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Anne Gracie

Anne Gracie

Titel: Anne Gracie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zarte Küsse der Sehnsucht
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ein­ge­bracht und war
das reins­te Ner­ven­bün­del.“ Seuf­zend spül­te sie den Lap­pen aus. „Es wird
ihr das Herz bre­chen, sich er­neut von die­sem Pferd ver­ab­schie­den zu
müs­sen.“
    „Was will
Ih­re Her­rin denn nun ma­chen?“
    Ag­gie
press­te die Lip­pen auf­ein­an­der. „Das darf ich nicht sa­gen, Sir.“
    Har­ry
run­zel­te die Stirn. „Wer­den Sie sie be­glei­ten?“
    „Nein, sie
hat für mich ei­ne Stel­le als Haus­häl­te­rin beim Vi­kar ge­fun­den, da­her wird es mir si­cher gut ge­hen“, be­ton­te die al­te Frau. „Nun ja, der ar­me Mann
braucht mich. Er wird all­mäh­lich alt und ver­ge­ss­lich. Au­ßer­dem will er ih­ren
Hund mit auf­neh­men. Sie wird Freck­les schreck­lich ver­mis­sen, das ar­me Mäd­chen,
aber dort, wo sie hin­geht, kann sie kei­nen Hund mit­neh­men.“
    Al­so wür­de
sie al­lein rei­sen. Das ge­fiel Har­ry gar nicht. Die Er­in­ne­rung an Nell, wie sie
völ­lig durch­nässt auf dem Fuhr­werk ge­ses­sen hat­te, quäl­te ihn noch im­mer. „Geht
sie denn nicht zu ir­gend­wel­chen An­ge­hö­ri­gen?“
    Ag­gie
schnaub­te. „Zu den iri­schen Cous­ins? Nie­mals! Au­ßer­dem ...“ Sie
ver­stumm­te schuld­be­wusst. „Aber was plap­pe­re ich da? Ich ge­he jetzt und ho­le
mei­ne rest­li­chen Sa­chen.“
    Har­ry
nick­te ab­we­send. Er über­flog die Lis­te, die Nell ihm ge­ge­ben hat­te. Es stan­den
lau­ter Na­men dar­auf. „Mrs De­a­ne“, wand­te er sich an Ag­gie, „könn­ten Sie
mir viel­leicht er­klä­ren, was das zu be­deu­ten hat? Ihr Na­me steht hier
auch.“
    Er zeig­te
Ag­gie den Zet­tel und sie kniff die Au­gen zu­sam­men. „Tut mir leid, Sir, Le­sen
war noch nie mei­ne Stär­ke.“
    Er fing an,
ihr die Na­men vor­zu­le­sen.
    „Das ist
al­les so un­ge­recht!“, un­ter­brach sie ihn nach ei­ner Wei­le auf­ge­bracht.
„Sie hat sich tot­ge­schuf­tet, um den Be­sitz am Lau­fen zu hal­ten, wäh­rend ihr
Pa­pa gleich­zei­tig eif­rig da­mit be­schäf­tigt war, ihn in den Ruin zu stür­zen.
Miss Nell lief in Lum­pen her­um und hat je­den Pen­ny zwei­mal her­um­ge­dreht, nur
da­mit nie­mand hier Hun­ger lei­den muss­te. Sie wä­re bei­na­he in Ohn­macht ge­fal­len,
als sie zu­rück­kam und fest­stel­len muss­te, dass ihr gan­zes Knau­sern und Spa­ren
um­sonst ge­we­sen war und ihr Va­ter al­les ver­spielt hat­te.“
    Har­ry hielt
den Zet­tel hoch. „Und die­se Lis­te hier?“
    „Das sind
al­le die, die hier im letz­ten Jahr ge­ar­bei­tet ha­ben, Sir, und die ge­blie­ben
sind, nach­dem schon gar kein Geld mehr da war – sie sind nur we­gen Miss Nell
ge­blie­ben. Nach­dem ihr Pa­pa sie Os­tern fort­ge­bracht hat­te, wur­den sie al­le
ent­las­sen, oh­ne einen Pen­ny und oh­ne ir­gend­ei­ne Zu­sa­ge. Sie hat erst ver­gan­ge­ne
Wo­che da­von er­fah­ren.“ Ag­gie wisch­te sich mit der Schür­ze über die Au­gen.
„Ich weiß nicht, wo sie ge­we­sen ist. Als sie zu­rück­kam, war sie nur noch ein Schat­ten
ih­rer selbst und ih­re Au­gen sa­hen so furcht­bar trau­rig aus.“
    „Al­so
brau­chen al­le die­se Leu­te Ar­beit?“
    Ag­gie sah
auf und in ih­re al­ten Au­gen trat ein neu­er Hoff­nungs­fun­ke. „Bei Ih­nen, Sir?
Ja, sie wür­den für Sie ar­bei­ten! Und, Sir, wenn Sie das Miss Nell er­zäh­len
könn­ten, dann wür­de ihr das ei­ne große Last von den Schul­tern neh­men, ganz
be­stimmt. Die­ses Mäd­chen sorgt sich um al­le und je­den.“
    Har­ry
nick­te und steck­te den Zet­tel ein. „Wenn al­les nach Plan ver­läuft, bin ich in
ei­ner Wo­che wie­der hier und dann su­che ich die­se Leu­te auf. Ich weiß Loya­li­tät
sehr zu schät­zen. Kei­ner, der für Miss N... La­dy He­len ge­ar­bei­tet hat, soll im
kom­men­den Win­ter Not lei­den.“ Der letz­te Win­ter war, wie er wuss­te,
au­ßer­ge­wöhn­lich streng ge­we­sen.
    „Ach,
Sir“, stam­mel­te Ag­gie mit brü­chi­ger Stim­me. „Ich neh­me al­les Schlech­te
zu­rück, was ich je über Sie ge­dacht ha­be.“
    Har­ry
mach­te sich auf den Weg zu den Stal­lun­gen. Er fand Nell mit ver­träum­ter und
sehn­süch­ti­ger Mie­ne an der Bo­xen­tür. Er sah über ih­re Schul­ter in das In­ne­re der
Box. Das Foh­len war auf den Bei­nen und trank bei sei­ner Mut­ter.

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