Altes Eisen - [Kriminalroman aus der Eifel]
nicht«, meinte Benny.
Gustav meinte: »Du darfst alte Leute pflegen, aber den Tod verstehst du nicht? Das nenne ich unverständlich.«
Bärbel lächelte Benny an und erklärte: »Lorenz meint bestimmt, dass die Vorstellung von einem Toten gruseliger ist als der Tote selbst. Ebenso wie bei einer Spinne, vor der ich mich ekle. Eigentlich ist es nicht das Tier, das mich schaudern lässt, sondern nur die Vorstellung, dass es auf mir herumkrabbelt und irgendetwas Ekliges mit mir anstellt.«
»Was die arme Spinne natürlich gar nicht kann, weil Bärbel vorher längst kreischend davongelaufen ist«, grinste Gustav.
»Besser als das Tierchen totzuschlagen«, meinte Lorenz. »Das kann sie ja aus religiösen Gründen nicht.«
»Wieso das?«, fragte Benny.
»Das erzählt sie dir ein andermal, mein Junge. Jetzt haben wir einen Fall zu lösen. Lasst uns zusammentragen, was wir wissen. Bärbel, zeig mal die Bilder.«
Bärbel klappte ihren Laptop auf und stellte ihn so auf den Tisch, dass alle einen Blick auf den kleinen Bildschirm werfen konnten. Sie klickte nacheinander die Fotos an, die sie mit ihrem Mobiltelefon gemacht und auf den Computer überspielt hatte. »Erstaunlich«, sagte Lorenz. »Früher hat man mit Telefonen telefoniert, und jetzt macht man damit Fotos.«
Gustav fügte hinzu: »Und nicht mal schlechte!«
»Ist ja irre«, meinte Benny. »Der Typ ist voll abgestochen worden. Guckt mal, wie der sich da am Geländer festklammert! Ich hätte mit meinen Händen was anderes anzufangen gewusst, wenn mir einer mit 'nem Messer gekommen wär!«
»Kann ich mir vorstellen«, brummte Lorenz, der an Bennys Kendo-Künste dachte. »Aber er hatte auch keinen Stock dabei.«
»Und wir wissen auch nicht, wie viele Täter es waren«, wandte Bärbel ein. »Vielleicht wurde er von mehreren Männern festgehalten?«
»Unwahrscheinlich«, meinte Lorenz. »Zu wenig Platz. Höchstens zwei Täter. Vielleicht hält einer ihn fest, der andere sticht zu.«
»Aber in Wahrheit wissen wir tatsächlich nicht, was da passiert ist«, bemerkte Gustav. »Halten wir uns an das, was wir wissen.«
»Ganz genau«, sagte Lorenz. »Und was wissen wir? Am Vortag war dieser Mann in der Kirche, ganz in der Nähe des Tatorts. Und es war jemand bei ihm, den ich für einen Pfarrer gehalten habe, ohne richtig hinzusehen, und den Bärbel als orthodoxen Priester identifiziert hat.«
»Na ja«, widersprach Bärbel. »Identifiziert ist zu viel gesagt. Aber er sah genauso aus, wie die halt aussehen – der lange Bart vor allem.«
»Also«, grübelte Lorenz. »Wenn der Mann am Dienstag hier in Nideggen war und in der Nacht zum Mittwoch getötet wurde, sollte er dann nicht irgendwo eine Übernachtung geplant haben?«
»Nicht zwangsläufig«, meinte Gustav. »Er könnte auch vorgehabt haben, am Abend wieder zu verschwinden, und wurde dann daran gehindert.«
»Stimmt«, musste Lorenz zugeben. »Aber eine Spur kann es doch sein. Wir sollten in den Nideggener Pensionen mal nachfragen.«
»Mit diesen Fotos?« Benny lachte. »Das wird spannend. Da möchte ich dabei sein!«
Gustav meinte: »Da hat der junge Urinkellner nicht ganz unrecht.«
Lorenz brütete vor sich hin. Es missfiel ihm zwar, aber ohne Hilfe kamen sie wohl nicht weiter. Der alte Kommissar Wollbrand würde über kurz oder lang doch seine Enkeltochter einweihen. Vielleicht würde sie ihm im Gegenzug ebenfalls ihre Ermittlungsergebnisse mitteilen.
»Ob der Hausherr wohl eine seiner legendären Kaffeemischungen ausgeben würde?«, fragte er schließlich in die Runde.
Gustav grinste. »Wäre auch beleidigt gewesen, wenn niemand gefragt hätte. Ein Kaffee für alle?«
Bärbel und Lorenz nickten freudig, nur Benny antwortete: »Tut mir leid, für mich nicht. Ich muss noch eine Runde mit dem alten Herrn Robker drehen. Hab ich ihm versprochen, er kann sonst nicht einschlafen. Und dann will ich noch in die Disco nach Aachen.«
»Was, so spät noch?«, fragte Bärbel.
»Na klar«, grinste Benny. »Ich bin neunzehn und keine neunzig, und da wo ich hinfahre, geht’s nach Mitternacht erst richtig los. Und außerdem habe ich morgen Vormittag frei.«
Er winkte zum Abschied und ging zur Tür, öffnete sie und trat erschrocken wieder einen Schritt zurück. »N’Abend, Frau Klinkenberg«, sagte er entgeistert. Die Leiterin der Seniorenresidenz Burgblick stand vor ihm. Er drückte sich an ihr vorbei, rief: »Tschüss zusammen, bin schon spät dran!«, und verschwand eilig.
Sibylle Klinkenberg sah dem
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