Angst vor dem Blutbiss
einfach da und wirkten wie in dunkle Ringe hineingedrückt. Susan suchte nach dem Ausdruck, denn sie wollte mehr über einen Hinweis dessen erfahren, was der andere mit ihr vorhatte. Seine Augen verrieten nichts.
Dann spürte sie den Ruck. Der leise Schrei wehte über ihre Lippen, als sie nach hinten kippte und plötzlich auf den Armen des Blutsaugers lag, ähnlich wie eine Braut in den Dracula-Filmen.
Auch Susan war blond, auch Susan trug nur die Kleidung der Nacht. Mit einer schwungvollen Drehung wirbelte der andere herum, und noch aus der Bewegung heraus tat er den ersten Schritt.
Das war der neue Weg!
***
Der Druck verstärkte sich!
Gewaltige Zangen warfen noch gewaltigere Schatten, die sich auf die Träumende senkten. Gehalten wurde die Zange von einer Person im Hintergrund. Sie war nur schwer zu erkennen, denn sie verschmolz mit der Dunkelheit, die ihr monströses Gesicht wie einen metallischen Schatten erscheinen ließ.
Die Zange schnappte zu. Sie drehte sich in den Hals der Schlafenden, und Katja Lagemann erwachte.
Sie schrie, sie brüllte. Zumindest in Gedanken, denn tatsächlich drang nur ein würgendes Geräusch aus ihrem Mund, weil sie einfach das Gefühl hatte, ihr Hals wäre noch immer vollkommen zugeschnürt. Eine fremde Macht hatte etwas darin mit brutaler Wucht hineingestopft und ihr den Atem genommen.
Katja merkte auch, daß ihre Zunge nach hinten gerollt war.
Möglicherweise bekam sie deshalb so schlecht Luft, und es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich mit der Lage abzufinden.
Sie setzte sich hin.
Bei dieser Bewegung rutschte das Laken von ihrem Körper, und zum erstenmal spürte sie den kalten Luftzug, der über die nackten Arme und auch über ihr Gesicht hinwegstreifte.
Kälte?
Der Blick zum Fenster!
Es stand offen, weit offen…
Und das mitten in der Nacht. Es war kaum zu verantworten, es war beinahe unmöglich. So etwas war ihr noch nie zuvor widerfahren, aber jetzt stand es offen, und sie ging auch davon aus, daß es sich nicht von allein geöffnet hatte.
Jemand hatte nachgeholfen.
Der Blick zu den Betten.
Marisa lag auf der Seite. Sie sah ihren Umriß, sie sah aber nicht sehr viel, nichts Genaues, aber sie konnte schon sagen, daß Marisa verkrampft in ihrem Bett lag.
Alpträume – Zangen – Schatten, die ein schlafendes Wesen umklammerten. Gegen die man sich nicht wehren konnte, zumindest nicht, wenn man schlief.
Das nächste Bett. Da lag Susan Carrigan. Nein, da lag sie nicht mehr.
Es war leer.
Katja wollte es nicht glauben. Sie schloß die Augen, sie glaubte an eine Täuschung oder wieder an einen bösen Traum. Das war doch nicht wahr, das mußte einfach anders sein.
Wieder der Blick.
Das Bett war leer.
So verflucht leer!
Und das Fenster stand offen!
Katja brauchte nur zwei Komponenten zu addieren, was sie auch schaffte, wogegen sie sich allerdings wehrte, da sie sich allein so schrecklich verloren vorkam.
Als sie aus dem Bett kletterte, kam sie sich vor wie eine Betrunkene. Sie schwankte durch die halbe Breite des Raumes auf das Bett der Marisa Melli zu und wurde von dessen Seitenkante gestoppt. Katja fiel nach unten. Sie erwischte Marisa an beiden Schultern, als sich das Mädchen gerade auf den Rücken drehen wollte, und diesmal waren ihre Finger wie Klammern, die Marisa gegen die Matratze drückten und sie gleichzeitig auch schüttelten.
»Aufwachen! Los, wach auf!« Die Worte schnellten rauh und flüsternd gegen die Schlafende. Der Ruck der Augen.
Ein Blick voller Angst, der sich in die Augen der Katja Lagemann bohrte.
»Susan ist weg!«
Marisa hatte die drei Worte gehört. Nur war sie nicht in der Lage, sie zu begreifen. In ihrem Kopf lag die Watte eines Tiefschlafs, die sich nur sehr langsam aufzulösen begann.
»Was ist los?«
»Susan ist weg!«
»Wieso?«
»Sie ist nicht mehr da!« keuchte Katja, das sonst so ruhige Mädchen. In diesem Fall hatte es die Nerven verloren. »Verflucht noch mal, sie ist weg, und das Fenster steht offen!«
Da erst hatte Marisa Melli begriffen. Sie schnellte so heftig hoch, daß die Hände der anderen Schülerin von ihren Schultern abrutschten. Marisa setzte sich hin. Katja war zur Seite gezuckt, damit die andere ihr ins Gesicht sehen konnte.
»Was sagst du?«
Katja wiederholte sich.
Marisa blickte zum Fenster. »Warum? Warum ist sie plötzlich mitten in der Nacht verschwunden?«
»Ich weiß es doch nicht. Es ist alles so schrecklich anders geworden, seit… seit ER aufgetaucht ist.«
Marisa preßte die
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