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Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken

Titel: Amelia Peabody 11: Der Fluch des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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bislang nicht zurückgekehrt seien. Natürlich dürfe er einen Blick in ihre Zimmer werfen. Schließlich zahle er für sie, nicht wahr?
    Rashida war keine sonderlich gute Hausfrau, trotzdem bestätigte die Unordnung in ihrem Zimmer seinen Verdacht. Sie hatte gar nicht die Absicht gehabt, zurückzukehren. Die geschnitzte Holzkiste, in der sie ihre wenigen Habseligkeiten aufbewahrte, war ebenso verschwunden wie ihre Schminkutensilien. Auf dem Bett lag ein zerknülltes rosafarbenes Kleidungsstück – eines der Kleidchen, die er für das Kind gekauft hatte. Er hob es auf und glättete es mit seinen Händen. Zweifellos war er ein Idiot gewesen, daß er Rashidas Dankbarkeits- und Läuterungsbezeugungen geglaubt hatte, aber sie hatte so erleichtert gewirkt, ihrem früheren Leben den Rücken kehren zu dürfen, und geradezu glücklich, daß sich eine positive Perspektive für ihre Tochter bot.
    Er durchsuchte das Zimmer. In der Kohlenpfanne fand er einige braune Zigarettenstummel, die einen schwachen und doch unverkennbaren Geruch verströmten.
    Eine Stunde lang wartete er, schlenderte ungeduldig und mit wachsender Besorgnis durch den Raum, obwohl er sich ständig einredete, daß es keinen Anlaß für seine Befürchtungen gab. Kalaan war einer der berüchtigtsten Zuhälter in ganz Kairo. Er hätte das Mädchen überwältigen und sie allein zur Abschreckung anderer Leidensgenossinnen zu einer Wiederaufnahme ihres früheren Lebenswandels zwingen können. Sie hätte alles für ihn getan; er hatte sie zu lange gewaltsam manipuliert, als daß sie sich seinen Forderungen oder den Drogen hätte entziehen können, die ihr Ramses strikt untersagt hatte. Die Idee, ihren Gönner zu erpressen, kam Kalaans schmutziger Phantasie gerade recht. Vielleicht erklärte sie sich einverstanden, weil sie hoffte, daß der Engländer ihr Kind aufnehmen würde. Das wollte Ramses nur zu gern glauben.
    Sofern das der Fall war, würde er sie zurückholen und Kalaans Aktivitäten mit allen Mitteln ein Ende setzen. Es war sein Fehler, daß sie erneut unter Kalaans Einfluß stand; wäre er nicht so eigensinnig gewesen und hätte seinen Eltern umgehend die Wahrheit geschildert, wäre diese Katastrophe nie eingetreten.
    Jedenfalls war das wahrscheinlich. Sein einziger Trost – und noch dazu ein schwacher – bestand darin, daß er das nicht hatte vorausahnen können, selbst wenn sein schlimmster Verdacht zutraf. Er konnte nichts beweisen, es sei denn, er fand sie, bevor …
    Ihm fiel nur ein weiterer Ort ein, wo er sie suchen konnte. Am frühen Nachmittag traf er in Kairo ein; die schmutzigen Gassen von el Was’a dampften aufgrund der Hitze, und die meisten Leute hielten sich in ihren Häusern auf. In dem Etablissement, aus dem er sie geholt hatte, saßen zwei andere Frauen. Zunächst hielten ihn die beiden für einen Kunden; nachdem er diese Einschätzung widerlegt hatte, verkrochen sie sich in einer Ecke, und er verschwendete weitere kostbare Zeit, um sie zu beruhigen. Sie stritten ab, Rashida überhaupt zu kennen.
    Die Sonne sank bereits, als er sich eingestand, daß seine Suche vergeblich gewesen war. Trotzdem hätte er vermutlich nicht aufgegeben, wenn ihm nicht schlagartig eingefallen wäre, daß er noch eine weitere Verantwortung trug.
    Den ersten Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme erbrachte der Bedienstete Ali. Er stand wartend auf der Straße und blickte fieberhaft auf und ab, und als er Ramses schließlich erblickte, eilte er im Laufschritt auf ihn zu. »Allah sei gepriesen, du bist da. Schnell, beeil dich.«
    Er kannte Ali lange genug, um zu wissen, daß der Ernstfall noch nicht eingetreten war, dennoch war er nicht darauf gefaßt, was ihn im Innenhof erwartete. Seine Mutter, sein Vater und Fatima waren dort. Seine Mutter umklammerte ein Whiskeyglas. Sein Vater hatte ein winziges, in Tweed gehülltes Bündel auf den Knien. Was daraus hervorlugte, waren ein zerzauster schwarzer Schopf, eine kleine Faust und zwei riesige Augen, so grau wie Gewitterwolken.
    »Gott sei Dank!« entfuhr es seinem Vater.
    »Du sollst doch nicht fluchen«, murmelte seine Mutter.
    »Das war kein Fluch, sondern ein Stoßgebet aus tiefstem Herzen. Schau«, fuhr Emerson auf Arabisch fort, »habe ich nicht gesagt, daß er zurückkommt? Ich lüge nie! Er ist da.«
    »Sie wollte nicht zu Bett gehen«, erklärte seine Mutter. Ihre Stimme hatte noch nie so hilflos geklungen. »Wir mußten sie in deine Jacke einwickeln, damit sie aufhörte zu weinen. Ramses. Tu

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