Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
in die Richtung, aus der der anschwellende Donner kam.
Das Bild, das sich ihm bot, war zuerst widersprüchlich – eine völlig idyllische Landschaft und das Geräusch einer ganzen Viehherde.
Kurz bevor er sie sah, hörte er an dem Klang einzelner Hufe und an den Tierlauten, was es wirklich war und dann, dann sah er sie, eine Herde wilder Pferde, die imposanter nicht hätte sein können. Selten hatte man die Gelegenheit, soviel Kraft und Anmut gepaart mit Natürlichkeit und wildem Bewegungsdrang zu sehen.
Ankwin war erfüllt von Glück. Es war ein Moment, in dem alles stillzustehen schien, nur die Pferde bewegten sich majestätisch und doch völlig ungezügelt an ihm vorüber. Der Bärenfelsener suchte nach dem Leithengst.
Während die Leitstute die Herde meist anführte, trieb der Leithengst die Tiere von hinten an. Die Herde war sehr groß, mindestens hundertfünfzig Pferde, doch dieser Hengst war nicht zu übersehen. Die meisten der Tiere waren in vielen Schattierungen von Grau gefärbt, einige wenige waren auch gescheckt, aber der Einzige, der komplett schwarz war, und die an sich schon ungewöhnlich großen Tiere an Größe noch deutlich übertraf, lief ganz hinten.
Dieser Hengst war der Leithengst und er war eindeutig der König der Pferde. Ankwin hatte das Gefühl, als spüre er die Nähe eines Bruders oder eines anderen nahen Verwandten.
Er malte sich aus, wie es sein müsste, auf so einem Pferd in vollem Galopp über taunasse Wiesen zu preschen oder welch ein Bild ein voll gerüsteter Krieger auf solch einem Schlachtross abgeben müsste.
Dann bekam Ankwin ein schlechtes Gewissen. Er saß auf dem treusten und klügsten Tier, das er in seinem jungen Leben überhaupt hätte haben können, und schwärmte von dem Ritt auf einem fremden Riesenpferd, dessen Zureiten alleine wohl schon mehrere Jahre dauern würde.
Er beugte sich etwas nach vorn, sodass sein Mund genau neben dem Ohr seines Schimmels war. »Ist ja gut, mein alter Freund, du bist das einzige Pferd in meinem Leben. Aber du musst zugeben, dass es prachtvolle Tiere sind.«
Weißwind schnaubte bestätigend und schüttelte und nickte mit dem Kopf gleichzeitig.
Die Herde bewegte sich entlang des Weges in die Richtung, in der die Burg liegen sollte. Weißwind war kaum noch zu halten.
»Du hast recht. Daran habe ich auch gerade gedacht. Also los!«
Noch bevor Ankwin seine Schenkel zusammendrücken konnte, stieg Weißwind auf. Ankwin musste sich noch weiter nach vorne beugen, um nicht aus dem Sattel zu kippen. »Hijaah!«
Die Herde hatte mittlerweile einen kleinen Vorsprung, was Weißwind erst richtig anspornte. In gestreckten Galopp holten sie die Wildpferde ein. Die Leitstute hatte sie längst bemerkt und das Tempo gesteigert. Schon nach wenigen Momenten war der Reiter und sein weißes Pferd mitten unter den ungezügelten Tieren. Ankwin hatte jedes Gefühl für Zeit und Raum verloren. Er spürte den Wind in seinen Haaren und wie die würzige Luft seine Lungen füllte. Er konnte das Blut in jeder seiner Adern spüren. Er glaubte sogar, Weißwinds Herzschläge zu hören, ja sogar die der Tiere direkt neben ihm. Ankwin war eins mit all diesen Tieren. Er war glücklich.
Plötzlich sah er einen Schatten im Augenwinkel und spürte sofort danach etwas, das seinen Kopf streifte. Der junge Krieger drehte seinen Kopf, konnte aber nichts entdecken. Ein schriller Pfiff erklang und die Herde änderte schlagartig die Richtung.
Ankwin zog die Zügel, sodass Weißwind seine Hinterhufe in den weichen Untergrund stemmte. Er ging mit den Hinterbeinen soweit nach unten, dass es beinah aussah, als würde er sitzen und nur wenig später standen Pferd und Reiter. Die Wildpferde waren schon fast komplett hinter einem Hügel verschwunden und es schien beinahe so als wären sie nie da gewesen.
Jetzt sah Ankwin, was seinen Kopf gestreift hatte. Ein Falke zog knapp über dem Boden einen Bogen, spreizte die Flügel und die Schwanzfedern und landete auf dem lederbehandschuhten Arm eines Mannes.
Links und rechts neben dem Mann standen noch weitere Männer. Zwei davon richteten große Armbrüste auf ihn. Überall konnte er das gesuchte Wappen, die drei Blumen und die Lanze, sehen.
Sich der Durchschlagskraft der beiden schweren Waffen bewusst, hielt Ankwin sein Pferd still. Weißwind hatte die bestimmte Art, wie sein Herr Zügelführung und Schenkeldruck kombinierte, sofort begriffen und stand auch still. Er nahm lediglich seinen Kopf etwas zur Seite, um die Fremden mit
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