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anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
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einen Mann in einem anderen Leben, der mit anderen Männern, wie er selbst einer war, in einer Reihe in einer kahlen grauen Landschaft stand, welche von Stacheldraht eingezäunt war. Ausgezehrte Menschen, in Lumpen gekleidet, schlurften zu ihnen hoch und spien ihnen auf die Kleidung. Der Gestank von totem Fleisch und von verbrennendem Fleisch hing in der Luft. Dann war die Vision verschwunden, und Klein Eddie stand vor ihm, umgeben von Schichten strahlenden Lichts.
    Harry schnitt eine Grimasse oder grinste, er konnte es selbst nicht sagen, und trieb den langen Stachel tief in Eddies Magen.
    Eddie gab ein leises uuh von sich.
    »Du spürst nichts, Eddie«, flüsterte Harry. »Du fühlst dich rundherum wohl. In deinem ganzen Leben hast du dich nie besser gefühlt.«
    »Ich habe mich nie besser gefühlt.«
    Harry zog die Nadel langsam heraus und säuberte sie mit den Fingern.
    Er konnte sich plötzlich an jede Einzelheit erinnern, die ihm jemals jemand über Tommy Golz erzählt hatte.
    »Jetzt wirst du ein komisches Spiel spielen«, sagte er. »Dieses Spiel heißt Tommy Golz, weil es dich vor Mrs. Franken beschützen wird. Bist du bereit?« Harry verbarg die Nadel sorgfältig unter dem Hemdkragen, während er Eddies blutüberströmte, eingesunkene Gestalt ununterbrochen ansah. Vibrierende Lichtbänder pulsierten rhythmisch und konstant um Eddies Gesicht.
    »Bereit«, sagte Eddie.
    »Ich werde dir jetzt deine Anweisungen geben, Klein Eddie. Wenn du genau auf alles achtest, was ich dir sage, wird alles gut werden. Alles wird gut werden - wenn du das Spiel ganz genau so spielst, wie ich es dir sage. Du hast verstanden, nicht?«
    »Ich habe verstanden.«
    »Sag mir, was ich gerade gesagt habe.«
    »Alles wird gut werden, wenn ich das Spiel genau so spiele, wie du es mir sagst.« Ein großer Blutstropfen löste sich von Eddies Braue und fiel auf das bereits blutüberströmte T-Shirt.
    »Gut, Eddie. Nun, als erstes wirst du hinfallen - noch nicht, erst dann, wenn ich es dir sage. Ich werde dir alle Instruktionen geben, und dann werde ich von zehn rückwärts zählen, und wenn ich bei eins angelangt bin, wirst du anfangen, das Spiel zu spielen. Okay?«
    »Okay.«
    »Als erstes fällst du also, Eddie. Und du fällst ziemlich heftig. Und dann kommt der komische Teil des Spiels. Du schlägst den Kopf auf den Boden. Du fängst an, verrückt zu werden. Du windest dich und hämmerst mit Händen und Füßen auf den Boden. Das machst du lange Zeit. Ich denke, du machst es, bis du bis hundert gezählt hast. Du hast Schaum vor dem Mund, und du windest dich überall. Du wirst ganz steif, und dann wieder locker, und ganz steif, und dann wieder locker, und die ganze Zeit schlägst du Hände, Kopf und Füße auf den Boden, und du windest dich überall. Und nachdem du im Kopf bis hundert gezählt hast, tust du das letzte. Du verschluckst deine Zunge. Und das ist das Spiel. Wenn du deine Zunge verschluckt hast, bist du der Sieger. Und dann kann dir nichts Schlimmes mehr passieren, und Mrs. Franken wird dir nie, niemals weh tun können.«
    Harry hörte auf zu reden. Seine Hände zitterten. Nach einigen Augenblicken stellte er fest, daß auch sein Innerstes zitterte. Er führte die zitternden Finger zum Kragen und berührte die Hutnadel.
    »Sag mir, wie du das Spiel gewinnen wirst, Eddie. Was wirst du als letztes tun?«
    »Ich schlucke meine Zunge.«
    »Richtig. Und dann werden Mrs. Franken und Mom dir nicht mehr weh tun können, weil du das Spiel gewonnen hast.«
    »Gut«, sagte Klein Eddie. Das glitzernde Licht umspielte ihn.
    »Okay, wir fangen jetzt gleich an zu spielen«, sagte Harry. »Zehn.« Er ging zur Treppe. »Neun.« Er erreichte die Stufen. »Acht.«
    Er ging eine Stufe hinunter. »Sieben.« Harry ging zwei weitere Stufen hinab. »Sechs.« Als er zwei weitere Stufen hinuntergegangen war, rief er mit etwas lauterer Stimme: »Fünf.«
    Nun war sein Kopf unterhalb der Ebene des Dachbodens, und er konnte Klein Eddie nicht mehr sehen. Er konnte nur noch das leise, gelegentliche Tropfen hören, wenn Flüssigkeit auf den Boden fiel.
    »Vier.«
    »Drei.«
    »Zwei.« Nun war er an der Tür zur Treppe. Harry öffnete die Tür, trat hindurch, atmete schwer und rief »Eins!« die Treppe hinauf.
    Er hörte den Aufschlag, dann schloß er rasch die Tür hinter sich.
    Harry ging über den Flur und in den ›Schlafsaal‹. Im Flur herrschte eine seltsame Abwesenheit von Licht. Einen Augenblick sah er - war ganz sicher, daß er es sah - eine Reihe

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