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Angel 01 - Die Engel

Angel 01 - Die Engel

Titel: Angel 01 - Die Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Kilworth
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sein Atem könnte die zarte Flamme auspusten, die am Mantel des Dämons züngelte.
    » Immer noch Benzin an dir, Freundchen?«
    Während er sprach, drückte der Detective sechsmal ab. Er verteilte die Schüsse sorgfältig über den Oberkörper des Dämons. Als die Flaschen in seinen Taschen platzten, huschte ein Ausdruck gequälter Überraschung über Nethrus Gesicht.
    Dann verwandelte er sich in eine riesige Feuerblume, die fast bis zum Dach der Kathedrale hinaufreichte.
    Die Hitze der Flammen trieb Vanessa zurück Richtung Fenster, doch sie hörte das knisternde, zischende Geräusch und roch den Gestank von brennendem Fleisch. Ein hoher, ferner Schrei setzte ein. Er schien aus einer anderen Welt zu kommen. Es war der Schrei eines Tieres, das unerträgliche Schmerzen litt. Es war der Schrei einer sterbenden Kreatur, der sich die Haut vom Leib schälte. Er war laut und schrill genug, um Trommelfelle platzen zu lassen. Es war der Schrei einer Feuerzunge, einer Kehle, deren Fleisch brannte, einer Lunge, die in der Hitze kochte.
    Die Wucht der Schüsse, die seine Brust trafen, hatte den Dämon zurückgetrieben, so dass er nun in den Ständer mit den Votivkerzen fiel. Dort brannte er weiter wie eine Wachsfigur, zuckte und kämpfte gegen unsichtbare Qualen. Er wurde von heiligem Feuer verzehrt, von den heiligen Kerzen der Gläubigen, und sein Fleisch brannte lichterloh. Sein verbliebenes schwarzes Auge warf Vanessa einen durchdringenden, wütenden Blick zu, bevor es in der Hitze des Infernos schmolz. Er stolperte auf sie zu und streckte seine schwarzen, qualmenden Finger nach ihr aus. Vanessa wich ihm aus und sah zu, wie er brennend umhertorkelte.
    Dann rannte er los, wobei er noch immer diese schrillen, gequälten Töne ausstieß. Irgendwie schaffte er es zum Eingang der Kathedrale und stolperte durch die Tür nach draußen.
    Für einen Moment erleuchtete er die Nacht, bevor sie ihn verschluckte.
    Vanessa rannte hinaus. Dort sah sie den Dämon, der, immer noch brennend, voller Hast an einem der Kirchtürme hinaufkletterte. Er war eine lodernde Fackel, kroch blind über die Steine, fand wie durch ein Wunder immer wieder Halt für seine Finger und Zehen. Es war so, als versuche er auf einer Leiter den Himmel zu erreichen, den Ort, den er immer noch für sein rechtmäßiges Heim hielt. An der Spitze des Turms gab es kein Weiterkommen mehr für ihn, also klammerte er sich an das Metallkreuz, das den Turm krönte, das aber durch sein Gewicht aus seiner Verankerung gerissen wurde.
    Einen Moment lang schien er in der Luft zu hängen, nur seine Füße berührten noch die Turmspitze.
    Dann fiel er zur Erde, und der Luftstrom um seinen Körper fachte die Flammen an, so dass sie sich weit um ihn ausbreiteten wie flatternde Laken. Sie streckten sich wie rote Flügel an seinen Seiten aus. Diese stürzende Gestalt mit den Feuerflügeln war ein gleichzeitig schöner und grauenhafter Anblick.
    Für ein paar Sekunden war Nethru der leuchtende Buchstabe eines uralten Schriftstücks.
    Vanessa sah zu, wie er auf dem Boden aufschlug, dann ging sie hinein, um den Männern zu helfen.
    Dave erklärte ihr, dass der Schmerz in seinem gebrochenen Arm nur minimal schlimmer sei als der in seiner gebrochenen Nase. Vanessa half ihm auf die Füße. Danny hatte es geschafft, sich aufzusetzen, und hielt sich die Schulter, die schlimm aussah. Er versuchte zu grinsen, doch es verzerrte sich zu einer Grimasse.
    Zu dritt humpelten sie in die Nacht hinaus und sahen sich um. Sie suchten nach den Überresten des gefallenen Engels.
    Nethrus verkohlter Körper war nicht weit entfernt.
    Er lag auf einem Grabstein, verdreht, zusammengekrümmt und rauchend, wie etwas, das in flüssige Lava getaucht worden war. Über ihm ragte auf dem Grabstein eine klassische Engelsstatue auf: ein wunderschönes, frauenhaftes Wesen mit großen, ausgebreiteten Flügeln. Ihr Kopf war leicht geneigt, und sie hatte die Arme elegant über den Kopf gehoben, wo sie die Form einer Tulpenblüte bildeten. Ihr Gesicht war zwar schön, aber ausdruckslos.
    Sie blickte mit mitleidlosen Augen auf den Haufen Asche herab: steinern statt mitfühlend.

Zweiter Teil
    Erzengel

» Denn er weiß, ein schrecklicher Feind
folgt dicht auf seine Schritte.«
    Coleridge, Die Ballade vom alten Seemann

Prolog
    N eun Uhr morgens, Sonntag vor Aschermittwoch im Jahre des Herrn 2002, New York.
    Bischof Cates hatte eine sehr menschliche Schwäche: Er hatte Angst davor zu sterben. Tot zu sein beunruhigte ihn nicht

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