Angel 01 - Die Engel
hatte.
Endlich kam Samantha zurück, küsste ihn auf die Wange und sagte: » Gute Nacht, Paps.«
» Für dich immer noch Vater.«
» Gute Nacht, Dad.« Sie grinste.
Skip tappte hoffnungsvoll hinter ihr her, wurde vom Priester aber ins Wohnzimmer zurückgerufen.
» Keine Hundehaare in den Betten, vielen Dank«, sagte er streng zu dem Tier.
Skip tappte brav zurück zu seinem warmen Platz auf der Matte neben dem Sessel, so als würde er das Problem genau verstehen.
Sobald er der Meinung war, die Kinder würden schlafen, machte sich der Priester an den Abwasch.
Als das erledigt war, fiel ihm auf, dass die Spüle ziemlich schmutzig war. Er holte das Putzmittel aus dem Schrank und begann, sie sauberzumachen. Als er es halb geschafft hatte, meinte er draußen ein Geräusch zu hören, also trat er ans Küchenfenster und schaute in den Garten hinaus.
Das Haus befand sich in einer sehr ruhigen Gegend, und auch wenn hin und wieder mal ein Betrunkener herumlief und für ein wenig Unruhe sorgte, gab es ansonsten eigentlich nichts, was die Nachbarschaft erschüttert hätte. Natürlich bestand immer die Gefahr von Einbrechern, und genau daran dachte der Priester auch, als er in die Dunkelheit hinaussah. Neulich hatte er schon überlegt, ob er einen Bewegungsmelder installieren sollte, hatte dann aber befürchtet, dass Katzen und Füchse ihn ständig auslösen und dadurch seine Frau beunruhigen könnten.
Da er draußen nichts entdeckte, kehrte der Priester zur Spüle zurück. Während er weiterschrubbte, musste er plötzlich an Serienmörder denken. Mussten die jemals abwaschen und die Spüle putzen? Machten sich zum Beispiel Terroristen Gedanken darum, ob ihre Krawatte schief saß oder ihre Schuhe sauber waren? All diese kleinen Alltäglichkeiten, um die sich normale Menschen, Menschen, die nie etwas getan hatten, das die Menschheit erschütterte, automatisch kümmerten: Beschäftigen sich die Mörder und Vergewaltiger dieser Welt ebenfalls damit? Kümmerten sie sich darum, ob sie die passenden Farbkombinationen trugen, dass am Wochenende der Rasen gemäht oder das Auto gründlich gewaschen wurde, dass ihre Lieblingsbücher keine Fettflecken bekamen oder dass ihnen kein Fauxpas unterlief? Dachten sie überhaupt jemals an irgendetwas außer Essen, Trinken und Töten?
Das lag außerhalb seines Horizonts, aber der Priester konnte sich einfach nicht vorstellen, dass jemand sich Gedanken um seinen Haarschnitt machen und gleichzeitig den nächsten Mord planen konnte. So wie er einerseits überlegte, ob er für die Messe am Sonntag noch ein sauberes Chorgewand hatte und gleichzeitig plante, womit er sich in seiner nächsten Predigt beschäftigen würde. Für ihn beschäftigten sich Mörder immer nur mit zwei Themen: den Morden, die sie schon begangen hatten, und den Morden, die sie noch begehen würden.
Draußen war ein kratzendes Geräusch zu hören, als würde jemand auf das Dach klettern.
Sein Puls raste, als der Priester die Hintertür öffnete und in den Garten ging. Seiner Frau sagte er immer, sie solle die Polizei rufen, wenn ihr irgendetwas verdächtig vorkam, aber jetzt hielt er sich nicht an seinen eigenen Rat, da er Angst hatte, sich lächerlich zu machen. Er schlich bis zum äußersten Rand des Gartens und schaute dann nach oben.
Er sah das Nachtlicht der Jungs, das durch einen winzigen Spalt im Vorhang hindurchschimmerte. Er suchte die V-förmigen Vertiefungen im Dach ab, um zu sehen, ob da oben vielleicht eine Katze unterwegs war. Aber die Nacht war ziemlich dunkel, und obwohl die Sterne zu sehen waren, gab es keinen Mond. Er überlegte kurz, ob er hineingehen und sich eine Taschenlampe holen sollte, damit er das Dach anleuchten und sich Gewissheit verschaffen konnte, doch dann entschied er, dass das albern wäre. Wahrscheinlich war es nur eine Taube oder sonst ein Vogel gewesen, der längst weg war.
Als er wieder reinging, beschloss der Priester, den Hund in den Garten zu lassen. Er war kein schlechter Wachhund, obwohl er auch Katzen und andere Hunde verbellte, was ihn draußen ziemlich nutzlos machte.
Zunächst bellte Skip freudig, weil er rausdurfte, aber nach einer Weile knurrte und fiepte er nur noch ein bisschen, als wollte er sich über diese Behandlung beschweren.
Der Priester verschloss die Hintertür und ging in sein Arbeitszimmer, um das Manuskript fertigzustellen, das er früher am Abend begonnen hatte. Es behandelte die Sonntagsgebete für einen erfolgreichen Ausgang des Treffens, das zurzeit in
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