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Ana Veloso

Ana Veloso

Titel: Ana Veloso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Duft der Kaffeeblüte
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der Holzwand und stellte sie auf den kleinen Herd, eine
weitere ihrer Anschaffungen.
    »Ich habe heute Morgen noch gar nichts gegessen
oder getrunken. Meine Knie zittern schon vor lauter Hunger. Willst du auch Rühreier?«
Sie drehte sich kurz zu ihm um, nahm Félix' Nicken zur Kenntnis und widmete
sich dann wieder ihrer Aufgabe, deren Vorrangigkeit sie mit lautem
Metallgeklapper unterstrich.
    Es ärgerte Félix, dass Fernanda die meiste Zeit
mit dem Rücken zu ihm stand und sich so geschäftig gab. Das konnte nur Absicht
sein. Sie wollte ihn bestimmt ein bisschen zappeln lassen, bevor er seine Großtat
in allen Details schilderte.
    »Herrgott noch mal, Félix, steh nicht so
beleidigt in der Gegend rum. Mach dich lieber ein bisschen nützlich. Reiß mal
die Läden und die Tür weit auf – vielleicht weht der Durchzug ja auch die Mücken
weg. Gleich, beim Frühstück, kannst du mir deine Geschichte in aller Ruhe erzählen.«
    Félix trottete zum Fenster, erschlug unterwegs
eine Mücke auf seinem Arm, öffnete die Läden und zuckte bei dem lauten
Quietschen zusammen. Er streckte den Kopf aus dem Fenster und sah genau in
diesem Augenblick zwei Polizisten auf der Straße. Beide schwitzten in ihrer
Uniform und hatten hochrote Köpfe. Sie stapften auf Fernandas Haus zu.
    Félix' Herz hämmerte. Er lief durch den kleinen
Raum, tippte Fernanda auf die Schulter, sah sie mit schreckgeweiteten Augen an
und winkte wie zum Abschied. Er hatte jetzt keine Zeit für ausführliche Erklärungen.
Noch bevor Fernanda fragen konnte, was passiert sei, war Félix durch das
schmale Seitenfenster geschlüpft.
    »Warte! Was ist denn los?«, rief sie. In diesem
Augenblick klopfte es an ihrer Tür.
    Die Männer warteten nicht darauf, hereingebeten
zu werden. »Polizei«, sagte der Größere von beiden. »Hält sich hier ein gewisser
Félix auf?«
    Fernanda musste sich zusammenreißen, um ihrer
Stimme einen neutralen Klang zu geben. »Nein. Ich kenne gar keinen Félix. Aber überzeugen
Sie sich gerne selbst, hier ist niemand außer mir.« Dann, nach einer gut
kalkulierten Pause, fragte sie mit aufgesetzter Altweiberneugier: »Was hat er
denn verbrochen, dieser Félix?«
    Keiner der beiden Polizisten antwortete. Während
der Größere auf den Knien lag, um unter dem Bett nachzusehen, stocherte der
Kleinere mit seinem Schlagstock in den sperrigen Gegenständen herum, die
Fernanda in einer Ecke ihres Hauses verstaute und hinter denen sich in der Tat
jemand verstecken könnte. Mit großem Gepolter fielen die Sachen zu Boden, der
Besen und der Teppichklopfer ebenso wie ein paar Bambusstangen, die ihr als Gerüst
für die Bohnen gedient hatten, die in ihrem Gärtchen kläglich eingegangen
waren. Nur die Leiter blieb stehen.
    Zufrieden mit der Unordnung, die er angestellt
hatte, antwortete der Kleinere schließlich herablassend: »Er ist ein
entlaufener Sklave, siebzehn Jahre alt, stumm. In der Hütte, in der er sich
anscheinend versteckt hält, befindet er sich nicht. Man hat uns darüber
informiert, dass er womöglich hier sein könnte.«
    »Ehrlich, Herr Wachtmeister, ich bin ein anständiges
Mädchen. Sehe ich so aus, als würde ich Umgang mit entflohenen Negern pflegen?«
    »Wir haben deine Stimme gehört. Mit wem hast du
gesprochen?«
    Fernanda ärgerte sich darüber, dass der Mann sie
duzte, zwang sich aber dazu, sich unbedarft und unwissend zu stellen. »Ach,
Herr Wachtmeister, das ist so eine dumme Angewohnheit von mir. Ich sage immer
laut die Lektionen vor mich hin, die ich am nächsten Tag unterrichte. Ich bin nämlich
Lehrerin. Und wissen Sie, diese Art der Vorbereitung hat sich bewährt. Ich
spiele sogar die Fragen durch, die die Kinder mir stellen könnten, und glauben
Sie mir, manchmal sind das so verrückte Fragen, dass es darauf eigentlich gar
keine Antwort gibt, neulich fragt mich doch der kleine Kaique glatt ...«
    Den Rest hörte Félix nicht mehr. Trotz der
Gefahr, in der er sich befand, und obwohl er wusste, dass Fernanda ihm zuliebe
so viel dummes Zeug quasselte, war er ein bisschen enttäuscht, dass er nun
nicht mehr erfuhr, was der kleine Kaique denn gefragt hatte. Es fühlte sich an,
wie wenn er ein Buch an seiner spannendsten Stelle beiseite legen musste, weil
just in diesem Moment jemand an der Tür klopfte. Er hatte sich unter das
Fenster gekauert, durch das er verschwunden war. Weil er befürchtet hatte, dass
man ihn fortlaufen sehen konnte, war er einfach dort geblieben. Starr vor
Angst, heftig atmend und mit feuchten

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