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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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zu meiner Großmutter und erzählten ihr, es hätte eine Prophezeiung gegeben, daß wirklich schlimme Dinge passieren würden, und wenn es soweit wäre, sollten wir jemanden nach Shara schicken, um nach der Priesterin Marrah zu fragen. Damals haben wir den beiden Frauen nicht sonderlich viel Beachtung geschenkt. Viele von diesen Bauern aus dem Norden rauchen den Hanf, der wild auf ihren Wiesen wächst, und sie haben ständig irgendwelche Visionen, aber dann kam diese große Krankheit über unsere Stadt.« Er brach erneut in Tränen aus. »Gibt es hier eine Priesterin namens Marrah?«
    »Marrah!« rief Lalah. »Komm her.«
    Marrah trat aus der Menschenmenge.
    »Das ist die große Priesterin?« jammerte Cyen. »Ach, das ist ja schrecklich. Sie ist viel zu jung. Wir brauchen eine weise alte Frau, eine große Heilerin, eine –«
    »Marrah ist meine Enkelin«, unterbrach Lalah ihn energisch, während sie einen Arm um Marrahs Taille legte. »Sie ist quer durch die Welt gewandert und hat mehr Dinge gesehen, als du jemals zu sehen bekommen wirst. Sie ist eine fähige Heilerin, und ich würde ihr sogar mein Leben anvertrauen.«
    Bei jeder anderen Gelegenheit wäre es Marrah peinlich gewesen, so von ihrer Großmutter in der Öffentlichkeit gelobt zu werden, aber jetzt war sie zu besorgt. Prüfend betrachtet sie zuerst den Jungen, dann den jungen Mann. Sie hatte schon einmal Narben wie die auf ihren Gesichtern gesehen, sie selbst hatte mehrere davon auf ihrer eigenen Brust, und Arang hatte eine auf dem rechten Arm. Sie waren das Zeichen von Rotbeerenfieber.
    »Und du sagst, alle in Shambah sind krank ?« fuhr Lalah fort, als sie sich wieder zu dem Jungen umwandte, der nervös von einem Fuß auf den anderen trat.
    Er nickte unglücklich. »Alle, liebe Mutter.«
    »Wie viele könnten .das wohl sein, zehn? Hundert? «
    »Große Göttin!« rief Cyen plötzlich und breitete in einer Geste der Hilflosigkeit die Arme aus. »Begreift ihr denn nicht? Die gesamte Stadt liegt im Sterben! Die Türme des Schweigens waren schon vor Wochen mit Toten überfüllt, und es sind nicht mehr genug Leute übrig, die noch die Kraft hätten, neue zu bauen. Kinder schreien nach Milch von Müttern, die zur Göttin heimgekehrt sind; Hunde streunen durch die Straßen auf der Suche nach Nahrung; das Unkraut auf den Feldern droht die Ernte zu ersticken, weil niemand mehr gesund genug ist, um es auszureißen.«
    Er fuhr ohne Unterbrechung fort, beschrieb einen Schrecken nach dem anderen. Die Menge versank in Schweigen, und die Leute tauschten mitfühlende Blicke. Der junge Mann aus Shambah war offensichtlich überreizt und übertrieb maßlos. Was er da erzählte, konnte nicht ganz stimmen. Ein paar Generationen zuvor hatte es zwar ernste Epidemien gegeben, aber jeder wußte, daß es nichts Derartiges wie eine Krankheit gab, die eine gesamte Stadt dahinraffen konnte.
    Marrah war die einzige, die seine Verzweiflung verstand. Sie wußte jetzt, was Stavan veranlaßt hatte, seine Reise zum Grasmeer zu unterbrechen, um das Päckchen mit Samen zu sammeln.
    Als die beiden jungen Gesandten fünf Tage später nach Shambah zurückkehrten, ging Marrah mit ihnen. Da sie die Prophezeiung kannten, hatten Lalah und der Ältestenrat gezögert, ihre Zustimmung zu erteilen, doch Marrah war hartnäckig geblieben.
    »Laßt mich nach Norden gehen«, hatte sie gefleht. »Ich habe das Heilmittel, und außerdem habe ich das Fieber schon gehabt. Ich kann die Kranken behandeln, ohne selbst krank zu werden.« Sie hatte ihren Blick über die Gesichter der dreizehn Männer und Frauen wandern lassen, die zusammen mit Lalah die Regierung von Shara bildeten. Mit der Hälfte von ihnen war Marrah verwandt, und alle waren um viele Jahre älter und weiser als sie. »Liebste Mütter und Onkel, die Leute von Shambah sind zu uns gekommen und haben uns im Namen der Göttin um Hilfe angefleht. Wh.. können wir sie sterben lassen, ohne ihnen diese Hilfe zu schicken? Ich gebe zu, ich habe Angst, daß sich die Prophezeiung, die Batal meiner Mutter gab, erfüllen wird, aber was wäre ich denn für eine Priesterin, wenn ich mich durch Angst davon abhalten ließe, meine Pflicht zu tun?«
    Sie sprach lange Zeit in derselben Art auf sie ein, und schließlich, als sie sahen, daß Marrah fest entschlossen war zu gehen, stimmten die Ratsmitglieder widerstrebend zu.
    Die Reise nach Shambah ließ sich gut an. Sie brachen in einem Raspa auf, bei herrlichem Wetter und kräftigem Wind, der sie rasch nach Norden

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