Als das Leben ueberraschend zu Besuch kam - Roman
Tag legte. Außerdem war sie gereizt, nachdem sie sich das Haar gewaschen und geföhnt hatte und die Frisur misslungen war. Jacqueline bot ihr an, sie zu frisieren. Zuerst lehnte Arminda ab, doch Jacqueline ließ sich nicht abwimmeln und erwiderte, dass es nur ein paar Minuten dauern würde. Also setzte Arminda sich in ihrem Zimmer auf einen Stuhl, und Jacqueline stellte sich hinter sie. Sie kämmte und bürstete, machte Arminda Komplimente über ihr schönes Haar und bändigte die Mähne mit der roten Strähne durch einen hübschen, eleganten Zopf. Anschließend nutzte sie Armindas Willenlosigkeit nach dem anstrengenden Tag, um sie zu schminken. Die beiden Frauen sprachen kein Wort. Von der Antipathie, die Arminda Jacqueline sonst entgegenbrachte, war bald nichts mehr zu spüren. Schließlichholte Jacqueline einen Spiegel. Als Arminda sich betrachtete, erhellte ein schüchternes Lächeln das Gesicht der jungen Frau. Jacqueline stahl sich leise davon, und Arminda begann die passende Kleidung zum Ausgehen herauszusuchen.
Als Nane eine knappe Stunde später mit Jacqueline und Matthis in der Küche saß und die Vorzüge des Hauses in Saint-Sauveur lobte, trat Arminda lächelnd zu ihnen. Aller Blicke richteten sich auf sie. Keiner von ihnen hatte sie je zuvor so festlich zurechtgemacht gesehen. Ein betörendes, aber dezentes Make-up verdeckte wie durch ein Wunder selbst die kleinsten Makel in ihrem Gesicht, und der hübsche Zopf stand ihr hervorragend. Das ärmellose dunkelrote Oberteil brachte ihre wohlgeformten Arme und das Dekolleté zur Geltung. Ein schwarzer, ausgestellter Rock betonte die schmale Taille, und die hohen Absätze verliehen ihr eine stolze, exotische Silhouette.
»Du siehst aus wie eine Flamencotänzerin«, sagte Nane in einem spöttischen Ton, in den sich Bewunderung mischte.
»Ach, findest du?«, erwiderte Arminda enttäuscht und schaute auf ihren Rock.
»Aber nein«, rief Jacqueline. »Das steht Ihnen alles ganz wunderbar. Oh, zeigen Sie uns mal Ihre Hände!«
Verlegen streckte Arminda die Hände aus. Sie hatte sich erstmals falsche, rosafarbene Fingernägel aufgeklebt, und man sah, dass sie schöne, schmale Hände hatte. Jacqueline war begeistert, aber Nane und Matthis wurden allmählich ungeduldig.
»Ist das Oberteil nicht zu tief ausgeschnitten?«, fragte Arminda Nane schließlich.
In diesem Augenblick erstarrten alle und schauten in den Garten: Bruno war gerade angekommen. Er sah aus wie aus dem Ei gepellt und brachte eine Flasche Portwein mit. Der Duft seines Aftershaves und des Haargels waren berauschend. Einige von uns Schmetterlingen versetzte er in einen Taumel.
»Guten Tag, meine Damen«, sagte Bruno, und als er Matthis sah, fügte er hinzu: »Guten Tag, junger Mann.«
Der kleine Junge versteckte sich hinter Nane. Arminda ging auf Bruno zu und küsste ihn auf die Wange. Jacqueline schlug vor, sich ins Wohnzimmer zu setzen. Nane nutzte die Gelegenheit, um schnell in die Küche zu flüchten und die Häppchen vorzubereiten.
Jacqueline setzte sich in einen Sessel, und Arminda und Bruno nahmen auf der Couch Platz. Eine unangenehme Stille breitete sich aus. Als nach ein paar Minuten noch immer kein vernünftiges Gespräch aufgekommen war, schlug Jacqueline vor, miteinander anzustoßen. Arminda erwiderte in spitzem Ton, sie müssten auf Nane warten, und starrte unentwegt in Richtung Küche. Plötzlich stand Bruno auf und schlenderte auf die Küche zu. Nane war gerade dabei, Oliven in eine Schale zu füllen.
»Darf ich Ihnen helfen? Ach, das kann ich doch machen.«
Ohne zu zögern, nahm Bruno alles, was auf dem Tisch stand, außerdem ein paar Kleinigkeiten aus dem Schrank und bereitete die Appetithäppchen zu. Nane staunte, wie geschickt er war und wie leicht ihm allesvon der Hand ging.
»Ich weiß genau, was Sie denken«, begann Bruno, als er die Wurst in Scheiben schnitt. »Sie sind der Meinung, dass ich nicht gut genug für Arminda bin. Und wissen Sie was? Da gebe ich Ihnen recht. Nein, wirklich, Sie haben recht. Ich kenne übrigens niemanden, der gut genug für sie wäre. Sie vielleicht?«
Nane schwieg.
»Nein, jetzt mal im Ernst, Madame Verbowitz?«
»Ich habe mich nicht so intensiv mit der Frage beschäftigt«, stieß Nane schließlich gequält hervor.
»Sie wollen doch wohl nicht behaupten, dass unter all den Nobelpreisträgern, die bei Ihnen ein und aus gehen, keiner ist, der es wert wäre, Arminda zu bekommen, oder?«
»Ich weiß, worauf Sie hinauswollen, Bruno«, warnte
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