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Anne Gracie

Anne Gracie

Titel: Anne Gracie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zarte Küsse der Sehnsucht
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Al­les, was er
er­ken­nen konn­te, wa­ren vier lan­ge, dün­ne Bei­ne, ein klei­ner dunk­ler Rumpf und
ein auf­ge­regt we­deln­des Schwänz­chen. Har­ry lä­chel­te. An so ei­nem An­blick konn­te
er sich nie­mals Satt­se­hen. Au­ßer­dem war es wie ein gu­tes Omen – das ers­te in
sei­nem ei­ge­nen Stall ge­bo­re­ne Foh­len.
    „Es scheint
ein kräf­ti­ges klei­nes Kerl­chen zu sein“, stell­te er fest. „Ja, es ist
wun­der­schön.“
    „Die­se
Na­mens­lis­te, die Sie mir ge­ge­ben ha­ben – ich wer­de die meis­ten der Leu­te
ein­stel­len. Ag­gie sag­te mir, es wä­ren al­les loya­le Ar­bei­ter.“
    Lan­ge Zeit
schwieg sie. „Ich dan­ke Ih­nen“, sag­te sie schließ­lich mit er­stick­ter
Stim­me. Trä­nen glit­zer­ten in ih­ren Au­gen und sie dreh­te sich rasch um, da­mit er
es nicht sah. „Es be­schämt mich so, dass sie so schlecht be­han­delt
wor­den sind. Ich hof­fe, ih­nen ei­nes Ta­ges al­les zu­rück­zah­len zu kön­nen, was man
ih­nen schul­dig ge­blie­ben ist, doch bis da­hin ... Dan­ke.“
    Erst­mals
be­kam er ei­ne Ah­nung da­von, wie zor­nig und un­end­lich ge­de­mü­tigt sie sich
fühl­te we­gen der ge­dan­ken­lo­sen Ver­schwen­dungs­sucht ih­res Va­ters.
    Sie zog ein
Ta­schen­tuch her­vor, putz­te sich wü­tend die Na­se und fing an, einen war­men
Fut­ter­brei für ih­re Stu­te an­zu­rüh­ren. Har­ry be­ob­ach­te­te sie da­bei. Sie kann­te
sich wirk­lich mit Pfer­den aus; er selbst hät­te den Brei nicht bes­ser zu­be­rei­ten
kön­nen.
    „Was wird
nun aus Ih­nen?“, frag­te er sie nach ei­ner Wei­le.
    „Aus mir?
Ich ge­he nach Lon­don“, wie­der­hol­te sie.
    Er sag­te
nichts und wand­te auch den Blick nicht von ihr ab. Das funk­tio­nier­te im­mer – so
auch die­ses Mal.
    „Wenn Sie
es un­be­dingt wis­sen wol­len, ich ha­be ei­ne Stel­le ge­fun­den. Ei­ne sehr gu­te
so­gar.“
    „Als
was?“
    „Als
Ge­sell­schaf­te­rin für ei­ne ver­wit­we­te Da­me. Sie brau­chen mich gar nicht so
an­zu­se­hen“, füg­te sie kühl hin­zu. „Das ist ge­nau das, was wir im Le­ben
ge­schei­ter­ten Da­men tun. Wahr­schein­lich wer­de ich mei­ne Zeit da­mit ver­brin­gen,
der Gu­ten et­was vor­zu­le­sen, Tee mit ihr zu trin­ken und die Se­hens­wür­dig­kei­ten
von Lon­don zu be­sich­ti­gen – ein äu­ßerst an­ge­neh­mes Le­ben, da bin ich mir ganz
si­cher.“
    Wohl wahr,
dach­te er. Ge­nau so et­was ta­ten vor­neh­me Da­men. Ihn lang­weil­te das zu To­de.
„Kei­ne Fa­mi­lie?“
    Sie zuck­te
die Ach­seln. „Ein paar ent­fern­te Cous­ins in Ir­land, die ich nie ken­nen­ge­lernt
ha­be. Und da sie be­reits Pa­pas Schul­den­last zu tra­gen ha­ben, will ich mich
ih­nen nicht noch zu­sätz­lich auf­bür­den. Es ist kei­ne Schan­de, sich sei­nen
Le­bens­un­ter­halt selbst zu ver­die­nen.“
    Ei­ne Wei­le
sag­te er nichts. Dann: „Sie könn­ten für mich ar­bei­ten.“
    Sie
run­zel­te die Stirn. „Als was?“
    Er zog die
Schul­tern hoch. „Ich bin mir nicht si­cher, wie man das nen­nen soll. Sie könn­ten
mit den Pfer­den ar­bei­ten, sie zu­rei­ten, so wie Sie das hier auch schon ge­macht
ha­ben. Ag­gie mein­te, das ste­cke Ih­nen im Blut. Sie könn­ten das­sel­be tun wie
frü­her auch, nur für mich, nicht mehr für Ih­ren Va­ter.“
    Nell
starr­te ihn an. Hier blei­ben und wei­ter mit ih­ren ge­lieb­ten Pfer­den ar­bei­ten
... Hat­te er über­haupt ei­ne Ah­nung, was er ihr da an­ge­bo­ten hat­te? Ih­ren
Le­bens­traum auf ei­nem sil­ber­nen Ta­blett! Sie schloss die Au­gen und dach­te
einen Mo­ment lang dar­über nach. Aber es war un­mög­lich.
    Sie muss­te
To­rie fin­den.
    Sie
schüt­tel­te den Kopf. „Ich be­daue­re. Es ist ein gu­tes An­ge­bot, aber es geht
nicht.“ Sie hat­te nicht vor, ihm den wah­ren Grund zu nen­nen; zum Glück gab
es je­de Men­ge an­de­re Grün­de.
    „Warum
nicht?“
    „Es wür­de
ziem­lich viel Ge­re­de ge­ben. Schlimm ge­nug, ei­ne un­ver­hei­ra­te­te Frau in Ih­ren
Stal­lun­gen ar­bei­ten zu las­sen – aber die Toch­ter ei­nes Earls? Das wä­re ein
Skan­dal.“
    „Sie ha­ben
be­reits den Skan­dal des Bank­rotts Ih­res Va­ters über­stan­den“, gab er
un­ver­blümt zu be­den­ken.
    „Ja, aber
das hier

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