Anne Gracie
abfiel.
„Ich auch“, erwiderte sie lächelnd.
Die
Prinzessin drehte sich um. „Wo ist Tibby? Ich dachte, sie wäre mit mir nach
draußen gekommen.“
„Vor einer
Viertelstunde ist die Post gebracht worden“, ließ sich hinter ihr ein
eleganter Mann vernehmen. „Es war ein Brief für sie dabei, Marcus hat ihn ihr
eben in der Halle gegeben.“
Da er also
nicht Marcus ist, kann es nur Nash sein, dachte Nell. Ein Renfrew war er auf
jeden Fall.
Nash
begrüßte Harry herzlich und beugte sich galant über Nells Hand. „Willkommen in
der Familie, Lady Helen“, sagte er mit einem umwerfenden Lächeln. „Ich
habe gehört, Sie sind eine hervorragende Reiterin, ich hoffe, Sie reiten an
einem der nächsten Tage mit mir aus!“
„Das wäre
herrlich, vielen Dank“, erwiderte sie. Er war sehr charmant. Harry hatte
ihn richtig beschrieben.
Als sie
gerade alle hineingehen wollten, erschien ein großer, ernst aussehender Mann an
der Tür. Der Earl.
Er
verneigte sich förmlich vor Harry und beugte sich höflich über Nells Hand.
„Willkommen in Alverleigh, Lady Helen, Harry“, begrüßte er sie. „Mein
Butler wird Ihnen Ihre Räumlichkeiten zeigen.“
Nell sah
ihm in die Augen und hielt den Atem an. Zwischen allen Brüdern bestand eine
große Familienähnlichkeit, doch während Nash und Gabriel leuchtend blaue Augen
hatten, waren die des Earls grau – ein kaltes Rauchgrau. Er hatte Harrys Augen.
Es war geradezu unheimlich.
„Der Tee
wird in einer halben Stunde im grünen Salon serviert“, fuhr der Earl fort.
„Jemand wird Sie abholen und Ihnen den Weg zeigen.“ Er nickte ihr knapp zu
und wandte sich ab.
Die
kältesten Augen der Welt, hatte Harry gesagt. Ganz ähnlich hatte sie über
Harry gedacht, als sie ihm das erste Mal in die Augen gesehen hatte. Und dann
hatte er ihr seinen Hut gegeben.
Nell, die
immer noch versuchte, all die neuen Eindrücke in sich aufzunehmen, war dankbar,
als Harry ihr den Arm bot und sie hinter dem Butler herführte.
Sie hatte
vermutet, dass sie aus Gründen des Anstands in unterschiedlichen Flügeln
untergebracht werden würden, doch der Butler führte sie zusammen einen Flur
entlang. Das machte ihr Hoffnung. Die Größe dieses Hauses war ein wenig
einschüchternd, man konnte sich hier ganz leicht verlaufen.
Der Butler
öffnete eine Tür. „Ihr Zimmer, Lady Helen.“
„Was für
ein hübscher Raum!“, rief Nell aus. „Und diese Aussicht!“
„Lady
Gosforth hat ausdrücklich dieses Zimmer für Sie verlangt, Mylady“, teilte
der Butler ihr mit. „Mr Morant, wenn Sie mir bitte folgen wollen?“
Harry
verschwand, und Nell sah sich um. Das Zimmer war sogar noch
luxuriöser als das in Lady Gosforths Stadthaus. An einer Wand befand sich eine
Tür, und aus Neugier öffnete Nell sie. Sie führte in ein weiteres Schlafzimmer
– in das von Harry. Er saß auf dem Bett und las einen Brief.
„Hier bist
du also untergebracht!“, stellte sie fest.
Er zuckte
heftig zusammen und steckte den Brief hastig in seine Tasche.
„Was war
das für ein Brief?“
„Nur eine
Nachricht von Ethan. Nichts Wichtiges, es geht nur um Pferde, Rechnungen, das
Übliche eben. Hübsche Zimmer, nicht wahr? Tante Maude hat dieses hier eigens
für mich verlangt, sagte der Butler. Angrenzende Zimmer. Ich habe dir doch
gesagt, sie weiß Bescheid.“
Nell musste
ihm zustimmen. Bislang hatte sie fest geglaubt, Lady Gosforth hätte keine
Ahnung, dass sie die Hochzeitsnacht bereits vorgezogen hatten. Doch Lady
Maudes Scharfsinn war ihr im Moment ganz egal. Irgendetwas stimmte nicht mit
Harry, irgendetwas war anders geworden. Plötzlich umgab ihn eine Aura von
Anspannung, die vorhin bei ihrer Ankunft noch nicht da gewesen war. „Bist du
sicher, dass das alles war, was in dem Brief stand?“
„Ja.“
Sein Gesicht
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