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Angelique Der Gefangene von Notre Dame

Titel: Angelique Der Gefangene von Notre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Golon Anne
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Schmerz zu beherrschen, der in ihr brannte. Das Kind bewegte sich in ihrem Leib. Als Joffrey gesungen hatte, hatte es einen wahren Satz gemacht, sodass sie vor Schmerz beinahe aufgeschrien hätte.
    Das Geschrei der Menge drang gedämpft zu ihr herein. Ein paar Minuten noch hielt sich der Tumult, dann ebbte er allmählich ab.
    Ich muss gehen, ich muss zur Place de Grève, sagte sich Angélique. Und sie verließ das friedliche Heiligtum.
    An der Stelle, wo Bécher den Grafen de Peyrac geschlagen hatte, prügelten sich auf dem Vorplatz eine Gruppe von Männern und Frauen.
    Â»Ich habe ihn, ich habe den Zahn des Hexers«, schrie einer von ihnen.
    Er lief davon, während die anderen sich an seine Verfolgung machten. Eine Frau schwenkte einen weißen Stofffetzen.
    Â 
    Â»Ich konnte ein Stück von seinem Hemd abschneiden. Wer will ein Stück davon? Das bringt Glück.«
    Angélique rannte. Auf der anderen Seite des Pont Notre-Dame holte sie die Menge ein, die dem Karren folgte. Aber in der Rue de la Vannerie und der Rue de la Coutellerie geriet der Zug ins Stocken, und es wurde beinahe unmöglich, vorwärtszukommen. Angélique flehte, man solle sie durchlassen. Niemand hörte auf sie. Die Menschen wirkten wie in Trance. Unter den wärmenden Sonnenstrahlen rutschte der Schnee von den Dächern und fiel auf Köpfe und Schultern. Aber niemand achtete darauf.

    Endlich erreichte Angélique den Platz. Gleichzeitig sah sie, wie auf dem Scheiterhaufen eine riesige Flamme aufloderte. Sie riss die Arme hoch und hörte sich wie von Sinnen schreien: »Er brennt! Er brennt...!«
    In wilder Hast bahnte sie sich einen Weg zur Hinrichtungsstätte. Die Hitze des Feuers schlug ihr ins Gesicht. Der Wind fachte die grollenden Flammen zusätzlich an.
    Ein Knistern wie von einem Gewitter oder Hagelschauer erhob sich. Wer waren diese menschlichen Gestalten, die sich im gelben, mit dem Sonnenlicht verschmelzenden Feuerschein bewegten? Wer war der rot gekleidete Mann, der um den Scheiterhaufen herumging und seine brennende Fackel tief in die untersten Reisigbündel stieß?
    Wer war der Mann in der schwarzen Soutane, der sich mit angesengten Augenbrauen an die Leiter klammerte, ein Kruzifix in der ausgestreckten Hand hielt und unentwegt »Hoffnung! Hoffnung!« schrie?
    Â 
    Wer war der Mann inmitten der lodernden Flammen? O Gott! Konnte es in diesen lodernden Flammen überhaupt einen lebenden Menschen geben? Nein, dieser Mann lebte nicht mehr, der Henker hatte ihn erdrosselt!
    Â»Hört ihr, wie er schreit?«, fragten die Menschen ringsum.
    Â»Aber nein, er schreit nicht, er ist tot«, antwortete Angélique verstört.
    Trotzdem hielt sie sich die Ohren zu, denn aus dem feurigen Vorhang heraus vermeinte sie gellende Schreie zu hören.
    Â»Wie er schreit! Wie er schreit!«, riefen die Umstehenden.
    Â»Warum hat man ihm eine Kapuze übergezogen?«, beschwerten sich andere. »Wir wollen sehen, wie er Grimassen schneidet!«
    Ein wirbelnder Windstoß riss einen Schwarm weißer Blätter aus den Flammen, und ihre Asche verteilte sich über die Köpfe.
    Â»Das sind seine teuflischen Bücher, die mit ihm verbrannt werden …«
    Plötzlich drückte der Wind die Flammen nieder. Für einen kurzen Moment sah Angélique die aufgehäuften Bücher aus der Bibliothek vom Palast der Fröhlichen Wissenschaft, dann den Pfahl, an den eine schwarze, reglose Gestalt gebunden war, deren Kopf unter einer dunklen Kapuze steckte.
    Â 
    Sie verlor die Besinnung.

Kapitel 20
    A ls Angélique wieder zu sich kam, befand sie sich im Laden des Metzgers an der Place de Grève.
    Oh, das tut so weh, dachte sie, als sie sich aufrichtete.
    War sie etwa blind geworden? Warum war es so dunkel?
    Â 
    Eine Frau beugte sich mit einem Leuchter in der Hand über sie.
    Â»Endlich geht es Euch wieder besser, Kleines! Ich hatte schon Sorge, Ihr wärt vielleicht gestorben. Ein Arzt war hier und hat Euch zur Ader gelassen. Aber wenn Ihr meine Meinung hören wollt, ich glaube eher, Ihr seid in Kindsnöten.«
    Â»Oh, nein«, entgegnete Angélique und legte eine Hand auf ihren Bauch. »Mein Kind soll erst in drei Wochen kommen. Warum ist es hier so dunkel?«
    Â»Na, weil es schon spät ist. Gerade wurde zum Angelus geläutet.«
    Â»Und der Scheiterhaufen?«
    Â»Es ist vorbei«, sagte die Metzgersfrau mit gedämpfter Stimme. »Aber

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