Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge

Titel: Altwerden ist nichts für Feiglinge - Fuchsberger, J: Altwerden ist nichts für Feiglinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Fuchsberger
Vom Netzwerk:
Hände zeigen.
    Dann geschieht, was keiner von uns glauben möchte. Wir bemerken ein kleines Rinnsal, das seinen Weg im Zickzack durch die roten, wie verbrannt wirkenden Felsen in das vor uns liegende Wasserbecken findet.
    Wo es herkam, weiß bis heute keiner von uns.

    Während der Dreharbeiten hat Tricker Derek bemerkt, dass viele Touristen mich erkannten und wissen wollten, ob das eine neue Folge von »TERRA AUSTRALIS« würde.
    Am dritten Tag kam er mit einer Bitte.
    »Du weißt, dass der ›Uluru‹ unser heiliger Berg ist. Das Gesetz sagt, dass wir für alles verantwortlich sind, was um oder auf dem Berg geschieht. Viele Menschen kommen hierher und steigen auf unseren Berg, wir nennen sie ›Weiße Ameisen‹, weil sie aus der Ferne gegen den Himmel wie Ameisen aussehen, wenn sie sich am Seil zum Gipfel hochziehen. Wenn sie oben sind oder heil wieder runterkommen, klopfen sie sich auf die Schultern und schreien wild durch die Gegend. Wenn aber auf dem Weg etwas passiert, weil es zu heiß ist, weil sie nicht richtig angezogen sind, weil sie in der Gluthitze nichts zu trinken mitnehmen, dann sind wir dafür verantwortlich. Aber das glauben sie uns nicht.«
    »Warum nehmt ihr unser Geld, warum habt ihr das Drahtseil nach oben gelegt?«
    Derek sieht mich an.
    »Der Uluru ist für uns, was für die Katholiken der Petersdom in Rom ist. Da klettern doch auch keine Ameisen hoch und jodeln, wenn sie gut angekommen sind!«

    »Es lädt aber auch kein Drahtseil dazu ein«, wage ich zu sagen.
    »Du hast recht. Wir erneuern das verrostete Seil schon lange nicht mehr, wir lassen es verrotten. Aber das erhöht die Gefahr und damit wieder unsere Verantwortung. Kannst du uns helfen?«
    »Ich? Oh Gott, Derek, wie denn?«
    »Ich hab gesehen, wie Leute sich mit dir fotografieren lassen und du sollst dann deinen Namen draufschreiben. Bist du ein Tribe Leader?«
    »Nein, das bin ich nicht, die kennen mich vom Fernsehen und vom Kino.«
    »Die achten dich, vielleicht hören sie auch auf dich, wenn du ihnen sagst, dass sie unseren Berg in Frieden lassen sollen. Wir haben das in unserer Sprache aufgeschrieben, aber die verstehen sie nicht. Kannst du das in deiner Sprache auf ein Schild schreiben?«
    Ob es heute noch am Fuß des Uluru steht? Keine Ahnung, und ob es ein paar Landsleute im fernen Australien beherzigt haben? Auch nicht. Schön wär’s!
    Noch etwas hat Derek uns erzählt. Touristen sind vom Uluru und von allem, was sie dort erlebt haben, oft so beeindruckt, dass sie irgendetwas mitnehmen. Souvenir, Souvenir! Ein Stein, ein dürrer Grashalm, ein Stück Zaunlatte aus einer Absperrung, irgendwas.
    »Nach einem halben Jahr schicken sie es an uns
zurück«, sagt Derek. »Sie sagen, es hätte ihnen Unglück gebracht. Wir haben einen Berg davon!«
    »Schafft eine neue ›Heilige Stätte‹ für die entführten und wieder heimgekehrten Gegenstände eures Stammes, die in der Fremde ihre Kraft nicht verloren haben!«
    Derek sah mich lange an, umarmte mich und nickte.
     
    Keine Ahnung, ob »Tricker Derek« noch lebt. Ich denke oft an ihn, seine Achtung gebietende Persönlichkeit. Ich weiß nicht einmal, wie alt er war. Nur eines weiß ich: Zwei weißhaarige Alte hatten sich verstanden.

Vom Boandlkramer und Weißwursthimmel
    »Denken Sie manchmal an den Tod?«
    Eine oft gestellte Frage vieler junger, noch unbedarfter Journalisten an einen alten Mimen. Offenbar betrachten sie die Frage als besonders mutig oder schockierend. Sie signalisieren, wo sie den Befragten einordnen. Sparte »überfällig«! Man sieht es ihnen an, wenn sie die Frage mit leicht provokantem Lächeln abschießen.

    »Haben Sie sich darüber schon Gedanken gemacht?«
    Was soll man darauf antworten? Die ganze Litanei der vielen Begegnungen mit dem schwarzen Gevatter? Im Krieg, im Straßenverkehr, im Krankenhaus, bei gefährlichen Stunts, im Flugzeug? Oder soll man sie einfach zum Teufel schicken?
    Natürlich denkt man mit zunehmendem Alter an den Tod. Ich sehe ihn gern in der Gestalt des »Boandlkramer« in der wundervollen Geschichte vom »Brandner Kaspar«, von Wilhelm von Kobell, in der Bühnenfassung von Kurt Wilhelm.
    Ein tölpelhafter, schlitzohriger, mit allen Wassern gewaschener Tod, der sich vom Brandner Kaspar beim Kartenspielen und Schnapseln übertölpeln lässt, ihm noch ein paar Jahre zu schenken, ihn zu vergessen.
    Als der »Boandlkramer« mit seiner schäbigen Karre ohne den Brandner Kaspar im Weißwursthimmel eintrifft, bekommt er von Petrus den

Weitere Kostenlose Bücher