Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts
sie nur schreien.
Auf ein Geräusch hinter mir drehte ich den Kopf. Es war Cherry, ebenfalls noch nackt. Die Leoparden zogen sich nur was an, wenn ich sie dazu zwang. Ich sah wieder weg. Sie sollte mich nicht weinen sehen. Ich war ihre Nimir-Ra, ihr Fels. Felsen weinten nicht.
Ich wusste, dass sie hinter mir stand, spürte es, noch bevor sich der Klang des Wassers änderte. Sie ließ sich auf die Knie nieder, ließ das Wasser über sich spülen, sodass ich plötzlich der kalten Luft ausgesetzt war. Ich drehte mich nicht um. Sie strich mir über die nassen Haare. Als ich sie nicht abwehrte, umarmte sie mich, aber zögerlich, als rechnete sie mit Zurückweisung.
Ich versteifte mich. Sie hielt mich eine Weile fest, den Kopf auf meinen gelehnt, während sie mich von dem Wasser abschirmte, sodass ich zu frieren begann, obwohl sie sich mit ihrem warmen Körper an mich lehnte. Ganz allmählich gab ich nach und ließ mich entspannt in ihre Umarmung fallen. Ich weinte, und sie hielt mich fest.
Ich weinte nicht heftiger und schluchzte nicht. Es blieben stille, langsame Tränen, bis schließlich keine mehr kamen. Cherrys Haut an mir zu spüren hatte etwas Tröstendes, nichts Erregendes. Ich löste mich, und sie zog sich zurück. Ich stand auf und drehte die Hähne zu. Die Stille war abrupt und vollkommen. Ich ahnte, dass es draußen dunkel war. Selbst ohne ein Fenster wusste ich, es war kurz vor Morgengrauen, zwei, drei Uhr. Bald würde es hell werden. Ich musste in Erfahrung bringen, warum Jean-Claude im Gefängnis saß. Alles andere konnte warten. Wir hatten Feinde in der Stadt, und ich musste herausfinden, wer sie waren und was sie wollten. Danach würde ich mich damit befassen, was gerade passiert war, aber jetzt noch nicht, jetzt nicht. Verdrängen - eine meiner leichtesten Übungen.
Cherry gab mir ein Handtuch und nahm eins für sich. Ich wickelte es mir um den Kopf und holte mir ein zweites. Wir trockneten uns schweigend ab und vermieden jeden Blickkontakt. Das entsprach nicht dem Duschprotokoll; Frauen sind normalerweise nicht so. Ich wollte nur nicht darüber reden, was passiert war. Noch nicht.
Ich wickelte mir das große Handtuch um und fragte: »Warum ist Jean-Claude im Gefängnis?«
»Weil er dich umgebracht hat.«
Ich starrte sie an, und als ich die Sprache wiederfand, sagte ich: »Noch mal ganz langsam bitte.«
»Jemand hat ihn fotografiert, als er dich aus dem Club trug. Du warst blutüberströmt, Anita. Er auch, aber mit deinem Blut.« Sie zuckte die Achseln und trocknete sich eine Stelle am Bein ab, die sie ausgelassen hatte.
»Aber ich lebe noch«, wandte ich ein, was ziemlich albern klang.
»Und wie willst du erklären, dass du in einer knappen Woche von deinen Verletzungen genesen bist, die dich eigentlich hätten umbringen müssen?« Sie richtete sich auf und schlug sich das Handtuch über die Schulter, machte sich nicht die Mühe, auch nur das Wenigste zu bedecken.
»Ich will nicht, dass er wegen einer Tat sitzt, die er nicht begangen hat«, sagte ich.
»Wenn du heute Nacht zur Polizei gehst, werden sie wissen wollen, wieso du schon wieder auf den Beinen bist. Was willst du dann sagen?« Ihr Blick war sehr direkt. So direkt, dass ich mich am liebsten umgedreht hätte.
»Du tust, als wäre ich ein Lykanthrop, der sich nicht outen will. Ich bin keiner, Cherry.«
Sie sah zu Boden und mied meinen Blick. Das erinnerte mich an die Blicke, die sich alle zugeworfen hatten, nachdem ich aufgewacht war. Ich fasste ihren Arm. »Was verschweigt ihr mir?«
»Kann ich reinkommen und mich waschen?«, fragte jemand von draußen. Es war Micah. Ich hatte eigentlich vorgehabt zu flüchten, sobald ich ihn von Weitem sah, da war etwas in Cherrys Blick, bei dem ich erstarrte. Sie hatte Angst. Und noch etwas anderes ging in ihr vor, das ich aber nicht deuten konnte.
»Augenblick noch!«, rief ich ihm zu. »Cherry, sag es mir. Egal, was es ist, sag es mir einfach.«
Sie schüttelte den Kopf. Sie hatte Angst, aber wovor? »Hast du Angst vor mir?« Ich konnte meine Verwunderung nicht unterdrücken.
Sie nickte und sah wieder zu Boden.
»Ich würde dir niemals etwas tun, keinem von euch.«
»In dem Fall vielleicht doch«, flüsterte sie.
Ich schüttelte ihren Arm. »Cherry, verdammt noch mal, raus damit.«
Sie machte den Mund auf, schloss ihn wieder und wandte sich in dem Moment zur Tür um, als Micah hereinkam. Sie
Weitere Kostenlose Bücher