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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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erzählen würdest. Zumindest nicht, bis du dich entschieden hast.«
    »Selbstverständlich«, antwortete Mogens in leicht beleidigtem Ton. »Und danach übrigens auch nicht. Ganz gleich, wie meine Entscheidung ausfallen wird.«
    »Oh, ich bin sicher, du wirst dich richtig entscheiden«, sagte Graves lächelnd. »Aber lass dir nicht zu viel Zeit damit. Ich werde nach dem Abendessen noch einmal vorbeikommen, um deine Entscheidung zu erfahren.«
    Mogens sah ihn scharf an. Bildete er es sich nur ein, oder war da ein ganz sachter drohender Ton in Graves’ Stimme?
    »Ich werde darüber nachdenken«, sagte er und wandte sich brüsk um.
    »Tu das«, antwortete Graves.
    Mogens wartete, bis er das Geräusch der Tür gehört hatte, die ins Schloss fiel, und er ließ auch dann noch einmal gute fünf oder zehn Sekunden verstreichen, bevor er sich mit zornig zu Fäusten geballten Händen umdrehte, fest entschlossen, Graves kurzerhand hinauszuwerfen, sollte er wieder eins seiner Spielchen mit ihm spielen. Graves war jedoch nicht mehr da, und einen Moment lang kam sich Mogens einfach nur albern vor. Dass er begriff, dass selbst das vermutlich zu dem Spiel gehörte, das Graves ihm aufgezwungen hatte, machte es auch nicht unbedingt einfacher.
    Mogens versuchte sich eine Weile damit abzulenken, die Titel auf den Buchrücken vor sich zu studieren, aber es half nicht. Seine Gedanken kehrten immer wieder zu Graves und der unheimlichen Kammer unter dem Friedhof zurück, und schließlich gab er es auf und trat wieder vom Regal zurück. Eine noch kürzere Weile versuchte er, sich mit dem Ordnen und Sortieren seiner Papiere abzulenken, aber das fruchtete beinahe noch weniger. Er richtete Unordnung an statt Ordnung, und Mogens hasste Unordnung. Nein, er brauchte etwas weit Simpleres, um sich auf andere Gedanken zu bringen.
    Vielleicht sollte er zu Tom gehen und ihn bitten, ihm noch einen Kaffee zu kochen – und ihn bei dieser Gelegenheit gleich wegen der verdorbenen Tasse zur Rede stellen. Er umkreiste den Tisch, um sie zu holen, aber sie war nicht mehr da.
    Mogens runzelte überrascht die Stirn. Wider besseres Wissen suchte sein Blick den gesamten Tisch ab, und schließlich ging er sogar in die Hocke, um unter den Tisch zu sehen, aber es blieb dabei: Die Tasse war verschwunden.

Mercer und die beiden anderen kamen erst lange nach Sonnenuntergang zurück. Das Brummen des näher kommenden Wagens war schon eine geraume Weile zu hören gewesen, ehe die Stoßstange das Geäst am anderen Ende des Lagers teilte und die Scheinwerfer einen Teil der schlammigen Straße aus der Dunkelheit rissen. Obgleich Mogens nichts von Automobilen verstand, glaubte er doch den Klang des Ford wieder zu erkennen, mit dem Tom ihn aus San Francisco abgeholt hatte. Der Wagen bewegte sich nicht sehr schnell, und er fuhr auch alles andere als gerade; dieScheinwerfer hüpften so wild hin und her, dass Mogens nicht einmal überrascht gewesen wäre, hätte der Ford eine der Blockhütten gerammt. Aber das Wunder geschah: Der Wagen kurvte um alle Hindernisse herum und verschwand schließlich hinter dem Gebäude, hinter dem Tom auch die anderen Fahrzeuge abgestellt hatte. Nur einen Moment später hörte Mogens das Geräusch zuschlagender Autotüren und dann Stimmen und das helle Lachen einer Frau. Hyams.
    Eine innere Stimme riet ihm, ins Haus zurückzugehen. Er hatte nichts gegen Hyams und die beiden anderen, aber er glaubte kaum, dass sie ihm bei der Entscheidung, die er zu treffen hatte, von großem Nutzen sein würden. Aber noch während er mit sich rang, auf sie zu warten oder nicht, tauchten drei schwarze Silhouetten hinter der Blockhütte auf und verharrten plötzlich mitten in der Bewegung. Die Stimmen verstummten ebenso jäh wie Hyams’ Lachen, und Mogens wusste, dass es zu spät war. Kurz nach der Mittagsstunde hatte Tom den Generator ausgeschaltet, sodass er genau wie gestern auf Kerzenlicht angewiesen war, aber in der offen stehenden Tür war er dennoch nicht zu übersehen.
    »Mein lieber Professor!«, rief Mercer im Näherkommen. »Zu so später Stunde noch auf?«
    Mogens widerstand der Versuchung, demonstrativ auf seine Taschenuhr zu sehen. Er wusste auch so, dass es noch nicht einmal neun war. Vor einer knappen Stunde hatte ein sehr wortkarger Tom das Essen aufgetragen, ohne dass Graves gekommen war, wie er es versprochen hatte. Er zog es vor, nicht zu antworten, aber die schleppende Art, auf die Mercer sprach, war ihm keineswegs entgangen. Mercer und die

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