Angst vor dem Blutbiss
Beweisen verlangen, und diese konkreten Beweise kann ich Ihnen nicht liefern. Ich muß mich da schon auf die Aussagen verlassen, die mir zu Ohren gekommen sind.«
»Reden Sie.«
»Man hat ihn gesehen. Er ist nicht tot. Er trieb sich in der Nacht am Internat herum, nicht weit vom Zimmer unserer Töchter entfernt, denn die drei verstehen sich so gut, daß sie gemeinsam in einem Zimmer leben. Eines Nachts tauchte er auf, und er drückte sein Gesicht an der Scheibe platt. Hätte nur Susan ihn gesehen, nun ja, dann hätte ich keinen Wirbel gemacht, aber die anderen beiden haben ihn ebenfalls entdeckt, und das bereitet uns Vätern Sorge, vor allen deshalb, weil wir ja wissen, was vor dreißig Jahren geschehen ist. Wir haben es nicht geschafft, so muß man es sagen.«
»Die anderen wissen demnach auch Bescheid.«
»Ja, ich habe meine Freunde informiert und meinen Plan auch absegnen lassen.«
»Plan?« Ich lächelte.
Der Anwalt kriegte einen roten Kopf. »Nun ja, Mr. Sinclair. Sie gestatten mir, daß ich Sie bereits mit in den Plan einbezogen habe. Wenn Sie nicht wollen, was ich auch verstehen kann, wenn Sie sagen, daß dies Hirngespinste sind, die Sie von mir hörten, dann vergessen wir das Ganze am besten, und es bleibt mir dann nur mehr übrig, mich für Ihr Interesse zu bedanken.«
Ich ließ ihn bewußt etwas schmoren, bevor ich antwortete.
»Ich denke, das werde ich nicht.«
»Sie glauben mir also. Mir und den Mädchen?«
»Bis jetzt schon. Zumindest Sie schätze ich als einen Menschen ein, der genau weiß, was er will, und Ihre beiden Freunde denken sicherlich ähnlich.«
»Und ob sie so denken.«
»Gut, ich habe jetzt zugestimmt. Dabei nehme ich an, daß Sie sich auch Gedanken über meinen Einsatz gemacht haben.«
»Stimmt, in der Tat. Sie sind jemand, der mitdenkt. Eine etwas indiskrete Frage habe ich. Sind Sie verheiratet?«
»Das bin ich nicht.«
»Schade.«
»Man kann es sehen, wie man will…«
Er winkte heftig ab. »So allgemein meine ich das nicht, ich sehe es mehr speziell, und ich möchte es Ihnen auch sagen. In den letzten dreißig Jahren hat sich in der Umgebung des Internats einiges verändert – der alte Friedhof und die Höhle sind natürlich geblieben – , aber das ganze Drumherum hat doch ein anderes Gesicht bekommen. Es ist einiges gebaut worden, unter anderem auch kleine Hotels und Ferienhäuser. Dann habe ich mir gedacht, wie man Sie auftreten lassen könnte. Bestimmt nicht als Lehrer in einem Internat, so etwas wird kaum möglich sein und riecht auch zu sehr nach Kino. Ich dachte eher daran, daß Sie sich in einem der neuen Hotels einquartieren, möglicherweise mit einer vorhandenen Ehefrau, was noch weniger auffällig wäre.«
»Da haben Sie recht.«
»Da Sie nicht…«
»Ich werde eine Frau mitnehmen können, Mr. Carrigan. Eine sehr gute Freundin von mir, die zudem noch Privatdetektivin ist und sich auch gegen Vampire zu helfen weiß. Sie und ich wären schon eine gute Mischung, Mr. Carrigan.«
Plötzlich strahlten seine Augen. Die Furcht war aus ihnen verschwunden, wie wegradiert. »Das ist ja super«, sagte er, »das wird auch meine Freunde freuen und unsere Töchter…«
»Warten Sie noch.«
»Wie meinen Sie?«
»Weihen Sie die jungen Damen noch nicht ein. Das könnten Sie uns überlassen.«
»Gern, Mr. Sinclair, wie Sie wollen, schließlich sind Sie der Fachmann.«
»Die Adresse haben Sie sicherlich auch.«
Er nickte heftig. »Die beiden Tickets nach Genf ebenfalls. Dort ist auch ein Wagen für Sie reserviert, und ich habe sicherheitshalber ein Doppelzimmer im Hotel ›Des Alpes‹ bestellt.«
»Toll, gut organisiert.«
»Wenigstens das kann ich, wenn es mir schon nicht gelingt, einen Vampir zu killen.«
»Man muß nicht alles können.«
»Dabei wäre es so wichtig gewesen.«
Ich stand auf und lächelte ihm zu. »Sollte es diesen Vampir tatsächlich geben, woran ich eigentlich nicht zweifele, wird es mir auch gelingen, ihn zu stellen.«
Er schaute mir fest in die Augen. »Wissen Sie was, Mr. Sinclair, ich glaube Ihnen sogar.«
»Das ehrt mich.«
»Unsinn. Sie glauben gar nicht, wie froh ich bin.« Er atmete tief aus.
»Jetzt kann ich meinen Freunden sagen, daß ich etwas unternommen habe. Das tut gut.« Er stand neben mir und hob die Schultern. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich dabei. Er wirkte plötzlich deprimiert.
»Wissen Sie, Mr. Sinclair, ich habe nur die eine Tochter, und ich möchte nicht, daß ihr irgend etwas zustößt. Wenn das sein
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