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Alta moda

Alta moda

Titel: Alta moda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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denn Männer waren diesbezüglich nicht zu gebrauchen. Teresa zum Beispiel, wenn sie die Familie gekannt hätte, dann wüßte sie inzwischen über alles Bescheid. Er dagegen ging bei den Brunamontis ein und aus und konnte nicht einmal sagen, ob die Tochter – wie hieß sie doch gleich? – einen Freund hatte. Aber halt, vielleicht wußte Teresa das ja auch so! Sie las doch diese Illustrierten beim Friseur, und waren die Amouren des Hochadels nicht genau das, wofür sich die Regenbogenpresse interessierte?
    Richtig geraten! Und nein, einen Freund habe sie nicht. Es war Schlafenszeit, und Teresa cremte sich das Gesicht ein.
    »Soweit ich mich erinnere, hat sie keinen, aber das ist Monate her, daß ich was über die Brunamontis gelesen habe, seitdem könnte sie leicht jemanden kennengelernt haben.«
    »Waren in dem Artikel auch Fotos von ihr oder nur von ihrer Mutter?«
    »Nur von der Mutter. Es war ja eine Reportage über sie.«
    »Und in welcher Zeitschrift?«
    »Style. Ein Hochglanzmagazin, sehr teuer.«
    »Ich werde mir trotzdem ein Exemplar bestellen. Möchte den Artikel gern nachlesen.«
    »Hm. Mach deine Lampe aus. Ist dir was aufgefallen?«
    »Du hast ein neues Nachthemd.«
    »Aber nein! Das ist doch uralt. Du bist unmöglich, Salva. Weißt du, was? Ihr solltet Frauen einstellen im Ermittlungsdienst.«
    »Ja.« Nach einer Weile setzte er hinzu: »Ich bin kein Ermittlungsbeamter. Zu mir kommen Leute, die man bestohlen hat, und ich helfe ihnen, ihr Eigentum wiederzukriegen… ein Moped…«
    »Die Mutter.«
    »Das ist Chefsache. Ich rede nur mit der Familie, versuche, sie bei der Stange zu halten. Aber nun sag schon, was hätte mir auffallen sollen?«
    »Der Wind hat sich gelegt.«

7
    Als ich an dem Morgen den Kopf aus dem Zelt steckte, fuhr mir zum erstenmal nicht der eisige Wind ins Gesicht. Dabei hatte ich mich inzwischen daran gewöhnt, ja freute mich sogar auf ihn, denn er war immerhin eine Berührung, ein intensiver, belebender Kontakt, den ich bis in meine finstere, isolierte Unterwasserwelt hinein spüren konnte. Umgekehrt war ich nach einer Weile in der frostigen Kälte auch wieder froh, in mein Gefängnis zurückzukriechen und mich in die zwischen Schlafsack und Mantel gespeicherte Wärme zu kuscheln. Doch als ich an dem Morgen ins Freie kroch, empfing mich nur ein Vakuum. Auch die Luft roch anders als sonst, erdig und feucht. Und es war merklich wärmer geworden. Nach dem gewohnten Morgenritual blieb ich am Zelteingang sitzen und streckte die Beine in den Stiefeln nach draußen. Sie waren mein jüngster Sieg, diese Stiefel. Ich hatte mich die ganze Zeit so vorgesehen, war so still und fügsam gewesen, daß man mir jetzt jeden Morgen meine Stiefel gab und die Kette um den Schaft schlang, so daß ich im Freien meine Notdurft verrichten konnte, statt im Zelt auf die Bettpfanne gehen zu müssen. Ich nahm die Kette in die Hand, zog sie straff und hangelte mich daran bis zu meinem Baum, und sie brachten mir die Bettpfanne dorthin. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen begreiflich machen soll, was das für mich bedeutete, aber glauben Sie mir, ich gewann dadurch ein Stück Menschsein zurück, ein Gefühl, das ich fast schon verloren hatte. Um mich abzuputzen und mir die Hände zu säubern, nahm ich immer eine Lage Toilettenpapier mit und ein paar feuchte Papierservietten. Wenn es mich keine große Überwindung kostete, all das im Beisein meiner jeweiligen Bewacher zu tun, dann lag das wohl daran, daß ich mich, solange ich weder hören noch sehen konnte, von aller Welt abgeschlossen und wie unsichtbar fühlte. Hinterher saß ich mit den Füßen im Freien im Zelteingang und frühstückte. Nach den ersten zwei, drei Tagen gab es keinen Milchkaffee mit eingeweichtem Brot mehr, das einzige, was ich leicht hätte schlucken können. Aber es war ihnen wohl zu lästig, mich zu füttern, und das eine Mal, als ich darum bat, es allein versuchen zu dürfen, da war das meiste danebengegangen. Ich erinnere mich, wie mir die Milch über den Hals rann und auf die Brust tropfte. Damals hatte ich noch nichts zum Wechseln. Den Trainingsanzug brachten sie mir erst viel später.
    An diesem Morgen gab es also wieder das gummizähe Brot und den harten Käse, den ich nach wie vor nur schwer hinunterbrachte. Das Schlimmste war, daß ich mich nicht lange mit Kauen aufhalten durfte, weil sie immer in Eile waren und mir das Essen wegnahmen, wenn es nicht schnell genug ging. Und doch war es ein Genuß, fast draußen vor dem Zelt zu sitzen und

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