Am Sonntag stirbt Alison
Fingerabdrücke sorgfältig zu entfernen, weshalb wir bereits seine Identität feststellen konnten – ein Kleinkrimineller, der schon mehrfach wegen Einbrüchen und Betrügereien im Gefängnis saß. Vermutlich wird es nicht allzu lange dauern, ihn aufzuspüren. Ich habe einige Fragen an ihn, Menschenraub gehört nämlich eigentlich nicht zu seinem Profil.«
»Jemand hat ihn beauftragt«, sagte Lys. »Er hat mit jemandem telefoniert, der ihm Befehle gegeben hat. – Wie geht es Alison denn?«
»Nun, sie ist wohl unverletzt, scheint aber ziemlich unter Schock zu stehen«, sagte die Kommissarin. »Momentan ist sie noch in ärztlicher Behandlung, mehr kann ich dir nicht sagen.« Sie zog einen Stuhl heran und setzte sich. »Warum erzählst du mir jetzt nicht mal der Reihe nach, wie das alles überhaupt passieren konnte. Wieso habt ihr nach der jungen Frau gesucht? Und woher kennst du ihren Namen?«
»Na ja, da war diese Nachricht im Internet«, sagte Lys. »Am Sonntag stirbt Alison. Und da haben wir Nachforschungen angestellt und sind auf die Sache mit Alison McKinley gestoßen.«
Die Kommissarin sah sie verwirrt an. »Was für eine Sache?«, fragte sie.
»Na, dass sie vor drei Jahren verschwunden ist. Und als wir dann eine Spur fanden, die nach München führte – ähm, also, nachdem Sibel eine Spur fand, die nach München führte«, verbesserte sich Lys schnell, als sie Sibels erbosten Blick bemerkte, »und als Alisons Vater dann auch noch zur selben Zeit dieses Erpresserschreiben bekam…«
»Wie bitte? Ein Erpresserschreiben? Warum bitte wusste die Polizei nichts davon?«, empörte sich die Kommissarin.
Jetzt waren es Lys und Sibel, die fragend die Augen aufrissen. »Was soll denn das jetzt heißen?«, fragte Sibel schnippisch. »Natürlich wusste die Polizei Bescheid. Die Bonner Polizei. Wir haben mehrmals bei denen angerufen und ihnen gesagt, dass Alison die letzten Jahre wohl unter falschem Namen in München gelebt hat, und sie haben versprochen, mit der Polizei hier Kontakt aufzunehmen!«
»Also, für Entführungsfälle ist unser Dezernat zuständig und mit uns hat niemand Kontakt aufgenommen«, entgegnete die Kommissarin. Sie wirkte reichlich verärgert, das Verhalten ihrer Bonner Kollegen schien sie persönlich zu beleidigen.
»Schnarchnasen sind das!«, schimpfte Sibel.
»Na ja, wir sind dann jedenfalls selbst nach München gefahren und haben nach Alison gesucht«, erzählte Lys weiter. »Und den Rest wissen Sie ja. Wir sind diesem Typ aus der Wohnung nachgefahren, und nachdem er die Hütte erreicht hatte, habe ich…«
»Moment. Welcher Typ aus welcher Wohnung?«, fragte die Kommissarin dazwischen.
»Na, dieser Mann eben. Der Entführer. Er war doch in Alisons Wohnung, als wir dort ankamen, und als wir geklingelt haben, ist er abgehauen. Aber das haben wir Ihnen doch alles schon gestern am Telefon erzählt!« Sibel verdrehte die Augen.
»Wem haben Sie das am Telefon erzählt?«, fragte die Kommissarin.
»Ja – keine Ahnung, ich habe nicht selbst angerufen«, sagt Sibel achselzuckend. »Ich weiß nicht, mit wem Frau Sommer da genau geredet hat, der Zentrale vermutlich, da, wo man eben landet, wenn man die Notrufnummer wählt.«
»Wer ist Frau Sommer?« Die Polizistin wurde zunehmend ungeduldig.
»Sie war auch bei der Aktion mit dabei. Sie und Herr Lambert. Und sie ist mit irgendjemandem bei der Polizei verbunden worden, der gesagt hat, sie würden sich um alles kümmern und irgendeine Sonderkommission einschalten oder so ähnlich.« Sibel musterte das fragende Gesicht der Kommissarin und rief: »Jetzt sagen Sie bloß noch, dass Sie von alldem auch nichts gewusst haben!«
»Wann war das denn bitte?«, fragte die Kommissarin.
»So gegen halb neun gestern Abend, schätze ich«, antwortete Sibel.
Die Kommissarin schüttelte verständnislos den Kopf. »Also, wir sind erst nach Mitternacht alarmiert worden. Da ging die Meldung des Streifenwagens ein, dass sie in einem Gasthaus zwei Opfer einer Schießerei gefunden hätten und dass die behaupten würden, in einer Hütte im Wald werde eine entführte Frau gefangen gehalten.«
»Sagen Sie, weiß bei Ihnen eigentlich die eine Hand, was die andere macht?«, regte Sibel sich auf. »Wir haben uns darauf verlassen, dass die Polizei kommen und uns helfen würde! Und was war? Nichts! Lys musste sich völlig allein mit diesem bewaffneten Typen rumschlagen, weil die Polizei offenbar grundsätzlich pennt!«
»Also, Sebastian war ja auch noch da…«,
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