Angst sei dein Begleiter: Thriller (German Edition)
prasselten nieder. Bevor sie ihr Fahrzeug erreicht hatten, holte Reuben sie ein.
»Wie ich hörte, handelt es sich um ein totes Mädchen, das im Stil der zwanziger Jahre gekleidet ist«, sagte er. »Können Sie das bestätigen?«
»Kein Kommentar«, antwortete Tyler.
»Ich habe gehört, sie trug ein Fransenkleid und ist erwürgt worden.« Reubens kurze Beine schafften es kaum, mit Jennifers und Tylers energischen Schritten mitzuhalten. »Besteht ein Zusammenhang zwischen diesem Opfer und dem Mädchen, das letzte Woche in einem Brautkleid gefunden wurde?«
»Kein Kommentar, habe ich gesagt«, schnauzte Tyler. »Morgen früh wird eine Pressemitteilung herausgegeben.«
Er stieg in seinen Wagen und knallte die Tür zu, während Reuben noch weiterquasselte. Als Jennifer eingestiegen war, startete er den Motor und war froh, dass das Klappern eines Ventils Reubens nervende Fistelstimme übertönte.
»Ich hatte gehofft, dass niemand eine Verbindung zwischen unserem Flapper-Opfer und der Braut sehen würde«, sagte er, als er den Parkplatz verließ und den Weg zum Polizeirevier einschlug.
»Vielleicht gibt es gar keine Verbindung«, erwiderte Jennifer, doch ihrem Tonfall entnahm er, dass sie selbst nicht daran glaubte.
»Wenn Reporter anfangen, Storys über Morde zu schreiben, die miteinander in Zusammenhang stehen, wird die Bevölkerung unruhig.« Tyler furchte die Stirn und umfasste das Steuer fester, als der auffrischende Wind an dem Wagen rüttelte.
»Den Chef macht so etwas nervös«, bemerkte Jennifer.
»Zum Teufel, ich bin im Moment auch ganz schön nervös.« Über ihnen krachte ein Donner. Noch am Fundort der Leiche hatten sie erfahren, dass es für die Gegend um Kansas City eine Unwetterwarnung gab.
Tyler störte der bevorstehende Sturm nicht, denn er ahnte bereits, dass der Sturm, der ihnen aufgrund der beiden jüngsten Fälle bevorstand, jeden Tornado wie einen leisen Windhauch aussehen lassen würde.
Annalise ging vor den Fenstern auf und ab und zuckte bei jedem Blitz und bei jedem Donnergrollen zusammen. Eigentlich fürchtete sie sich nicht vor Gewittern, doch wenn auf ihrem Lieblingssender häufiger Unwetterwarnungen als Musik gebracht wurde, machte sie das ein wenig nervös.
Im Frühling und Frühsommer konnte das Wetter in Kansas City wechselhaft sein, und an diesem Abend zeigte sich Mutter Natur besonders ungnädig.
Sie wich vom Fenster zurück, als erneut ein Donner krachte, und setzte sich an den Küchentisch, auf dem eine Tasse Tee langsam kalt wurde. Auf dem Tresen stand ihr kleiner, tragbarer Fernseher, den sie eingeschaltet hatte.
Es war einer dieser Abende, an denen sie sich wünschte, nicht allein zu wohnen, an denen sie sich jemanden zum Reden wünschte, der sie von Donner und Blitz ablenkte und von den piepsenden Warntönen, mit denen durchs Fernsehen ein Unwetter angekündigt wurde.
Langsam trank sie ihren Tee, wohl wissend, dass sie erst zu Bett gehen würde, wenn es keine Warnungen mehr gab.
Charlie hatte am Nachmittag angerufen und mit seiner übersprudelnden Energie die Monotonie des Tages durchbrochen. Das Telefon hatte beinahe vibriert, und wieder einmal empfand sie Bedauern darüber, dass sie der Familie ihres Vaters so lange den Rücken gekehrt hatte.
Beim Auflegen hatte sie beschlossen, sich demnächst einen Sonnabend für Charlie freizunehmen, an dem er bei ihr übernachten durfte. Aber nicht den kommenden Sonnabend, denn diesen Tag wollte sie mit Tyler verbringen. Der Gedanke an Tyler bannte wenigstens vorübergehend ihre Angst vor dem Unwetter.
Sie konnte sich nicht erinnern, bei Allen jemals so aufgeregt gewesen zu sein. Nein, kein Mann hatte je zuvor in ihrem Leben eine so köstliche Vorfreude in ihr ausgelöst.
Allerdings verstand sie nicht, warum sie immer wieder diese Momente völlig irrationaler Angst erlebte – ein Zeichen drohenden Unheils?
Auch an diesem Nachmittag hatte sie wieder dieses Gefühl beschlichen, als sie durch den Park zu Joey’s Restaurant zum Essen gegangen war. Es war ein unangenehmes Kribbeln am Rücken, das intensive Gefühl, heimlich beobachtet zu werden. Diese vage Empfindung bewirkte, dass sie die Luft anhielt, als befürchtete sie, dass eine Katastrophe über sie hereinbrechen würde.
Vielleicht war es nur eine Reaktion auf den veränderten Luftdruck wegen des Unwetters, überlegte sie. Vielleicht litt sie aber auch unter einer merkwürdigen Form von prämenstruellem Syndrom.
Sie trank ihren Tee aus und erhob sich vom Tisch. Vor
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