Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
das Gesicht etwas, widersprach aber nicht.
»Ja, ich weiß, du bist diese Woche schon dreimal im Dorf gewesen, aber wir werden hier nicht bleiben können. Das ist das Haus eines Toten und unseres ist es schon zweimal nicht. Wir haben ein eigenes Haus. Bei Hronga holst du Brot und Eier. Bei Hedda ...«
Sie überschüttete den Knaben mit Besorgungen, die er im Dorf zu machen habe. Sie würde hier noch etwas helfen und dann ihr Haus herrichten. Schließlich wollte sie ihm Geld geben, bemerkte aber beim Griff in ihren Beutel, dass nicht mehr genug darin war. Moakin bemerkte ihren sorgenvollen Blick. Feixend hob er eine der Goldmünzen hoch, die er gestern von Garock erhalten hatte.
»Als aller erstes tauschst du die Goldstücke beim Winger, dem Steuerbeamten, gegen unsere Münzen.«
Moakin starrte das schwere Goldstück in seiner Hand fasziniert an.
»Wenn er fragt, woher du die hast, sag ihm, ich werd’s ihm schon noch erzählen. Ich muss sowieso bei seiner Nichte vorbei schauen. Die ist doch schwanger.«
Ihr Sohn schaute sie so entrückt auf das Goldstück, dass sie Zweifel hatte, ob er an alles denken würde. Dennoch scheuchte sie in aus der Hütte. Er stotterte vielleicht und war nicht der Schnellste oder gar der Geschickteste, aber er hatte ein gutes Gedächtnis.
Sie zog die braune Decke wieder zu, schöpfte sich auch eine Schale mit Tee und setzte sich an den Tisch. Erst einmal durchatmen. Einen Entschluss gefasst zu haben, gab ihr immer ein gutes Gefühl.
Sie saß da und trank ihren Tee und mit einem Mal wurde ihr die Stille bewusst, die in der Hütte herrschte. Von draußen kam kein Geräusch und das Feuer schien plötzlich lauter zu knacken. Unsicher schaute sie sich um. Ein sonderbares Gefühl kroch ihr in die Kehle. Schlagartig wurde ihr klar, dass sie das erste Mal völlig allein in dieser Hütte war. Merkwürdig war nur, sie fühlte sich nicht allein. Ein Knarren riss sie aus ihren Gedanken.
Die Tür zur hinteren Kammer öffnete sich einen Spalt. Sie konnte die rechte Hand des Toten sehen. Sie war bleich und die Adern waren blau hervor getreten. Für einen Moment war ihr, als ob Sie sich bewegt hätte.
Als sie noch einmal hinsah, lag alles still. Helmins Nackenhaare stellten sich. Sie schüttelte sich, als ob sie den Schnee noch einmal loswerden wollte. Dann versuchte die alte Frau, über sich selbst zu lachen. Sie war eine dumme Gans. Wie oft hatte sie Nächte lang bei Toten die Wache gehalten.
»Guten Morgen.«
Helmin erschrak bis ins Mark. Die Heilerin stand direkt hinter ihr. Sie war ohne einen Laut in die Hütte gekommen.
»Verzeiht, werte Helmin, ich wollte Euch nicht erschrecken.«, Lavielle legte ihr die Hände auf die Schultern. »Alles in Ordnung?«
Helmin zitterte noch, als sie nickte, und spürte die warmen Hände. Die Wärme breitete sich schnell aus und der Schreck verflog. Nervös war sie immer noch.
Schließlich setzte sich die schöne Heilerin Helmin gegenüber. Die Kräuterfrau nestelte nervös an ihren Fingern.
Lavielle berührte ihre zittrigen Hände und Helmin blickte ihr direkt in die Augen. Die Heilerin drehte den Kopf und sah die offene Tür, dann sagte sie kaum hörbar: »Ich muss ihn noch waschen und kleiden, helft Ihr mir dabei?«
»Jr ...«, Helmin musste sich räuspern, »ja, natürlich.«
Lavielle erhob sich langsam und ging zur Feuerstelle. Sie befüllte den großen Kessel mit Wasser aus einem Eimer und schwenkte ihn über das Feuer. Dann legte sie ein paar Scheite nach.
»Wir werden Tücher brauchen ... und einen Schmied.«
Die Kräuterfrau hatte sich schließlich gefasst. »Tücher sind kein Problem. Die sind im Zimmer links in der Truhe, aber wozu benötigen wir einen Schmied?«
Die Heilerin legte fünf Goldmünzen auf den Tisch. Es waren die gleichen, die Ankwin ihr damals gegeben hatte.
»Für die Totenmaske.«
»Ach so.« Helmin hatte schon einmal davon gehört. »Habt Ihr überhaupt schon gefrühstückt? Euer wundervolles Gebet war sicher anstrengend?«
»Oh, dank Euch, aber ich habe bereits gegessen. Ihr kennt das Bewegungsgebet?«
»Ich habe einmal davon gehört ... vor langer Zeit. Ich hatte es mir nicht so anmutig vorgestellt.«
Das Wasser im Kessel fing an zu dampfen und Helmin dachte, an das, was sie vorhatten. Sie wollte auf einmal nicht allein in die Kammer. Sie fühlte sich wie ein kleines Mädchen, wenn sie an den Toten dachte. Sie ging zum Kessel und prüfte die Temperatur.
Lavielle trat neben sie. Sie hatte eine Ledertasche in der
Weitere Kostenlose Bücher