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Ambra

Ambra

Titel: Ambra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Janesch
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Michalewskis Quartier und seinen Eingang, und Socha und ich waren nur am Lachen, Esel hatte die Brzuszek gesagt, das gefiel uns, dasselbe dachten wir vom Michalewski nämlich auch, natürlich aus ganz anderen Gründen. Das Ganze war zum Totlachen, nur Jarzèbiński tat diskret, amüsierte sich aber ebenfalls, da bin ich mir sicher. War ihm doch auch nicht verborgen geblieben, wie eine Frau nach der anderen nachts bei Michalewski zur Tür rein ist, erst bloß nachts und später auch abends und noch viel später auch tagsüber, als gäbe es etwas Dringendes zu besprechen, zu klären, ja, so geschäftig taten sie, wenn sie vor seiner Tür standen, sich umschauten und dann die Klinke runterdrückten. Haben die also doch einen Trieb,
sagte ich, Socha lachte und sagte irgendwas von wegen geiler Trieb, nur Jarzèbiński war aufgestanden und wollte gerade gehen, da konnte ich es nicht lassen und rief ihm hinterher, ob er denn eigentlich auch so etwas wie einen Trieb habe, aber er winkte ab und war weg.
    Ein paar Tage später, abends, als es ein Riesenfeuerwerk gab, mindestens zwei Tonnen Waffen waren das gewesen, also vorher, bevor wir sie haben hochgehen lassen, führte Michalewski das Kommando, und Socha und ich sahen ihn bewundernd an, ihn und sein Gewehr, das nicht mit verfeuert wurde, da waren wir neidisch, auf seine Frauen, denn wir hatten bloß die verdammten Pornos. Jarzèbiński stand ein paar Schritte näher dran als wir, erst als Michalewski den Rückzug befahl, da war er ganz Ohr und als Erster weg. Ich glaube, das waren seine Lieblingsmissionen, falls er so was hatte, Waffen vernichten, vielleicht fand er das gut oder konkret oder sinnvoll, uns war das völlig egal, höchstens hat es uns ein bisschen leid getan um das ganze Gerät, aber es gehörte dem Feind und wurde zur Hölle geschickt, wo es hingehörte. Mir bleibt nur zu glauben, dass Jarzèbiński in den Himmel aufgefahren ist und nun darauf wartet, bis ich ins Gras beiße, um daraufhin meinen sofortigen Weg in die Hölle anzuordnen, hinab zu den Waffen des Feindes.
     
    Bartosz blieb vor mir stehen, tippte an seine Mütze und erstattete mir einen Bericht über die Situation der Maulwürfe in den Bastionen. Als ich mich wieder gefangen hatte, war er fertig und stellte fest, was für ein Zufall es sei, dass wir uns bereits hier treffen würden, eigentlich nämlich hatte er mich zu Hause abholen wollen.
    Abholen? Was gibt’s denn?, fragte ich, aber der Windriss meine Worte davon. Wir stellten uns rückwärts zum Hang, und als ich meine Frage wiederholte, musterte mich Bartosz bloß und sagte, dass ich überarbeitet aussehen würde, irgendwie müde, fertig. Anscheinend bekäme mir die Arbeit nicht gut, da könne ich ihm nichts vormachen, das kenne er: wenn einem die Arbeit nicht gut bekam. Von Rokas und seinem Projekt erzählte ich nichts, das war geheim, also nickte ich einfach und pflichtete ihm bei, dass die Arbeit im Varieté wirklich sehr anstrengend sei, psychisch vor allem.
    Ja, siehst du, sagte Bartosz, mir ging es ganz genauso. Ich hatte keine Lust mehr auf die Arbeit beim Militär. Meine Kollegen machten mich fertig. Die Hubschrauber machten mich fertig, alles dort erinnerte mich an die Vergangenheit. Es ging einfach nicht mehr. Zum Glück war meine Zeit abgelaufen.
    Tja, sagte ich und fragte mich heimlich, warum er das alles ausgerechnet mir erzählte. Er wollte doch wohl kaum einen Job bei Demoiselle Maya? Meinetwegen hätte er meinen Part gerne übernehmen können. Wenn ich es mir recht überlegte, würde ich dem Collegium nicht besonders nachtrauern, wenn nur nicht die leidige Sache mit dem Geld wäre. Jobs waren in dieser Stadt Mangelware; sogar, wer perfekt Polnisch sprach, mehrere Abschlüsse vorweisen konnte und praktische Erfahrung obendrein, tat sich schwer, etwas zu finden. Was sollte ich da erst sagen? Die Stelle im Varieté aufzugeben war der sichere Weg ins finanzielle Aus, trotz des Zubrotes, das ich bei Rokas verdiente. Die Wohnung über die Köpfe der Myszas hinweg zu verkaufen kam nicht in Frage.
    Tja, sagte ich noch einmal, wir sind in Polen, gib dich zufrieden.
    Du hast dich eingelebt, wie ich sehe. Bartosz rief den Hund zurück, der ein Kaninchen aufgestöbert hatte und ihm laut bellend nachstellte.
    In ein paar Monaten wird dich die Lethargie infiziert haben, der Unglaube daran, dass jemals etwas besser laufen könnte. Und ehe du dich versiehst, humpelst du, trägst eine graue Windjacke und hast ein beschissenes Leben hinter

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