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Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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ihre Figur.
    Sie zog sich aus und legte die Hand auf die Augen des Mannes, als wolle sie ihn raten lassen, wer sie sei. Es folgte das übliche Spiel solcher Filme. Der Streifen war schlecht gedreht. Man sah die Mühe der Darstellerin, sich bei jeder Aktion so zu verrenken, dass die Kamera zwischen ihre Beine sehen konnte. Schlechte Schnitte, die Großaufnahmen und Totalen passten nicht zueinander. Dennoch sah Thann aufgeregt zu, wie zwei weitere Männer, in denen er den Klempner und den Ehemann aus dem ersten Teil des Films erkannte, in die Szene traten und sich am Spiel beteiligten.
    Lasst uns das Love-in doch gleich hier proben.
    Evas Zwillingsschwester tat es mit allen zugleich. Turnübungen, komplizierte Körperkombinationen. Thann zweifelte, ob das im wirklichen Leben überhaupt Spaß machen konnte. Dennoch nahm seine Erregung weiter zu. Zuletzt ergossen sich die Männer über ihrem Körper.
    Erneuter Szenenwechsel. Jetzt fand das statt, was das Band so illegal und so wertvoll für seine Liebhaber machte. Das Vorspiel: Zwei Frauen Mitte dreißig machten auf einem Sofa aneinander herum. Alles, was sie trugen, waren kleine, schwarze Masken.
    Dann führten Männer, deren Gesichter außerhalb des Bildrands blieben, Tiere in die Szene; Schäferhund, Ziegenbock, Pony. Thann bekam eine neue Vorstellung des Wortes Schoßtiere. Es ekelte ihn an, und dennoch sah er gebannt hin.
    Der Abspann. Thann spulte zurück zur Mitte des Bandes. Eva?
    Er sah sich die Szene noch einmal an, wieder und wieder. Gebannt. Elektrisiert. Das Trinken hatte er ganz vergessen.
    Irgendwann schaltete er den Fernseher aus und lauschte in die Nacht. Er hoffte, dass die Nachbarn das Stöhnen der Schauspieler nicht gehört hatten. Er fühlte eine Leere in seinem Körper, doch der Kühlschrank bot nichts Festes, womit sie zu füllen war. Thann hielt sich wieder an den Alkohol. Schnaps pur, bis die Flasche leer war.
    Irgendwann fiel er ins Bett.
    Sein Traum war diesmal noch weit beunruhigender als der der letzten Nacht. Immer wieder begegnete ihm Eva, mal blond, mal braun, das Gesicht durchfurcht von parallel geführten Schnitten. An mehr konnte er sich nicht erinnern, als er schweißgebadet erwachte. Dann schlief er wieder ein, doch es war kein Schlaf, der Erholung brachte.
     
     
    16.
     
    Als er zum zweiten Mal erwachte, blendete ihn das Grau des Tages. Sein Magen war wie mit Beton ausgegossen. Sein Kopf enthielt ein Hirn aus Blei, das bei jeder kleinen Bewegung gegen den Schädel schlug. Der Schmerz war unerträglich, sobald sich Thann bewegte.
    Der Wecker zeigte zwölf Uhr. Thann fand ein Röhrchen Schmerztabletten und nahm gleich zwei Pillen. Als er duschte, versuchte er, an den dünnen Strahlen seinen Durst zu löschen, doch nach jedem Schluck war seine Zunge so trocken wie zuvor.
    Er machte Kaffee und fand einen Apfel, doch sein Magen dankte das Frühstück nur mit weiteren Schmerzen. Sein Wohnzimmer sah aus wie ein Museum für ungeklärte Fälle. Die Zeitung vom Vortag klebte schief an der Wand, und beim Aufhängen musste Thann seinen Gummibaum umgerissen haben. Er stellte ihn wieder auf und tat die herausgefallene Erde zurück in den Topf. Seine Hände zitterten.
    Thann räumte Gläser und Flaschen auf. Dann legte er sich wieder auf sein Bett und wartete auf ein Ende der Schmerzen in Kopf und Magen. Er war fast wieder eingeschlafen, als das Telefon klingelte. Ganz schrill mitten in seinem Hirn.
    Seine Mutter. Sie wollte wissen, ob er am Sonntag zu Besuch käme. Auch das noch! Keine Lust. Er verneinte und legte auf, bevor sie weitersprechen konnte.
    Draußen war es so trüb wie in seinem Kopf. An den vorbeifahrenden Autos liefen die Scheibenwischer, und Fußgänger trugen Schirme vor sich her. In den Eingang des Zeitungsladens drückten sich drei Penner und wärmten sich an Zigaretten und Schnaps.
    Thann griff nach seinem Portemonnaie.
     
    ZERSTÜCKELTE LEICHE IDENTIFIZIERT!
    WANN SCHLÄGT DER WAHNSINNIGE HACKER WIEDER ZU?
     
    Unter der Überschrift zwei Fotos: Von dem einen grinste Thann das feiste Bullengesicht Bollmanns entgegen. Am liebsten hätte er es sofort zerrissen. Das andere zeigte Eich in seinen jungen Jahren. Er trug lange Haare und eine breite, groß gemusterte Krawatte. Späte Sechziger. Thann vermutete, dass nach ihm der BLITZ Eichs Mutter aufgesucht und ihr Geld für das Foto gezahlt hatte. Hoffentlich viel Geld.
    Thann las weiter.
     
    Sechs Tage in Freiheit, dann erschlagen und hack-hack. Kriminaloberrat Bollmann

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