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Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman

Titel: Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Vermalle
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wollten, ob er auch wirklich tot war.

31
    Am nächsten Tag zogen dunkle Wolken über der Insel auf. Alle warteten auf das Gewitter. Es wehte ein starker Wind aus allen Richtungen, und der Sommerflieder, der sich sogar bei schönem Wetter bewegte, stemmte sich wütend dagegen. Ich hatte Angst um die Eier des Kleinen Fuchses, die er in den Brennnesseln in der Nähe des Kastenwagens versteckt hatte. Doch ich konnte nichts anderes tun, als mich an den violetten Blüten festzuklammern, und ohne einen Mucks von mir zu geben, verfolgte ich das Drama, das sich im Haus abspielte.
    Das Mittagessen verlief ohne Zwischenfälle, und Arminda hatte Zeit, über Jacquelines Verrat nachzudenken. Die Amerikaner waren noch da und taten so, als ob sie das angespannte Verhältnis zwischen Arminda und Jacqueline nicht bemerkten. Sie folgten dem Beispiel Nanes, die die Feindseligkeit zwischen den beiden vollkommen normal zu finden schien, und gaben sich übertrieben locker.
    Uns bot sich die Gelegenheit, Armindas Telefongespräch mit Bruno zu belauschen. Sie stand versteckt hinter dem Kastenwagen und teilte ihm mit, dass sie sich nicht mehr sehen würden, da sie es sich nicht erlauben könne, ihren Job zu verlieren. Wir spürten natürlich, dass alles, was sie sagte, das krasse Gegenteil ihrer wahren Wünsche war. Doch sie hatte eine so barsche Stimme und so dunkle Augen, dass wir fast an unserem Bauchgefühl zweifelten. Daher vermuteten wir, dass Bruno jede Hoffnung aufgab. Sie würden sich nicht mehr sehen. Es war definitiv vorbei. Arminda beendete das Gespräch und schaltete das Handy aus. Einen Augenblick blieb sie zwischen den langen, vertrockneten Gräsern stehen, lehnte sich dann gegen den Kastenwagen und zündete sich eine Zigarette an. Es war das erste Mal, dass wir sie rauchen sahen. Und wir sahen sie auch zum ersten Mal untätig.
    Zu ihrer Verteidigung möchten wir anmerken, dass Jacqueline, die in ihr Gartenhaus geflüchtet war, furchtbare Gewissensbisse quälten. Es war nicht ihre Absicht gewesen, diese Bemerkung über Bruno und Arminda von sich zu geben. Sie war ihr während des verhängnisvollen Mittagessens entschlüpft, als sie wie ein Wasserfall geredet hatte. Jacqueline, die einfach nicht mehr aufhören konnte zu reden, wusste schon vorher, dass sie auf eine Katastrophe zusteuerte, doch sie konnte es nicht verhindern. Bei dem Gedanken an ihre boshafte Bemerkung verzog sie nun das Gesicht. Anders als sonst hatte Arminda mit einem Mal ganz melancholisch und träge gewirkt. Jacqueline, die Träumerin, verfiel dagegen schon am frühenMorgen in hektische Aktivität. Diesmal verwandte sie ihre ganze Energie auf das Kofferpacken, um die Villa Jolie Fleur endgültig zu verlassen.
    Sie räumte gerade alles aus den Schubladen und legte es zu dem anderen Gepäck aufs Bett, als Nane, ohne zu klopfen, eintrat. Jacqueline ärgerte sich, dass ihre Cousine einfach bei ihr hereinplatzte, aber sie brachte nicht den Mut auf, etwas zu sagen. Nane sank auf den Stuhl neben der Frisierkommode.
    »Ach, willst du jetzt eine andere Insel besuchen? Das ist aber keine besonders gute Idee, denn immerhin kennst du diese hier ja noch gar nicht richtig.«
    Jacqueline erwiderte nichts.
    »Lass dir keine grauen Haare wachsen, weil du die Bemerkung über Arminda und ihren Fischhändler gemacht hast«, fuhr Nane fort. »Du vergeudest nur deine Zeit. Ich weiß es schon eine ganze Weile. Was soll’s. Es ist in Ordnung, dass sie es mir nicht sagt, und ich möchte niemanden verärgern.«
    Jacqueline wusste nicht, was sie sagen sollte, und räumte wieder ein paar Sachen in den Koffer.
    Nane seufzte.
    »Du willst nicht reden. Gut. Ich habe auch beschlossen, nur noch das Nötigste zu sagen. Weißt du, meine Liebe, mit dem Glücklichsein ist es wie mit allem anderen auch: Man muss es lernen.«
    Jetzt hob Jacqueline den Blick und schaute ihre Cousine an.
    »Das hat ein Philosoph gesagt«, fuhr Nane fort. »Ich bin kein Philosoph, aber ich kenne mich auch ein bisschen mit dem Thema aus. Und weißt du, sein Leben zu ändern ist gar keine so schlechte Idee, und außerdem bist du hier genau am richtigen Ort. Du hast einfach nicht die richtigen Dinge gelernt, und jetzt benimmst du dich wie ein Kind. Hör auf zu schmollen und wach endlich aus deinem Dornröschenschlaf auf. Wenn du auf deine alte Nane gehört hättest, stünden wir jetzt anders da.«
    Jacqueline senkte wieder den Kopf, doch sie hörte auf mit dem Kofferpacken. Ein paar Minuten herrschte angespannte

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