Anne Gracie
Hut
so aufzusetzen, dass er am besten zur Geltung kam. Und dann, plötzlich, riss
das Loch in ihrem Herzen wieder weit auf, weil ihr bewusst wurde, dass sie all
diese Dinge nie mit ihrer Tochter erleben würde.
Dann weinte
sie lautlos im Dunkeln, um Harry nicht aufzuwecken.
Kleine
Schritte. Immer eine Nacht nach der anderen.
15. Kapitel
ede
Nacht, wenn sie und
Harry sich liebten, musste Nell an das denken, was Lady Gosforth – es fiel ihr
immer noch schwer, sie Tante Maude zu nennen – ihr erzählt hatte:
Harry
glaubt, er sei es nicht wert, geliebt zu werden, und das schon seit eh
und je.
Wenn er
inzwischen immer noch nicht wusste, dass sie ihn liebte, dann gab es nur einen
Ausweg – sie musste es ihm sagen. Das Problem war nur, dass sie so ein Feigling
war.
Was wäre
denn, wenn Lady Gosforth sich irrte? Wenn er es doch ernst damit gemeint hatte,
dass er sich keine Liebe von ihr wünschte? Was wäre, wenn sie ihm ihre Liebe
offenbarte und ihm das Ganze einfach nur peinlich war? Dann würde sie vor Scham
sterben. Oder wenn er sie unangenehm berührt ansah und schnell das Thema
wechselte, wie Männer das so oft taten?
Die
schlimmste und doch wahrscheinlichste Möglichkeit war, dass er einfach nur
freundlich und verständnislos darauf einginge, ganz so, als hätte sie sich
gerade vollständig zum Narren gemacht, woraus er ihr aber keinen Strick drehen
würde. Weil er eben ein freundlicher Mensch war. Jede Nacht nahm sie sich vor,
es ihm zu sagen, und jede Nacht war sie dann doch zu feige und schwieg.
Harry überflog seinen Brief an Ethan, in
dem er ihn noch einmal daran erinnerte, den Namen des Gastes herauszufinden,
der damals die Dienstmädchen belästigt hatte. Bis jetzt hatte er in dieser
Sache noch nichts von seinem Freund gehört. Er teilte Ethan auch mit, dass die
Hochzeit nun in Alverleigh stattfinden sollte und dass Gabriel, die Prinzessin,
Tibby und die Jungen bereits dort waren – wenn Ethan den Namen des Schurken in
Erfahrung gebracht hatte, sollte er seine Antwort direkt nach Alverleigh
schicken. Letzteres hatte er dick unterstrichen.
Außerdem
gab es noch eine lange Liste mit Dingen, die erledigt werden mussten. Ethan
würde ihn sicher erschießen wollen, wenn er die Aufstellung las. Er war
eigentlich für die Pferde zuständig, nicht für diese ganzen anderen Aufgaben.
Aber
schließlich heiratete ein Mann nur einmal.
Er fügte
noch als Postskriptum hinzu, dass sie in zwei Tagen nach Alverleigh aufbrechen
wollten.
Dann
schrieb er einen weiteren Brief, diesmal an die Barrows, um sie nach Alverleigh
zu seiner Hochzeit einzuladen. Wenn das seinem Bruder nicht passte, dann konnte
Harry es auch nicht ändern. Mr und Mrs Barrow waren für ihn mehr Familie als
jeder kaltherzige, blaublütige Earl.
Am
nächsten Tag
wollten sie nach Alverleigh reisen. Heute Nacht muss es geschehen, dachte Nell.
So schnell würde sich die Gelegenheit vielleicht nicht mehr bieten. Wer wusste
schon, wie es in Alverleigh sein würde? Vielleicht bekam sie Harry dort kaum zu
Gesicht. Also musste sie ihren ganzen Mut aufbringen und es ihm sagen. Und
zeigen – in mehr als einer Hinsicht.
Sie hatte
noch nie ihr Nachthemd ausgezogen, und er hatte sie auch nie darum gebeten. Er
hatte sie durch den Stoff liebkost und das Hemd höchstens bis zu ihren Hüften
hochgeschoben. Sich ihm völlig nackt zu zeigen, dazu war sie zu scheu gewesen –
und wieder einmal zu feige.
Heute Nacht
wollte sie kein Feigling mehr sein. Heute Nacht würde sie sich für Harry Morant
entblößen, ihren Leib und ihre Seele.
Nach dem
Abendessen ließ Nell den Badezuber vor den Kamin in ihrem Zimmer bringen.
Während die Lakaien eimerweise heißes Wasser über die Hintertreppe nach oben
schleppten und Cooper großzügig Rosenöl in den Zuber goss, verteilte Nell
überall
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