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Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes

Titel: Anastasija 08 - Im Antlitz des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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der Seele zu betäuben. Aber wenn die Seele nicht schmerzt, dann spürt der Mensch sie nicht und tut auch nichts. Und was ist der Mensch, wenn er nichts, spürt und nichts tut? Er ist eine lebende Leiche. Haben Sie jetzt verstanden?«
    »Jetzt haben wir verstanden«, sagte Korotkow. »Sie hatten also den Eindruck, dass Ljubas Seele in irgendeinem Moment zu schmerzen aufgehört hat?«
    »Ja, genau.«
    »Können Sie sich vielleicht erinnern, wann das war? Wenigstens ungefähr.«
    »Ungefähr . . . Vielleicht vor zwei Wochen.«
    »Haben Sie Ljuba nicht darauf angesprochen?«
    »Natürlich habe ich sie darauf angesprochen. Mir ist ja gleich aufgefallen, dass sie nicht mehr dieselbe war. Was ist mit dir, mein Herzblatt, habe ich gefragt. Hat dir jemand etwas Böses angetan?«
    »Und was hat sie geantwortet?«
    »Sie hat nur den Kopf geschüttelt. Ich habe mir selbst etwas Böses angetan, hat sie gesagt. Und da habe ich gleich geahnt, was los war, denn ich habe ja von dieser Geschichte mit der schwarzen Magie gewusst. Hat vielleicht der böse Zauber gewirkt?, habe ich sie gefragt. Und sie hat genickt. Ja, er hat gewirkt, ich danke dir, Alewtina.«
    »Wofür hat sie sich bei Ihnen bedankt?«, fragte Korotkow erstaunt. »Haben Sie ihr bei der Anwendung des bösen Zaubers geholfen?«
    »Gott bewahre!«
    Alewtina wehrte erschrocken ab und bekreuzigte sich.
    »Mit dieser gottlosen Sache hatte ich nie etwas zu tun.«
    »Aber wofür hat Ljuba sich bei Ihnen bedankt?«
    »Für meinen Rat. Von Anfang an wollte sie von mir wissen, ob ich jemanden kenne, der die schwarze Kunst beherrscht. Aber ich habe ihr gesagt, dass man keinen bösen Zauber gegen die Feindin anwenden darf. Wenn die Seele schmerzt, muss man die bösen Geister aus sich selbst austreiben. Und ich habe ihr gesagt, zu wem sie gehen soll, um ihre Seele zu heilen.«
    »Und zu wem haben Sie sie geschickt?«
    »Zu Pawel natürlich, zu wem denn sonst! Für die andern lege ich meine Hand nicht ins Feuer, aber Pawel ist ein gottgefälliger Mensch.«
    »Hat Pawel auch einen Familiennamen und eine Adresse?«
    Alewtina presste erneut ihre dünnen Lippen zusammen, aber dann gab sie die Adresse doch preis.
    »Lassen Sie uns noch einmal über Ljuba sprechen«, bat Lesnikow. »Sie haben gesagt, dass Sie Ljuba zu dem gottgefälligen Pawel geschickt haben, der ihr die bösen Geister austreiben sollte, damit sie aufhört, ihre Feindin zu hassen. Ist das richtig?«
    »Ja, mein Lieber, genauso war es.«
    »Und dann, vor etwa zwei Wochen, haben Sie bemerkt, dass Ljuba wesentlich ruhiger geworden war, und Sie haben angenommen, dass Pawel ihr geholfen hat. Ljuba hat das selbst bestätigt. Habe ich das richtig verstanden?«
    »Genauso habe ich es dir gesagt.«
    »Warum sind Sie dann zu dem Schluss gekommen, dass Ljubas Seele gestorben ist? Wenn der gottgefällige Pawel ihr geholfen und ihre Seele geheilt hat, dann musste es ihr doch besser gehen und nicht schlechter. Aber Sie haben gesagt, dass es plötzlich ganz schlecht mit ihr geworden war, dass sie sich fast in eine lebende Leiche verwandelt hatte. Wie ist das zu verstehen?«
    »Wenn ich etwas nicht weiß, dann weiß ich es nicht.« Alewtina wurde wieder düster und verschloss sich. »Ich habe dir erzählt, wie es gewesen ist und was ich mit eigenen Augen gesehen habe. Für Pawel bin ich nicht verantwortlich. Wer weiß, was er ihr eingeredet hat . . .«
    Nachdem die Kripobeamten den Friedhof verlassen hatten, gingen sie eine Weile stumm nebeneinander her. Dann bogen sie in eine Gasse ein und betraten ein kleines, halbdunkles Cafe. Sie holten sich einen Hamburger und einen Becher mit dünnem, geschmacklosem Kaffee an der Theke und setzten sich in eine Ecke des halb leeren Lokals.
    »Was hältst du von der Alten?«, fragte Korotkow, während er in den heißen, überpfefferten Hamburger biss.
    »Natürlich lügt sie«, erwiderte Lesnikow schulterzuckend.
    »Bist du dir sicher?«
    »Das sieht man doch. Sie ist wahrscheinlich eine bezahlte Kupplerin, die unglückliche Frauen an diese Scharlatane vermittelt. Das alles ist so eingefädelt, dass praktisch nichts schief gehen kann. Woher sollten nach jahrzehntelanger atheistischer Erziehung plötzlich gläubige Menschen kommen? Zu siebzig, wenn nicht zu achtzig Prozent handelt es sich dabei um Frauen, die mit ihren persönlichen Problemen nicht fertig werden und nur deshalb in die Kirche gehen. Ich meine natürlich nicht die tief gläubigen alten Mütterchen, ich spreche von Frauen zwischen

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