweißdunst wehte zu Birne herüber. Der Mann war nicht mehr ganz jung, sah
aber relativ frisch aus. Er schonte sich und seine Ressourcen, das sah man.
    »Wie geht’s?«, wollte er wissen.
    »Passt«, antwortete Birne kurz, weil er sich nicht mit dem
unterhalten wollte, wenn Simone wieder da war.
    Als sie zurückkam, fragte er sie, während sie sich auf einen
Stuhl setzte, den sie von einem anderen Tisch holte: »Viele Studenten hier,
oder?«
    »Nein, weiß nicht, eher weniger«, antwortete sie ihm in ihrem
leichten Ostakzent, der durch die Zeit, die sie hier verbracht hatte, hörbar am
Schwinden war.
    »Nicht?«
    »Die Studenten hier sind nicht so drauf, die sind sehr zielstrebig
und wollen keine Kneipen wie die hier. Die wollen einmal im Semester eine
Party, bei der sie sich besinnungslos saufen können und den Rest der Zeit
lernen und Praktika machen. Lass dich nicht mit denen ein, außer du willst
langweilig werden.« Sie streckte ihm ihre Halbe entgegen, um anzustoßen. Birne
fand es sympathisch, dass sie wie er Bier trank.
    »Hast du studiert?«
    »Ja, eine Zeit lang, bis ich es langweilig fand. Chemie in
Greifswald. Aber die wollten uns keine Freude lassen im Leben, dann habe ich
mir gedacht: Das ist doch die Zeit, die wilde im Leben, wenn man studiert, und
das ist mir zu stressig; also hab ich abgebrochen und bin hierher.«
    »Und was machst du hier?«
    »Ich hab mich zur MTA ausbilden lassen.«
    Da meldete sich der Fremde: »Es sind eine Menge Studenten, so
wie du: die herausgefallen sind, aber das ist gut,
ist eh ein blödes System, da ist es gescheiter zu scheitern.« Er unterdrückte
seinen einheimischen Akzent, wenn er ins Philosophische abschweifte.
    Simone und Birne ignorierten ihn beide, ohne sich
abzusprechen, fanden es blöd, belästigt zu werden, aber auch cool, sich
gemeinsam abzuschirmen, keinen mehr reinzulassen zu
sich in ihre junge Gemeinschaft.
    Birne konnte mit Abkürzungen nichts anfangen, er wusste, was
USA bedeutet und SPD, und dass man sich einen Haufen Zeit im Leben sparen
konnte, wenn man diese Wörter nie ganz aussprach, aber alle anderen Abkürzungen
regten ihn auf,

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