Althalus
Königin, »und sollte mir deine Erniedrigung gefallen, lasse ich dir vielleicht dein Leben.«
Wieder fasste Althalus Andines Arm, und diesmal zerrte er sie das Thronpodest hinauf. »Du weißt, was du zu tun hast«, sandte er seinen Gedankenbefehl aus. »Tu es!«
Andine warf sich auf die Knie. »Macht mit mir, was Euch beliebt, mächtige Königin«, flehte sie mit so zitternder Stimme wie nur möglich. »Nur verschont meine geliebte Stadt.«
»Rede weiter«, forderte Althalus sie auf. »Jedes Wort, das du sagst, verändert Ghends ursprüngliche Version.«
»Seid gnädig, gefürchtete Königin!« Andines Stimme hob sich über einen neuerlichen Laut, der sich mit dem Wimmern vermischte, das Ghends Traumvisionen stets begleitete.
Althalus blickte scharf auf Eliar, der mit Bheid und Salkan unter den verängstigten Höflingen stand. Das Gesicht des jungen Mannes war grimmig, und er hatte den Dolch halb gezogen. Offenbar hatte Dweia den anderen Anweisungen erteilt, ohne Althalus miteinzuschließen.
»Das Gesicht auf den Boden!«, befahl die grausame Gelta der knienden Arya. »Ich will sehen, dass deine Demütigung vollkommen ist.«
Da hörte Althalus gedämpfte Geräusche von außerhalb des Palasts: Schreie, die durch das Wimmern sowie den Gesang des Dolches kaum zu vernehmen waren. Sergeant Gebhel war offenbar pünktlich.
Mit einem Mal erklang Leithas Stimme scharf in seinem Kopf. »Althalus, sie sind echt! Es ist keine Täuschung!«
»Wovon sprichst du?«
»Die Armee vor der Stadt! Sie ist echt! Es sind viele Tausende und sie rücken zu den Toren vor!« Althalus begann stumm seine Unachtsamkeit zu verwünschen. Ghend hatte seine eigenen Türen und seinen eigenen Türhüter. Offenbar hatte Yakhag etwas damit zu tun, aber alles ging zu schnell, als dass er diesen Gedanken hätte weiterverfolgen können. Ghends Traumvision erfüllte sich bereits.
Und weinend senkte Arya Andine das Gesicht, bis es die Steine des Bodens berührte, während das Wimmern zu einem Kreischen wurde.
Und das Herz Geltas war voll und der Geschmack des Sieges auf ihrer Zunge war süß, unendlich süß.
Und dann setzte sie frohlockend den Fuß in dem harten Stiefel auf den zarten Nacken der unterworfenen Andine und rief: »Alles, was dein war, Andine, ist jetzt mein, wahrhaftig, selbst dein Leben und dein Blut!«
Und das grausame Frohlocken der Königin der Nacht schallte durch den Marmorpalast der gefallenen Arya von Osthos, in dem das furchtbare Wimmern widerhallte.
Khalors Soldaten hätten zu diesem Zeitpunkt Geltas Wachen überwältigen sollen, doch die schwarzgerüsteten Nekweroser standen noch an jeder Tür des Thronsaals, und Kampfgeräusche auf den Korridoren kündeten davon, dass Khalors Männer auf unerwarteten Widerstand gestoßen waren.
»Was ist los, Althalus?« Bheids stummer Schrei klang schrill. »Warum bewachen die Soldaten des Feindes immer noch die Türen? « »Das ist Yakhag zu verdanken. Er hat eine Armee nach Osthos geschafft, als wir nicht darauf geachtet haben.« Der Gesang des Dolches stockte, als das triumphierende Kreischen noch lauter wurde.
»Ich habe dich hereingelegt, nicht wahr?«, wandte Argan sich selbstgefällig an Althalus. »Du hättest wirklich besser aufpassen müssen. Du magst für Ghend ja ein ebenbürtiger Gegner sein, aber an mich kommst du bei weitem nicht heran.« Dann wandte er sich Bheid zu. »Endlich begegnen wir uns, Bruder. Wie schön, dass du zu mir gekommen bist. So hast du mir die Mühe erspart, dich suchen zu müssen. Es ist wirklich zu schade, dass wir keine Zeit haben zu plaudern, aber ich bin derzeit schrecklich beschäftigt.« Dann wandte er sich seinem schwarzgerüsteten Begleiter zu. »Yakhag«, sagte er gleichmütig, »sei so nett und töte diesen Priester für mich.«
Yakhag nickte ausdruckslos und schritt mit dem schweren Schwert auf Bheid zu. Doch Salkan riss Eliars Schwert aus der Scheide und sprang vor
seinen Mentor. »Erst müsst Ihr an mir vorbei!« Ungeübt schwang
der jugendliche Hitzkopf die Klinge.
Yakhag zuckte ausdruckslos die Schultern. Er schlug die Waffe des Schäfers gleichmütig mit seinem Schwert zur Seite, wonach er es ihm bis zum Griff durch den Leib stieß.
Salkan krümmte sich im Todeskampf, und Eliars Schwert schlitterte über den Boden von Andines Thronsaal. »Aus dem Weg, Bheid!«, rief Eliar gellend, als sie beide dem Schwert nachsprangen.
Doch Bheid erreichte es vor ihm. Er packte es, drehte sich um, schob Eliar aus dem Weg und stürzte sich
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