Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
somit rasch vorbei und dann kam auch schon der Tag der Vereidigung, mit der unsere Ausbildung beendet sein sollte. Diese ganze Zeremonie erinnerte mich ein wenig an alte Wochenschauen, nur dass ich nun mittendrin stand. Marschmusik von links, Marschmusik von rechts und selbst die grimmig schauenden Vorgesetzten entwickelten so etwas wie menschliche Züge in ihren Gesichtern. Eine erstaunliche und zugleich erschreckende Veranstaltung.
Am folgenden Tag durfte ich dann erfahren, dass ich tatsächlich in die Nähe meiner Heimatstadt versetzt werden sollte. Alles verlief also genau so, wie ich es mir stets vorgestellt hatte. Nicht auszumalen, wenn meine Rechnung nicht aufgegangen wäre. Aber es brauchte eben auch ein wenig Glück.
Es stand also die letzte Nacht in meiner Würzburger Kaserne an und ich hatte noch eine kleine Rechnung zu begleichen. In meiner Stube gab es zwei Rekruten – zwei bemerkenswert aufgepumpte Bodybuilder, die unser Zimmer in den zurückliegenden Wochen immer wieder terrorisiert hatten. Wir alle hatten die Wochen davor damit verbracht, für die beiden aus Angst vor Repressionen alles Erdenkliche zu putzen oder aufzuräumen. Und wann immer den beiden etwas nicht gepasst hatte, waren meine Stubenkollegen und ich von den zwei Muskelprotzen bedroht oder sanktioniert worden.
Und dieses Ungleichgewicht galt es am Ende noch aus der Welt zu schaffen. Ich hatte für mich beschlossen, dass die beiden am kommenden Morgen nicht viel Spaß an ihrer Heimreise haben sollten, und da ich wusste, dass sie in eine andere Ecke von Deutschland versetzt werden würden, war ich mir sicher, dass ich sie nie wiedersehen würde.
Ich entschied mich für die gute alte Finalgon-Salbe. Dieses Medikament bestand aus Blutegelextrakt und wurde unendlich heiß, sobald es mit der Haut in Berührung kam. Ich selbst hatte mir einmal einen verstauchten Knöchel damit eingerieben und wusste daher, wie warm diese Salbe werden konnte. Im Beipackzettel stand überdies, dass man sie unter keinen Umständen im Scham- oder Afterbereich einsetzen durfte, da dies zu sehr schmerzhaften Nebenwirkungen führen könne.
Für mich der entscheidende Hinweis. Als die beiden Affen endlich schliefen, griff ich von beiden die jeweils oben liegenden Unterhosen aus dem Spind und schmierte die Dinger im Schritt schön dick mit der Salbe ein. Und dann legte auch ich mich schlafen. Bei der feierlichen Verabschiedung durch den Kommandeur waren diese beiden Herren dann leider unpässlich. Den Morgen hatten sie offenkundig in der Sanitätsstaffel verbracht, und das muss sie wohl auch daran gehindert haben, sich von ihren Stubenkameraden zu verabschieden. Schade, ich habe die beiden Superathleten nie wiedergesehen. Heute, wenn ich diese Geschichte niederschreibe, überkommt mich tatsächlich so etwas wie ein schlechtes Gewissen. Allerdings nur ein klein wenig …
Die fetten Jahre
Ich wurde in der Nähe meiner Heimatstadt in eine Kaserne, die Teil eines NATO-Stützpunktes war, versetzt. Es handelte sich hierbei um einen internationalen Militärflugplatz mit Briten und Amerikanern, auf dem die sogenannten AWACS-Luftaufklärer-Flugzeuge zum Einsatz kamen, und die Bundeswehr stellte die Sanitätsstaffel für alle dort stationierten Soldaten.
Ich selbst wurde in ein Behandlungszimmer gesteckt. Im Grunde verrichtete ich die Arbeit eines Krankenpflegers und musste hierfür das Setzen von Spritzen erlernen – und konnte außerdem einiges über die Anatomie und den Bewegungsapparat des Menschen erfahren.
Nicht nur der raue Ton hatte sich gewandelt, sondern – fast noch entscheidender – die Qualität der Kantine. Plötzlich wurden wir wie Menschen ernährt, was nicht zuletzt der Tatsache geschuldet schien, dass wir dieselbe Verpflegung erhielten wie die Piloten der Flugzeuge. Und da besonders die Militärpiloten zu außergewöhnlichen Flugzeiten aktiv sein mussten, gab es diese außergewöhnlichen kulinarischen Köstlichkeiten praktisch rund um die Uhr – was mein Leben in kürzester Zeit doch maßgeblich verändern sollte.
Ich lebte in diesen Tagen, wie bei der Bundeswehr allgemein üblich, einigermaßen ruhig in den Tag hinein – um es einmal ganz vorsichtig auszudrücken. Da mein Stützpunkt recht nahe an meinem zu Hause gelegen war, konnte ich jeden Abend nach Hause fahren und musste erst am folgenden Morgen wieder zum Dienst antreten. Im Grunde gab es kaum einen Unterschied zu einem normalen Job – mit der Ausnahme, dass wir vor dem
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