Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Gegenüber zu haben. Die Männer sprachen immer mit ihr, entweder sehr zuvorkommend, um ihr den Hof zu machen, oder abfällig, um ihr Begehren zu überspielen. Nur selten hatte sie jemanden getroffen, der mit ihr selbst und nicht mit ihrem Körper sprach.
Doch dieser Berisi sprach einfach gar nicht. Er war der Angeklagte und er schwieg. Ach was war sie doch für ein dummes Ding. Heute Morgen noch hatte sie alles, was über die Berisi zu lesen war, in Händen gehalten.
***
Garock fühlte sich nicht besonders. Seine Wunden würden ohne Behandlung bald anfangen, sich zu entzünden und das Essen hier war erbärmlich. Jeder, der in die Zelle kam, redete bloß auf ihn ein und wollte insgeheim nur einen Mann sehen, der nicht redete – Worte, Worte, Worte.
Keiner stellte sich ihm vor und jeder gefiel sich in der Rolle des Überlegenen. Manche sprachen sogar in einfachen abgehackten Sätzen mit ihm, als ob er das Sprechen nie gelernt hätte. Trotz der Ketten hätte er jeden Einzelnen von ihnen zerquetschen können, aber es hätte keinen Sinn gehabt. Hankuma, der große Geist, hatte ihn hierher geführt und er würde ihn auch wieder hier hinausführen – oder zumindest dorthin, wo sein Platz war.
Und jetzt stand diese plappernde, junge Frau vor ihm, diese schöne junge Frau, oh ja, bei Hankuma, sie war wunderschön. Doch auch sie redete nur auf ihn ein und auch sie hatte sich ihm nicht einmal vorgestellt. Der einzige Unterschied zu allen Vorigen war, dass sie sein Schweigen als unangenehm empfand, alle anderen hatten es nicht gewürdigt, nicht bemerkt oder einfach weiter geredet.
Auch ihr hatte er nichts zu sagen. Er wollte sich gerade in sich selbst versenken und sie ignorieren, als er ihre Hände auf seiner Hüfte spürte.
Sie untersuchte seine Verletzungen und so wie sie es tat, hatte sie Ahnung davon. Mit jeder ihrer Berührungen glaubte Garock, die einsetzende Heilung schon zu spüren. Und er spürte noch etwas, das heftig in seiner Brust pochte. Und wie sie duftete.
***
Anfangs schimpfte Lavielle murmelnd über sich selbst, dann wurde sie lauter und schimpfte auf die Soldaten, was in einem sehr energischen »Wache!« gipfelte.
Die Novizin blickte wütend und ungeduldig zur Tür. Wenige Augenblicke später betraten drei Armbrustschützen den Raum, während sie sich gegenseitig deckten.
»Ich bin es nicht, die Hilfe braucht. Lasst sofort nach einem Heiler schicken. Dieser Mann bedarf der Heilung.«
Die Soldaten hatten alle Mühe, das Bild, das sich ihnen zeigte, mit den Anweisungen, die sie erhalten hatten, in Einklang zu bringen. Die junge Frau stand ganz nahe an dem Riesen und berührte ihn sogar.
Lavielle war vor Zorn ganz außer sich. Wie konnte sich eine Stadt, deren Kultur auf der Welt ihresgleichen suchte, ihre Gefangenen so behandeln, eine Stadt, die den Hauptorden der Heiler beherbergte.
»Ich will sofort mit dem zuständigen Befehlshaber der Stadtsoldaten hier sprechen!«
Langsam aber stetig kam immer mehr Hektik unter das Wachpersonal. Befehle wurden gebellt, es wurde um Verzeihung gebeten und man stieß in der Eile Gegenstände um.
Lavielles Zorn rauchte bei dem Anblick hektisch werdender Soldaten langsam ab. Trotzdem hätte sie sich ohrfeigen können. Die Berisi waren schweigsam und sie kam herein und plapperte einfach darauf los.
***
Bermeer war sich sicher, dass der Krieger und die Novizin nicht in der Nacht aufbrechen würden. Also hatte er den Vorteil, ihnen vorausreiten zu können und sie nicht verfolgen zu müssen. In einer großen Stadt war der Assassine nicht zu finden und konnte jeden unbemerkt verfolgen. Nur auf dem Land oder im Wald war er nicht perfekt. Das wusste er.
Als er außer Sicht war, beschleunigte er seinen Schritt. Bermeer wollte noch vor Schließung der Tore die Stadt verlassen, so hatte er genug Zeit sich zu verstecken und würde sogar noch zu etwas Schlaf kommen.
Immer wieder trieb er sein Pferd an. So gelang es ihm sogar, noch vor der Dunkelheit im Wald anzukommen. Er hielt sich ein gutes Stück von den Gräbern entfernt. Er hatte etwas Ahnung vom Spurenlesen und wusste, wenn ein einigermaßen gut ausgebildeter Fährtenleser anwesend wäre, würde seine Anwesenheit sofort entdeckt. Und Ankwin war mit Sicherheit ein sehr gut ausgebildeter Krieger und Jäger. Sein Vater, Ruthegarn, das Oberhaupt einer großen Familie und ein Mann mit bestem Ruf, hatte seinen Sohn bestimmt gut unterrichtet lassen. Das war ihm von einem geschwätzigen Heiler mitgeteilt worden, der
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