ARALORN - Die Wandlerin: Roman (German Edition)
Dämon beschwört.«
»Dämon?«, fragte Aralorn. Ihre Bestürzung schien sich in Grenzen zu halten. »Ich dachte bisher immer, dass es so was nicht gibt … Oder meinst du einen Elementar, wie den, der versucht hat, Myr umzubringen?«
Wolf neigte den Kopf und lachte freudlos auf. Er hätte es einfach damit gut sein lassen sollen, doch er spürte, wie das selbstzerstörerische Element, das einen so großen Teil des Menschen, der er einmal gewesen war, ausgemacht hatte, Besitz von seiner Zunge ergriff. »Und das fragt eine Gestaltwandlerin? Ja, es gibt Dämonen. Ich habe sie selbst schon beschworen. Nicht viele Magier sind bereit, das zu versuchen. Ein einziger Fehler beim Sprechen der Formel kann verheerende Folgen nach sich ziehen, und es ist nicht einfach, eine Jungfrau zu finden, die sich zwingen ließe, sich dem Prozess zu unterwerfen. Obwohl der ae’Magi nie ein Problem damit hatte; seine Dörfler konnten ihm immer irgendein Opfer beschaffen.
Die Darstellung war allerdings nicht ganz akkurat«, fuhr er fort. »Es ist nicht erforderlich, dass der Magier sich persönlich an dem lasterhaften Treiben beteiligt. Er kann einen Stellvertreter wählen, wenn er dies wünscht.«
Wolf fuhr damit fort, die Praktiken zur Beschwörung von Dämonen zu umreißen. Es war nicht unbedingt etwas, das Aralorn sich gern mit vollem Magen angehört hätte, und wäre sie nicht zufällig Söldnerin gewesen, hätte sie während seiner Schilderungen wohl kaum so ruhig dagesessen – doch eine Reaktion war genau das, was er wollte, aber den Gefallen würde sie ihm ums Verrecken nicht tun. Also hielt sie die Fassade der Kaltblütigkeit aufrecht, während sie seinen Ausführungen lauschte. Sie schätzte, dass dies wohl seine Art war, sie nach der Nähe der vergangenen Nacht wieder auf Abstand zu bringen.
»… also ist es anschließend notwendig, den Fokus loszuwerden, oder der Dämon ist in der Lage, sie noch einmal zu verwenden, um ohne Aufforderung zurückzukehren. Das Blut einer auf diese Weise benutzten Frau ist wertvoll, genau wie das Haar und verschiedene Teile des Körpers. Die zweckdienlichste Methode, das Mädchen zu töten, ist, ihr die Kehle aufzuschlitzen.« Seine Stimme war emotionslos, die Wortwahl präzise. Seine funkelnden Augen sahen sie unverwandt an.
Sie lauschte seiner unbeteiligten Schilderung der Gräuel, die er begangen hatte, und gelangte zu dem Schluss, dass sie verliebt sein musste. Denn was sie wirklich hörte, war der gegen sich selbst gerichtete Hass, der seinem Vortrag den Anstoß gegeben hatte. Zweifellos hatte er an der verderbten Zeremonie von Dämonenbeschwörungen und wahrscheinlich auch an Schlimmerem teilgehabt. Doch noch sicherer war sie sich, dass es jetzt in ihm rebellierte, gemessen daran, wie er sie zu entsetzen versuchte. Wahrscheinlich hatte es in ihm schon damals rebelliert.
Sie wartete, bis ihm die Beschreibungen ausgingen, stützte das Kinn in die Hand und sah ihn gelangweilt an. Als sein Redefluss versiegte, sagte sie: »Schön. Hab ich verstanden. Du hast Dinge getan, die ein normaler Mensch verabscheuenswürdig finden würde. Sei’s drum. Du hast aufgehört, sie zu tun … hoffe ich. Können wir uns jetzt vielleicht wieder unserer Arbeit zuwenden?«
Es entstand eine lange Pause, dann sagte Wolf in der gewohnten, ihm eigenen trockenen Art: »Weißt du, manchmal bist du wirklich zermürbend.«
Sie grinste. »Tut mir leid, Wolf. Ich kann nichts dafür, Rührstücke haben nun mal diese Wirkung auf mich.«
»Landplage«, entgegnete er. Sein Tonfall klang alles andere als freundlich, aber andererseits verriet seine Stimme selten, was er dachte.
»Man tut, was man kann«, erwiderte sie bescheiden und war froh, als seine Augen daraufhin wieder lachten.
Nachdem die Krise solchermaßen überstanden war, sprang sie auf und schlenderte zu einem Regal, das außerhalb von Wolfs Sicht lag, um ihnen beiden etwas Zeit zu geben, sich zu beruhigen und ihre Gedanken zu ordnen. Geistesabwesend schnappte sie sich irgendein Buch aus dem nächstbesten Fach. Sie war gerade im Begriff, es zu öffnen, als es ihr wie von Geisterhand wieder aus den Fingern sprang, zurück in das Regal hüpfte und mit einem lauten Rumms wieder seinen Platz einnahm.
Einen Moment lang starrte sie es verdutzt an, dann trat sie zwei Schritte zurück, bis sie Wolf sehen konnte, der mit ihr zugewandtem Rücken in der anderen Raumhälfte saß und zu sich selbst murmelnd etwas schrieb. Außer ihnen befand sich niemand in der
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