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Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde

Titel: Alteuropa-Trilogie 1 - Im Jahr der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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nahmen die drei Priesterinnen Marrah beiseite und gaben ihr die Geschenke, die sie Sabalah so viele Jahre zuvor versprochen hatten. Es war ein seltsam unfeierlicher Augenblick, wenn man bedachte, wie wichtig die Geschenke waren, aber die Priesterinnen hatten ein Gelübde abgelegt, das sie zu Einfachheit in allen Dingen verpflichtete.
    Zahar griff ohne lange Vorreden in einen Korb und zog drei kleine Lederbeutel hervor. »Dies hier«, sagte sie, als sie den ersten Beutel in Marrahs Hand legte, »ist getrockneter Donner. Du wirfst ihn ins Feuer, und er erzeugt einen gewaltigen Lärm. Benutze ihn bedachtsam, und sei vorsichtig; er ist gefährlich.«
    Neugierig zog Marrah die Schnur auf und stellte fest, daß der Beutel mehrere unscheinbar aussehende Tonkugeln enthielt. Sie nahm eine der Kugeln heraus und rollte sie zwischen den Fingern; sie war eindeutig hohl. Vielleicht war das Innere der Kugel mit irgend etwas gefüllt, doch wenn das der Fall war, dann hatte Zahar offensichtlich nicht die Absicht, ihr zu verraten, was dieses Etwas sein könnte. Marrah versuchte ihr zu danken, aber die alte Priesterin brachte sie mit einer knappen Handbewegung zum Schweigen. »Bedank dich nicht bei mir; bedanke dich bei keinem von uns. Diese Geschenke kommen von der Göttin Erde, gesegnet sei ihr Name. Wir sind nur dazu da, um ihre Botschaften zu übermitteln.«
    Sie hielt den zweiten Beutel in die Höhe. »Dieser hier enthält ein Pulver, das dich unsichtbar macht.« Sie lachte. »Nur daß ein Trick dabei ist: Du ißt es nicht. Tatsächlich rate ich dir dringend, niemals etwas davon über deine Lippen gelangen zu lassen – nicht, daß es dich töten würde. Die Göttin ist noch nicht so sehr darauf erpicht, dich jetzt schon zu sich zu rufen. Aber trotzdem – das Pulver hat eine verheerende Wirkung. Du streust es in das Essen deiner Feinde, und puff!«, sie wedelte mit den Händen, »schon verschwindest du aus ihren Augen. Natürlich hoffen wir, daß du niemals irgendwelche Feinde haben wirst, aber sollte sich die Notwendigkeit ergeben, könnte dies hier von großem Nutzen sein.«
    Sie reichte Marrah den Beutel. Wie die Tonkugeln, so sah auch das Pulver wenig bemerkenswert aus, von der Farbe und Beschaffenheit von Staub, aber es strömte einen leicht süßlichen Duft aus, als könnte es vielleicht besser schmecken, als es aussah. Marrah schnüffelte vorsichtig daran, verschloß den Beutel und verstaute ihn in der Ledertasche, die sie an ihrem Gürtel trug.
    Zahar legte eine Pause ein und hielt den dritten Beutel an seiner Schnur hoch, während sie ihn einen Moment lang bedauernd betrachtete, als widerstrebte es ihr, ihn wegzugeben. »Dies hier«, sagte sie, »ist das kostbarste Geschenk von allen. Es ist eine der Tränen des Mitleids, die von der Göttin Erde selbst vergossen wurden, als sie ihre Kinder vor Furcht weinen sah, nachdem der Große Frühling gekommen war. Ihre Tränen sind so selten, daß ich, so alt ich auch bin, in meinem ganzen Leben nur drei von ihnen gesehen habe, und diese hier –«, sie schüttelte den Beutel leicht, »ist die schönste von allen. Wer immer sie trägt, kann niemals zu Schaden kommen.«
    Behutsam legte sie den Beutel in Marrahs Hand. Er war so leicht, daß er sich leer anfühlte. Marrah zog die Lederschnüre auf, öffnete den Beutel und ließ etwas in ihre Handfläche fallen – etwas so Schönes, daß sie einen Freudenschrei ausstieß, als sie es sah. Es war ein Stein – oder vielleicht auch nicht, denn er wog kaum mehr als ein Atemhauch. Tränenförmig und kaum größer als die Kuppe ihres Daumens, war er von der satten Farbe von Sommerhonig. Aber das war noch nicht alles: In der Mitte der Träne lag ein winziger Schmetterling eingeschlossen, die Flügel ausgebreitet, als wäre er mitten im Flug eingefangen worden und erstarrt.
    Marrah war einfach sprachlos. Staunend drehte sie das Geschenk in ihrer Hand und versuchte zu verstehen, wie der Schmetterling in das Innere des Tropfens gelangt war. An der Stelle, wo sich der Tropfen nach oben zu verjüngte, hatte jemand ein kleines Loch gebohrt, und sie erkannte, daß er dazu gedacht war, an einer Kette getragen zu werden.
    Als hätte sie ihre Gedanken gelesen, streckte Ume schweigend die Hand aus, nahm den gelben Stein und fädelte ihn auf ein Lederband auf. Nachdem sie Marrah förmlich auf beide Wangen geküßt hatte, verknotete sie die Enden um ihren Hals, so daß die Träne der Göttin direkt über ihrem Herzen hing.
    »Gelb ist die Farbe des

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