Altraterra. Band 1: Die Prophezeiung (German Edition)
Ende doch enorm gut verlaufen. Schade nur, dass Miraj nicht da war.
Kapitel 21: Die Geladene
Obwohl sie ohne Unterbrechung geschlafen hatte, fühlte sich Anne beim Erwachen in Mirajs Haus nicht sonderlich gut. Sie hatte einmal mehr den Traum von der geplatzten Hochzeit gehabt und war schon froh, dass sie diesmal an demselben Ort erwachte, wo sie sich schlafen gelegt hatte. Beim Aufstehen, während sie sich frisch machte und noch als sie in die Küche ging, dachte sie ununterbrochen daran, wie gern sie mit Miraj gesprochen hätte. Und ihr wurde klar, dass es nicht nur daran lag, dass sie mit ihm über die Schwarzmagier reden wollte. Obwohl Gisalen und Silvia so freundlich zu ihr waren und sie gestern jemanden kennengelernt hatte, der sich ihrer Fragen annahm, fehlte ihr Miraj.
Gisalen war nicht in der Küche, aber sie hatte Anne eine Kanne Tee und etwas Brot bereitgestellt. Ein kleineres Frühstück war ihr nur recht, denn nach dem üppigen Abendmahl fühlte sich Anne noch immer kugelrund. Am Frühstückstisch brütete sie weiter über der Frage, wo Miraj war. Er hatte also eine Nachtprüfung gehabt? Aber wann und wo schlief er? Zwischendurch, in seinem Büro in der Universität? Das alles ergab für Anne wenig Sinn. Für den Bruchteil einer Sekunde überlegte sie, ihn dort aufzusuchen, damit sie endlich mit ihm reden konnte. Aber dann fielen ihr die Bücher wieder ein, die auf Abholung warteten, und sie entschied sich, anschließend nach Hause zu reiten und gleich mit dem Studium zu beginnen. Am späten Vormittag verabschiedete sie sich von Gisalen und machte sich auf den Weg zur Universität.
Professor Einar schien bereits auf Anne zu warten. „Hier sind Ihre Bücher.“ Anne musste schmunzeln, als sie die Bücher in einem Karton so groß wie eine Streichholzschachtel entgegennahm. „Wie kann man sie denn wieder in ihre normale Größe zaubern?“ fragte sie. Professor Einar erklärte: „Oh, normalerweise verwandeln sie sich nach sechs bis acht Stunden von selbst wieder zurück. Aber wenn Professor Miraj es sehr eilig hat, wird er sicher seinen Primigeniusator einsetzen, einen Apparat, mit dem man alle verzauberten Dinge in ihre Ursprungsform zurückverwandeln kann.“ Anne war erleichtert zu hören, dass sie einfach nur einige Stunden warten musste. Es wäre schwierig geworden, sich in Mirajs Büro zu schleichen und dort einen Apparat „auszuleihen“, von dem sie nicht einmal wusste, wie er aussah. Und dann stünde sie ja wieder vor dem Transportproblem. Sie wandte sich bereits zum Gehen, als der Professor ihr auftrug: „Richten Sie Miraj meinen herzlichen Gruß aus.“ Anne wusste, dass es riskant war, aber sie musste einfach fragen: „Aber er ist doch im Haus, er hatte heute eine Nachtprüfung. Haben Sie ihn noch nicht gesehen?“ Professor Einar zog die Augenbrauen hoch. „Nachtprüfung? Heute Nacht fanden keine Prüfungen statt. Die Studenten schreiben im Moment noch Klausuren, ihre praktischen Prüfungen kommen erst in einigen Wochen. Da haben Sie den Professor wohl missverstanden. Na, wenn ich ihn sehe, werde ich ihm sagen, dass seine Bücher bei ihm zu Hause auf ihn warten.“ Anne steckte ihre verkleinerte Lektüre in die Rocktasche, winkte ihm zu und verließ eilig die Hausmeisterloge. Das hatte ihr noch gefehlt.
Für den Weg zurück zu Silvias Haus brauchte sie diesmal deutlich länger. Das kam daher, dass Anne sich mehrmals verirrte, da sie unaufmerksam war. Noch immer kreisten ihre Gedanken um Miraj. Hatte er etwa die Nacht bei Jana verbracht? Ihr war nur nicht klar, warum sie dieser Gedanke so sehr erschütterte. Natürlich, Miraj hatte eine gewisse Stellung in ihrem Leben eingenommen, aber er war mehr so eine Art großer Bruder für sie, eine Ersatzfamilie. Oder war sie tatsächlich in ihn verliebt? Anne war verwirrt, sie konnte ihre Gefühle nicht einordnen. In letzter Zeit war so vieles auf sie eingeprasselt. Auf jeden Fall nahm sie es Miraj sehr übel, dass er im Augenblick nicht für sie da war. Wenn er allerdings die Nacht bei Jana verbracht hatte, war es ohnehin egal, ob sie Gefühle für ihn hatte. Gegen die schöne Grünmagierin, die auch vom Alter her viel besser zu ihm passte, würde Anne keine Chance haben.
Als sie am späten Nachmittag Silvias Haus erreichte, machte sich Anne schon auf eine Standpauke gefasst. Doch Mirajs Mutter war seltsam verhalten und bald begriff Anne auch wieso: Sie war nicht allein. Zu ihrer Überraschung war es Jana, die in der Küche schon auf sie
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