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Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin

Titel: Alteuropa-Trilogie 2 - Die Schmetterlingsgöttin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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machen: Er wußte, sie würde nur zu gerne fragen, und außerdem würde sie es bald genug herausfinden. Keru blickte verlegen auf seine kleinen Füße hinunter und wackelte mit den nackten Zehen auf den roten Fliesen. Marrah beugte sich vor und küßte ihn auf den Kopf, sein Haar roch wie das Stavans. Rauch war darin und noch etwas anderes, etwas Süßes und leicht Muffiges, wie die Verheißung von Regen an einem trockenen Tag.
    »Du bist ein braver Junge«, sagte sie, und Keru schaute mit seinen großen kastanienbraunen Augen zu ihr auf, als hoffte er, ihre Worte tilgten alle Schuld.
    Einen Moment später kam Nazur mit einem Kind unter jedem Arm herbeigekeucht. Sein dicker Bauch wackelte, und sein Gesicht war rot angelaufen vor Anstrengung. Er und Tarrah hatten sich die ganze Nacht um die Kinder gekümmert; zweifellos säße er jetzt lieber bei einem geruhsamen Frühstück, aber zuerst mußte er eine Nachricht überbringen. Die Kinder wanden sich, zappelten und kreischten, als wäre es ein besonders lustiges Spiel, Nazur zu entwischen; doch Nazur hatte eigene Kinder großgezogen und war ein Experte im Jonglieren von solchen Energiebündeln.
    »Ich fürchte, ich habe eine schlechte Nachricht für dich«, sagte er. Und dann berichtete er Marrah, daß sich Luma in der Nacht zweimal erbrochen hatte, weil Keshna sie und Keru überzeugt hatte, daß ein Apfelwettessen Spaß machen würde. »Also sind die drei in den Lagerraum geschlichen, haben einen Korb getrockneter Äpfel geöffnet und sich vollgestopft«, fuhr Nazur fort, während er die zappelnden Kleinen mit seinen massigen Armen an seinen Leib preßte. »Keshna hat natürlich gewonnen. Sie hat einen Magen wie eine Ziege und Keru desgleichen; aber für Luma wird eine Menge Zeit vergehen müssen, bevor sie wieder Appetit auf getrocknete Äpfel bekommt.«
    Marrah blickte zu Keshna und Keru hinüber, die plötzlich ein reges Interesse für ihre Schüsseln mit gerösteten Weizenkörnern entwickelten. Sie kauerten dicht nebeneinander wie zwei kleine Verschwörer, ohne auch nur ein einziges Mal aufzusehen.
    »Keru, Keshna«, sagte sie streng. »Das war ausgesprochen dumm von euch.«
    »Ja, Mama«, murmelte Keru, während Keshna den Kopf senkte und ihre honigverschmierten Finger ableckte.
    »Jetzt kann Luma nicht mit euch zum Beerenpflücken gehen.« »Nein, Mama.«
    »Ihr werdet so etwas nie wieder tun, habt ihr verstanden?« » Ja, Mama.«
    Marrah blickte auf das verwelkte Gänseblümchen in ihrer Hand und entschied, daß sie die beiden genug gescholten hatte. Es wäre ihr zwar lieber gewesen, wenn auch Keshna sich entschuldigt hätte, aber das Mädchen besaß ein störrisches Temperament und neigte stets dazu, auf seiner Unschuld zu beharren, selbst wenn es auf frischer Tat ertappt wurde. Manchmal dachte Marrah, daß das Blut der Nomaden allzu heiß in Keshnas Adern pulsierte.
    Sie wandte sich zum Gehen und hörte Keru hinter ihr herrufen: »Ich hab dich lieb, Mama.« Er winkte und warf ihr eine Kußhand zu.
    »Mir geht es genauso«, rief Marrah zurück. Als sie hinausging, war sie sich fast sicher, Keshnas spitzbübisches Gegacker zu hören.
     
    Sie fand Luma auf der Schlafmatte ihrer Großmutter ausgestreckt, mit dem Spielzeugpferd im Arm, das Stavan für sie geschnitzt hatte. Unter ihren Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab, und ihr kleines Gesicht war blaß und verhärmt. Sie bot das perfekte Bild von Kummer und Reue, daher brachte Marrah es nicht übers Herz, sie auszuschimpfen wegen ihres heimlichen Apfelgelages.
    Lalah saß neben Luma. Sie sang Wiegenlieder und flößte ihr mit einem Muschellöffel Kräutertee ein. Jedesmal, wenn sich der Löffel ihrem Gesicht näherte, sperrte Luma den Mund auf wie ein kleiner Vogel, schluckte gehorsam etwas von dem Tee und schnitt eine Grimasse. Lalahs Heilmittel für einen verdorbenen Magen waren berühmt für ihren scheußlich bitteren Geschmack; aber Luma liebte ihre Urgroßmutter so innig, daß sie wahrscheinlich sogar Erde gegessen hätte, wenn Lalah sie dazu aufgefordert hätte. Als Luma Marrah entdeckte, stöhnte sie. »Mama, ich hab zuviel gegessen, und mein Bauch tut weh.«
    »Mein armes Kind.« Marrah zog Luma in die Arme und wiegte sie vorsichtig hin und her, um ihren Magen nicht noch mehr zu erschüttern.
    Lalah stellte die Teekanne auf dem Boden ab, lehnte sich zurück und streifte ihre Sandalen von den Füßen. »Hast du von dem Wettessen gehört? « Marrah nickte. »Ich fürchte, diese Keshna wird unsere

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