Anne Gracie
habe dich
gefragt, ob du mir zuhörst!“
„Ich höre
dir zu“, brachte er mühsam hervor. „Obwohl es mir wesentlich leichter
fiele, mich zu konzentrieren, wenn du damit aufhören ...“ Er stöhnte
erneut.
„Sei still
und hör mir zu. Ich liebe dich, Harry Morant.“
Er sah sie
fassungslos an.
„Ich liebe
dich“, wiederholte sie laut und deutlich. Sie begann, sich in einem
stetigen Rhythmus zu bewegen und bei jedem Auf und Ab sagte sie es erneut. „Ich
liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich.“
Sie beugte
sich vor, verteilte Küsse auf seiner Brust und murmelte bei jedem einzelnen:
„Ich liebe dich.“
Ihm war,
als hätte er einen glühenden Stein in der Brust. Er konnte nicht sprechen.
„Ich liebe
dich.“ Sie schlang die Arme um ihn und drehte sich mit ihm zusammen um,
sodass er über ihr lag. „Ich liebe dich“, wiederholte sie.
Er nahm
ihren Rhythmus auf, immer schneller und kraftvoller, und
jedes Mal sagte sie, ihm tief in die Augen blickend: „Ich liebe dich.“
Die
Leidenschaft riss ihn bereits mit sich fort und drohte, ihm die Sinne zu
rauben, und doch konnte er es noch immer hören. „Ich liebe dich.“
Als er ein
letztes Mal laut aufstöhnte, ehe er seine Erfüllung fand, hörte er sie wieder,
diese Worte, von denen er nicht genug bekommen konnte, auch wenn er sie nicht
verdiente: „Ich liebe dich, Harry Morant.“
Harry
hatte sich mit Rafe
und Luke zu einem Ausritt noch vor dem Frühstück verabredet. Jetzt wünschte er,
er hätte das nicht getan. Sein Herz war so übervoll. Ich liebe dich, Harry
Morant.
Was sollte
ein Mann dazu sagen? Wahrscheinlich wollte sie, dass er diese Worte, dieses
„Ich liebe dich“, erwiderte, aber er konnte es nicht aussprechen.
Noch nicht.
Er hatte
noch nichts getan, um ihre Liebe zu verdienen.
Widerstrebend
stieg er aus dem Bett und deckte Nell behutsam zu. Er schlich aus dem Zimmer
und zog rasch seine Reitkleidung an.
Rafe und
Luke warteten schon in der Halle. „Entschuldigt die Verspätung“, sagte
Harry und griff nach seinem Hut und seinem Mantel.
Rafe sog
witternd die Luft ein und runzelte die Stirn. „Duftet das hier nach Rosen? Im
Dezember?“
Luke
schüttelte den Kopf. „Ich rieche nichts.“
Rafe beugte
sich zu Harry, schnupperte erneut und zog eine Augenbraue hoch. „Ein neues
Duftwasser, mein Junge?“
„Nein.“
Harry schlüpfte in seinen Mantel und versuchte, Herr über seine aufgewühlten
Gefühle zu werden. Nell liebte ihn.
Er fühlte
sich dieses Geschenks so unwürdig. Aber er würde sich das Recht darauf
verdienen, das nahm er sich fest vor. Irgendwie würde ihm das gelingen.
Rafe
bedachte ihn mit einem nachdenklichen Blick. „Ich verstehe.“
„Wann fahrt
ihr nach Alverleigh?“, erkundigte sich Luke.
„Der
General hat angeordnet, dass die Kavalkade um zehn Uhr aufbricht“,
erwiderte Harry. „Kann ich euch beide wirklich nicht überreden
mitzukommen?“
„In eine
Löwengrube voller Renfrews, wo man vor lauter brüderlicher Liebe kaum Luft
bekommt? Nein, danke“, lehnte Luke unumwunden ab.
„Stimmt“,
ergänzte Rafe gedehnt. „Erspar mir die Freuden eurer familiären Wiedervereinigung,
mein Junge. Ich war im Krieg, weißt du, und obwohl es da auch nette Momente
gegeben hat, reicht mir das fürs Erste.“
„Zur
Hochzeit kommt ihr aber“, sagte Harry.
„Natürlich.
Das würde ich mir doch niemals entgehen lassen“, erwiderte Rafe.
„Ach, ihr seid
ja noch da“, ertönte eine Stimme von der Treppe her. „Ich bin so froh,
dass ich euch nicht verpasst habe.“
Harry
drehte sich um, als Nell die Treppe hinuntergeeilt kam. In seinem Hals bildete
sich ein Kloß. Wie schön sie war, wie einzigartig. Er ging auf sie zu und
unterdrückte den Wunsch, sie hochzuheben und durch die Luft zu wirbeln.
Stattdessen sah er ihr
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