Angst über London
kippte ihn kurzerhand um. Scheiben barsten, ich hörte das Splittern, winkelte die Arme an, um meinen Kopf zu schützen und wurde abermals durchgeschüttelt. Danach schien eine unsichtbare Faust den Wagen zu packen. Sie schleuderte ihn gegen einen anderen. Das Krachen schmerzte in meinen Ohren. Blech riss entzwei, ich vernahm das schrille Kreischen, hörte das Knirschen und sah plötzlich den Widerschein von Flammen in meiner Nähe.
Nur nicht bewusstlos werden! schrie es in mir. Um Himmels willen, nein.
Der Wunsch wurde mir nicht erfüllt.
Noch einen Schlag musste der Bentley aushalten. Er schaffte es, ich nicht. Etwas knallte gegen meinen Kopf, Sterne blitzten auf, und um mich herum wurde es dunkel…
***
Ich war mit Sicherheit nicht lange benommen, denn als ich wieder klar denken konnte, sah ich noch immer den Widerschein des Feuers und hörte auch weitere Explosionen. Meine rechte Kopfseite schmerzte arg.
Ich hob ein wenig den Arm und tastete.
Meine Fingerspitzen fühlten das klebrige Blut. Irgendein hartes Teil hatte mich dort getroffen, doch mehr war mir nicht passiert. Zum Glück hatte ich mich verkrochen, denn wäre ich sitzen geblieben, hätte ich es wahrscheinlich nicht überlebt. Der Fahrersitz war völlig zerfetzt, ein schwelendes Blechteil hatte ihn aufgerissen und auch die Polsterung des Fonds zerstört.
Wenn mich das Ding getroffen hätte, wäre ich wahrscheinlich jetzt im Himmel.
Der Wagen lag auf der Seite. Ich musste raus, denn jetzt wurde der Bentley für mich zu einer Falle. Nicht umsonst warnte mich das Feuer.
Wenn es sich weiter ausbreitete und auch meinen Wagen erfasste, würde der Bentley in die Luft fliegen, da der Tank noch relativ voll war.
Zum Glück hatte sich die Tür nicht verklemmt.
Ich richtete mich keuchend auf die Knie, wand mich unter dem Lenkrad hinweg, streckte die Arme aus, erreichte die Beifahrertür und auch den Hebel.
Die Tür klemmte.
Zweimal versuchte ich es, bekam sie aber nicht auf. Zum Glück besitzt der Wagen vier Türen. Bevor ich mich durch die Scheibe zwängte, wollte ich es erst einmal an der Tür im Fond versuchen.
Ich kletterte über die Lehne des Vordersitzes hinweg und fiel auf die zerfetzte Rückbank. Dort drehte ich mich, erreichte auch die Tür und drückte sie auf.
Mir fiel ein Stein vom Herzen.
Ich kroch aus dem Wagen.
Dabei fiel ich auf die Straße und blieb für einen Moment zwischen meinem Bentley und einem zerstörten Mercedes liegen. Dann richtete ich mich auf. Ich hatte Angst.
Angst vor dem Chaos.
Obwohl ich auf einiges gefasst war, bekam ich einen schweren Schock, als ich über die Dächer der zum größten Teil zerstörten Fahrzeuge schaute.
Es war grauenhaft!
Die abgestürzte Riesenmaschine hatte in einem Umkreis von einigen Meilen ein gewaltiges Trümmerfeld hinterlassen. Häuser waren eingestürzt, Autos zerstört, und im Zentrum von Soho, weiter nördlich, musste es wie nach einem Erdbeben aussehen.
Vermerd schwelten Brände. Ich sah in Flammen stehende Fahrzeuge, und auch jetzt noch flogen einige Wagen in die Luft. Die gewaltigen Explosionen erschütterten die Stille des Todes.
Die Bilder, die sich meinen Augen boten, hatte ich in Katastrophenfilmen gesehen, und nie hätte ich damit gerechnet, dass sie einmal Wirklichkeit würden.
Die City von London war dem Tod geweiht.
Rauch durchzog träge die Luft. Ich bekam nur schlecht Luft. Dann drehte ich mich um und warf einen Blick auf den Bentley.
Er war nur noch Schrott.
Ich wischte mir über die Stirn. Plötzlich kam ich mir ungeheuer allein und verloren vor, wie der letzte Mensch auf der Erde.
Eine nahezu gespenstische Stille hatte sich ausgebreitet. Ich hörte nicht einmal das Schreien der verletzten Menschen. Wahrscheinlich saß der Schock noch zu tief.
Was sollte ich tun?
Ich wusste es nicht. Ich war völlig hilflos, sah auch die Überlebenden, die verzweifelt zwischen den Trümmern ihrer Fahrzeuge umherliefen und die Namen ihrer Freunde oder Verwandten schrien.
Ein Alptraum war Wirklichkeit geworden. Über London lag die Angst wie ein Gespenst. Mir kam es vor, als hätten die anderen, die Feinde, die Festung sturmreif geschossen.
In der Feme hörte ich die Sirenen der Polizei- und Feuerwehrwagen.
Das Jaulen kam jedoch nicht näher, sondern blieb so weit entfernt. Die Fahrzeuge schafften es einfach nicht, den Kordon des Grauens zu durchbrechen. Rauch wehte mir ins Gesicht. Er biss in meinem Hals.
Der Wind trieb brennende Fetzen durch die Luft. Ich schaute
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