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Am Ende der Nacht

Am Ende der Nacht

Titel: Am Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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würden.
    »Oh, na, da bin ich aber froh. Wie
geht’s ihm?«
    »Ganz gut. Die Leute, bei denen er ist,
können gut mit Kindern umgehen und mögen ihn. Er ist also in guten Händen.«
    »Er kann auch jederzeit zu uns kommen.«
    Natürlich konnte ich nicht
voraussetzen, daß Payne klar war, in welcher Gefahr Zach schwebte, und ich
wollte die Zeit nicht mit langen Erklärungen vergeuden. »Ich weiß, aber er will
nicht zurück nach Los Alegres. An einem Ort, der für ihn nicht mit Erinnerungen
behaftet ist, wird er vielleicht besser mit dem Schock fertig.«
    Payne nickte ernst. »Ist vielleicht
wirklich das Beste so, nach dem, was ich drüben vorgefunden habe. Ich bin
gestern rübergegangen, für den Fall, daß Zach sich daheim verkrochen hätte. Das
ganze Haus ist verwüstet. Das war auch ein Grund, warum ich Sie angerufen
habe.«
    »Vandalismus?«
    Payne zuckte die Achseln und wich
meinem Blick aus.
    »Haben Sie die Polizei benachrichtigt?«
    »Nein. Ich geb’s ungern zu, aber ich
dachte, Zach hätte vielleicht im Haus randaliert, nachdem er das mit Matty
gehört hatte.«
    »Das ist eine völlig logische Annahme«,
sagte ich, obwohl ich mir so etwas von dem stillen, wohlerzogenen Jungen nicht
vorstellen konnte. »Und hier im Verkaufsbüro? Ist da auch irgendwas angerührt
worden?«
    »Jetzt, wo Sie fragen — da war wirklich
jemand an den Akten und Schreibtischschubladen. Ich hab erst nicht weiter
darauf geachtet, weil ich dachte, Sie und Matty hätten die Sachen vielleicht
neulich so zurückgelassen. Aber später ist mir dann eingefallen, daß Sie ja
alles wieder aufgeräumt hatten.«
    »Wenn ich’s recht verstehe, haben Sie
also einen Schlüssel zu dem Haus?«
    »Klar. John und ich hatten ein
Abkommen, daß jeder beim anderen nach dem Rechten guckt, wenn der nicht da ist.«
    »Würden Sie ihn mir mal ausleihen? Ich
will ein paar Sachen für Zach holen und kann mir bei der Gelegenheit gleich mal
den Schaden ansehen.«
    Payne zog einen Satz Schlüssel aus der
Tasche und reichte ihn mir. »Der mit dem Nagellackpunkt drauf ist für die
Vordertür — hat sich die Frau ausgedacht.«
    »Danke. Ich bringe sie wieder zurück,
und dann können wir uns noch ein bißchen unterhalten.«
    Als ich die Tür des Farmhauses öffnete,
quietschte sie protestierend in den Angeln, als wollte sie sagen, daß ich kein
Recht hatte, hier einzutreten. Der Flur war kalt, und hinter mir wehte ein
Regenschwall herein und platschte auf die glänzenden Dielen. Ich schloß die
Tür, knipste die altmodische Deckenlampe an und vermied es gezielt, auf die
Fotos an den Wänden zu gucken.
    Links von mir war ein Wohnzimmer,
dominiert von einem Fernsehturm. Ein schäbiges braunes Cordsofa und ein
alternder Lederfernsehsessel standen vis-à-vis. Die Polster beider Sitzmöbel
waren aufgeschlitzt, die Füllung herausgezerrt. Ein CD-Ständer war leer, die
CDs lagen aufgeklappt am Boden. Videokassetten waren ähnlich mißhandelt worden.
Selbst die Asche im Kamin war durchwühlt und auf dem Teppich verstreut worden.
    Kein Vandalismus. Eine
Durchsuchungsaktion. Aber es war unmöglich zu sagen, worauf sich die Suche
gerichtet hatte.
    Auf der anderen Flurseite lag ein
Mehrzweckraum, in dem ein Eichenholzschreibtisch, ein Lauftrainer, ein
Bücherregal und ein großer, mit allem möglichen Zeug übersäter Tisch standen.
Die Schreibtischschubladen waren auf den Boden ausgekippt worden. Ich ging den
verstreuten Inhalt durch, fand die üblichen stornierten Schecks, Bankauszüge,
bezahlten und unbezahlten Rechnungen, alles auf Mattys Namen. Zwischen
Informationsschreiben und Bulletins der Flugbehörde lagen ein paar Postkarten
und Briefe von Leuten, deren Namen mir nichts sagten: »Kauai ist wunderschön
und um diese Jahreszeit völlig menschenleer. Nächstesmal müßt Ihr beide auch
mitkommen!«
    »Deine Tante Martha erholt sich gut von
ihrer Operation. Sie wünscht sich sehr, Du könntest kommen.«
    »Hey, alte Angelkumpanin, was macht der
gutaussehende Mann, den Du an Land gezogen hast?«
    Die Bücher in den Regalen — überwiegend
Fliegerei-Standardwerke — waren zwar durchstöbert, aber nicht herausgerissen
worden. An den Kartenstapel und an Mattys Flugrechner hatte niemand gerührt.
Als ich den Tisch inspizierte, sah ich ihren Plotter neben einem Stapel
Reiseprospekte liegen, und es gab mir einen Stich: Nie wieder würde sie dieses
Instrument benutzen, um Flugschülern zu demonstrieren, wie man einen
Überlandkurs bestimmt. Einen Moment lang erwog ich, ihn

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