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Anonym - Briefe der Lust

Anonym - Briefe der Lust

Titel: Anonym - Briefe der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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verblüfft.
    „Deine Mom mochte mich schon immer.“
    Ich stieß einen Seufzer aus, der meine Ponyfransen zum Flattern brachte, dann schob ich mich mit meinen Einkäufen durch die Tür. Ich ließ sie hinter mir offen, was das Äußerste an Einladung war, das ich über mich bringen konnte. Er folgte mir und schloss die Tür. Ganz sachte, mit einem Klicken, ohne Knall.
    Ich trug meine Tüten in die Küche und streifte mir die Schuhe von den Füßen. Austin stand ganz still da und sah mir zu, ohne Anstalten zu machen, sich zu setzen. Er sah sich interessiert in der Wohnung um, dann schob er seine Hände tief in die Taschen und wippte auf den Fersen, während ich mir beim Auspacken und Wegräumen meiner Lebensmittel Zeit ließ.
    „Darf ich mich setzen?“, erkundigte er sich schließlich, als ihm klar wurde, dass ich ihm nicht von mir aus einen Platz anbieten würde.
    „Musst du fragen?“ Ich blieb mit dem Rücken zu ihm stehen und schaute das Kleingeld in meinem Portemonnaie durch. Anschließend wusch ich mir die Hände gründlich mit Seife und heißem Wasser. Geld gehört zu den schmutzigsten Dingen, die ein Mensch anfassen kann.
    Als ich mich umdrehte, um ihn anzusehen, stand er immer noch. Wir starrten einander über die ganze Breite meines eher kleinen Wohnzimmers an, bis ich nickte. Er setzte sich genauso hin, wie er es schon immer gemacht hatte: mit ausgestreckten Beinen, sodass er so viel Platz wie nur möglich einnahm.
    Ich machte in aller Seelenruhe meine Küche sauber, wischte die Arbeitsflächen ab und schrubbte das Spülbecken mit Bleichmittel. Anschließend leerte ich sogar den Mülleimer und brachte den Abfall hinaus zum Müllschlucker am Ende des Flurs. Ich ging davon aus, dass Austin unruhig oder irritiert sein würde, wenn ich zurückkam, aber er hatte zwischen den Büchern und Zeitschriften, die ich in einen Strohkorb neben der Couch geworfen hatte, einen Robert-Heinlein-Roman gefunden, in dem er blätterte.
    „Da sind keiner Bilder drin“, teilte ich ihm von der Tür aus mit.
    Austin legte das Buch auf den Couchtisch. „Der ist hübsch.“ Er hatte den Köder nicht geschluckt, obwohl ich ihn bewusst in die Falle hatte locken wollen. „Der Roman?“
    „Der Couchtisch“, erklärte er, und blieb immer noch sitzen.
    „Der hat mal Stella gehört.“
    Austin nickte, als würde das für ihn einen Sinn ergeben.
    „Dann bin ich froh, dass ich meine Füße nicht draufgelegt habe.“
    Ich brauchte mindestens fünf Sekunden, bis ich verstand, dass er versuchte, mich zu necken, ohne mich auf die Palme zu bringen. Tatsächlich machte er einfach nur … Scherze. Ich wusste, wie ich mit ihm umgehen musste, wenn er versuchte, mich zu verführen oder zur Weißglut zu bringen, aber ich hatte keine Ahnung, wie ich auf dieses Verhalten reagieren sollte.
    „Ich vermisse dich“, sagte Austin.
    Es war schwierig, diese Worte zu hören, und ich meine nicht, weil er zu leise gesprochen hätte oder nuschelte. Ich konnte kaum ertragen, sie zu hören, weil ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte. Ich wollte nicht, dass er mich vermisste.
    Anstatt etwas zu sagen, setzte ich mich ihm gegenüber hin. Die Sprungfedern des Lehnstuhls bohrten sich manchmal durch die dünne Polsterung, obwohl ich eine Decke darüber ausgebreitet hatte. Eine der Federn nutzte jetzt die Gelegenheit, und ich zuckte zusammen.
    „Wirklich“, beteuerte er, als wäre mein Gesichtsausdruck eine Antwort auf seine Bemerkung gewesen und nicht die Reaktion auf ein Stück Draht an meinem Hintern.
    „Austin.“ Etwas anderes kam mir nicht über die Lippen. Er zuckte mit den Schultern. Ich hatte mich nicht in ihn verliebt, weil er so geschickt mit Worten umging. Früher war es mir egal gewesen, wenn er mehr mit seinen Händen als mit seinem Mund sprach. Damals waren wir beide jung und dumm gewesen.
    „Du siehst gut aus, Paige. Diese Wohnung …“, erklärte er, „… sie ist sehr hübsch.“
    „Danke.“
    Seine Haare waren immer von der Sonne fast weiß gebleicht gewesen, und er hatte sie so kurz getragen, dass ich seine Kopfhaut sehen konnte. Wenn ich mit meinen Fingern durch seine Haare gefahren war, hatten meine Nägel über seine Haut gekratzt. Jetzt fielen ihm die Haare über die Ohren und in die Stirn und hatten die Farbe von reifem Weizen kurz vor der Ernte. Als ich in seine Augen sah, kam mir der Gedanke, dass auch er darauf wartete, geerntet zu werden.
    Ich brachte es fast nicht über mich, das zu tun, was ich tun musste. Ich

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