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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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über den Rücken laufen ließ. Fast behutsam schlug er den Band auf. Die Seiten bestanden aus vergilbtem Pergament, das so alt war, dass es beim Umblättern nicht nur hörbar knisterte, sondern Mogens fast befürchtete, sie könnten einfach zerbrechen, und waren mit winzigen Buchstaben einer fast kalligraphischen Handschrift bedeckt. Dazwischen befanden sich sonderbare kabbalistische Symbole und unheimlich anmutende Zeichnungen, deren bloßes Betrachten Mogens schon Unbehagen bereitete.
    »Sei vorsichtig damit«, sagte eine Stimme hinter ihm.
    Mogens fuhr so erschrocken herum, dass er das Buch um ein Haar tatsächlich fallen gelassen hätte. Er hatte nicht einmal gehört, dass die Tür aufgegangen war. »Jonathan.«
    Graves schob die Tür hinter sich ins Schloss und kam näher. Sein Blick glitt aufmerksam über den Tisch, bevor er sich wieder Mogens zuwandte und fortfuhr: »Es sind zum Teil unersetzliche Originale. Wirklich sehr wertvoll.«
    »Originale?« Mogens griff instinktiv fester zu, was Graves ein flüchtiges Lächeln entlockte.
    »Eine Leihgabe einer kleinen Universität in Massachusetts«, bestätigte er. »Du kannst dir nicht vorstellen, was für eine Mühe es mich gekostet hat, sie zu bekommen. Ich musste meine Seele verpfänden, damit der Kurator sie herausgibt.« Er grinste. »Und die hätte ich gerne wieder.«
    Mogens bezweifelte, dass Graves so etwas wie eine Seele hatte, behielt diese Meinung aber wohlweislich für sich und drehte sich fast hastig um, um das Buch ins Regal zurückzustellen. »Du musst dir ja sehr sicher gewesen sein, dass ich zustimme.«
    »Nennen wir es: vorsichtig optimistisch«, antwortete Graves. »Ich hoffe, du kannst mit dieser Auswahl etwas anfangen. An ein paar Titel konnte ich mich von früher erinnern, aber ich bin kein Fachmann auf diesem Gebiet und musste mich wohl oder übel auf den Rat des Kurators verlassen. Aber nach allem, was ich gehört habe, ist die Miskatonic University führend auf diesem Gebiet. Ihre Bibliothek genießt einen ausgezeichneten Ruf.«
    Mogens hatte noch nie etwas von dieser Universität gehört, so wenig wie von der dazugehörigen Stadt, aber die Auswahl der Titel auf den Regalbrettern vor sich schien Graves’ Behauptung zu bestätigen; auch wenn Mogens bezweifelte, dass es sich tatsächlich bei allen um Originale handelte. Er war im Gegenteil fast sicher, dass etliche jener Bücher, von denen nur hinter vorgehaltener Hand geredet wurde, niemals existiert hatten. Doch ob Fälschungen oder nicht, alt waren diese Bände zweifellos.
    »Und diese Bücher lässt du einfach so hier herumstehen?«, wunderte er sich. »In einem unverschlossenen Haus, in dem jeder nach Belieben ein- und ausgehen kann?«
    »Oh, für unsere Sicherheit ist schon gesorgt, keine Angst«, beruhigte ihn Graves. »Und für die unseres Besitzes auch.« Er kam zwei weitere Schritte näher, und wieder tastete sein Blick sehr aufmerksam über den Tisch, den Mogens gerade aufgeräumt hatte. »Aber ich bin nicht gekommen, um mit dir über Bücher zu fachsimpeln, Mogens. Hast du dich entschieden?«
    »Entschieden?« Mogens verstand nicht sofort, was Graves meinte.
    »Was mein Angebot betrifft.« Graves machte eine erklärende Geste und verbesserte sich: »Meine Bitte . Wirst du mir helfen?«
    »Es ist noch keine zwei Stunden her!«, sagte Mogens. »Ein wenig mehr Zeit solltest du mir schon geben, um eine so weitreichende Entscheidung zu treffen.«
    »Gerade Zeit ist es, was wir nicht im Übermaß haben, fürchte ich«, sagte Graves betrübt.
    »Warum die Eile?«, fragte Mogens. »Du bist seit einem Jahr hier. Welche Rolle spielen da ein paar Stunden oder Tage?«
    »Eine große, fürchte ich«, sagte Graves. »In wenig mehr als einer Woche ist Vollmond. Bis dahin sollten wir unsere Vorbereitungen abgeschlossen haben.«
    Mogens blinzelte ihn verstört an.
    »Vollmond?«
    »Spielt der Vollmond nicht bei vielen magischen Ritualen eine wichtige Rolle?«, fragte Graves. Er lächelte fast schüchtern. »Ich meine: Wir reden doch hier über das, was unsere geschätzten Kollegen als Magie bezeichnen, oder?«
    »Aber das bedeutet nicht, dass wir jetzt nachts an einem Kreuzweg auf den Vollmond warten und dabei Krötensteine und Fledermausflügel verbrennen müssen, oder?«, fragte Mogens.
    »Wenn es hilft.« Graves blieb vollkommen ernst. Er machte eine Kopfbewegung auf die Tür hinter sich. »Die anderen werden bald zurück sein. Ich wäre dir verbunden, wenn du ihnen nichts von der Kammer

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