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Angel 01 - Die Engel

Angel 01 - Die Engel

Titel: Angel 01 - Die Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Kilworth
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vor, da er wusste, dass der Fluss zu dieser Zeit eigentlich Niedrigwasser führen sollte.
    Lloyd schloss sich den anderen an und ging auf die Straße hinaus.
    Es war sehr, sehr kalt.
    Schon während er zitternd und beschämt, weil er nur Unterwäsche trug, weiterging, fragte er sich immer wieder: Was tue ich hier eigentlich? Wohin gehe ich? Aber der Gedanke, nicht weiterzugehen oder umzukehren, kam ihm nicht. Er musste einfach gehen.
    Die Straßen der Innenstadt waren voller Menschen. Sie liefen nicht alle in dieselbe Richtung, doch sie verließen alle ein bestimmtes Gebiet. Als wäre eine Sirene losgegangen – ein Flieger- oder Überschwemmungsalarm. Die Innenstadt von London würde durch irgendetwas verwüstet werden und alle mussten sich retten, in eine sichere Zone außerhalb.
    Sie gingen an Gassen vorbei, durch Torbogen, durch enge Sträßchen, und alles schweigend. Es war ein Exodus, aber niemand wusste, wovor sie eigentlich flohen.
    Vielleicht, dachte Lloyd, ist der Jüngste Tag endlich gekommen, und auf den Friedhöfen von London tanzen die Toten.
    Als er ungefähr fünfhundert Meter von seinem Haus entfernt war, drehte er sich wie viele andere um und schaute zurück.
    » Da«, schrie jemand und zeigte in den Himmel.
    Lloyd starrte hinauf.
    Eine Sternschnuppe oder ein Meteor schien auf die Stadt zuzurasen. Instinktiv wich Lloyd einen Schritt zurück und trat dabei jemandem auf den Fuß. Schnell drehte er sich um und wollte sich bei dem jungen Mann im Tweed-Bademantel entschuldigen. Er hätte sich keine Gedanken machen müssen. Der Mann war zu sehr auf den Himmel konzentriert, als dass er sich um diesen leichten Schmerz gekümmert hätte. Lloyd wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Meteoriten zu, der allem Anschein nach sein Haus zerstören würde.
    Je näher es der Erde kam, umso heller und strahlender wurde das Licht. Die meisten Leute mussten den Blick abwenden, aber Lloyd trug eine Brille mit phototropen Gläsern, die sich in dem grellen Licht verdunkelten. Er konnte den Meteor bis kurz vor dem Aufprall beobachten.
    Während er ihn musterte, hätte Lloyd schwören können, im Inneren des Lichtballs eine Gestalt zu sehen. Nicht nur die verschwommene Form eines Stein- oder Mineralklumpens, sondern eine richtige Gestalt, mit Armen, Beinen, Torso und Kopf, doch sicher war er nicht. Dann schlug das Ding auf der Erde auf, es folgte der Knall einer Explosion, und der Stadtkern ging in Flammen auf. Schließlich war das Licht so hell, dass selbst Lloyd sich abwenden und Richtung Holborn auf die funkelnden Fensterscheiben schauen musste. Ihm war nicht mehr kalt. Die Hitze des Feuers in seinem Rücken war überwältigend.
    » Habt ihr das gesehen?«, schrie der Mann neben ihm überflüssigerweise. » Habt ihr das gesehen?«
    Eine Frau, die neben dem jungen Mann im Bademantel stand, flüsterte: » Wundervoll.«
    Lloyd wirbelte herum, um sie anzusehen. Im Licht des gefallenen Sterns konnte Lloyd sehen, dass sie unglaublich gut aussah, und Lloyd hielt sich für einen unvoreingenommenen Gutachter, wenn es um weibliche Schönheit ging. Sie war atemberaubend: eine Statue aus schwarzem Opal. Sein Neffe Holden, ein Fotograf, hätte sich ein Bein ausgerissen, um so ein Model vor die Linse zu bekommen. Sehr selten. Im Gegensatz zu den anderen war diese Frau vollständig angezogen, wenn auch ohne Mantel. Sie trug ein schlichtes weißes Kleid, das die zarte Struktur ihrer dunklen Haut betonte. Das Haar fiel ihr wie ein schwarzer Wasserfall über die nackten Schultern. Sicher war sie eine äthiopische Prinzessin oder eine nubische Tempeljungfrau.
    » Wie bitte?«, fragte Lloyd.
    » Ist das nicht wundervoll?«, rief sie und richtete ihre strahlenden braunen Augen auf ihn. » Ist das nicht atemberaubend?«
    » Na ja, ich würde eher Worte wie spektakulär oder beeindruckend verwenden – etwas, das nicht ganz so enthusiastisch klingt. Immerhin ist das Ding auf meinem Haus gelandet. All meine kleinen Schätze befinden sich in meiner Wohnung. Die sind inzwischen wahrscheinlich schon zu Asche zerfallen.«
    » Oh, Sie dürfen sich nicht an so weltliche Dinge klammern. Die lassen sich leicht ersetzen. Sie durften gerade eine Erfahrung machen, um die sie alle beneiden werden, die nicht Zeuge dieses Ereignisses geworden sind.«
    » Und Edelleut’ in Knightsbridge, jetzt im Bett, verfluchen einst, dass sie nicht hier gewesen«, paraphrasierte Lloyd.
    » Ja, ich denke schon«, sagte die Frau ernst, ohne den Witz zu verstehen.
    » Es war

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