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Archer, Jeffrey

Archer, Jeffrey

Titel: Archer, Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abels Tochter
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applaudiert, statt dessen versteckte sie sich, während Miss Tredgold den Fairway entlang marschierte, hinter einem anderen Baum.
    Miss Tredgolds zweiter Schlag landete zwanzig Meter vom Rand des Greens entfernt. Florentyna lief zu einem Gebüsch und sah zu, wie Miss Tredgold den Ball mit zwei Pütts ins Loch brachte. Kein Zweifel, sie war keine Anfängerin.
    Dann zog Miss Tredgold eine kleine Karte aus der Jackentasche, schrieb etwas darauf und wandte sich dem zweiten Tee zu. Wieder holte sie aus und schlug. Diesmal hatte der Ball jedoch einen leichten Rechtsdrall, und landete nicht weit von Florentynas Versteck entfernt.
    Florentyna sah zu den Bäumen auf; höchstens eine Katze konnte sie erklettern. Mit angehaltenem Atem blieb sie hinter dem dicksten Stamm hocken und beobachtete, wie Miss Tredgold die Lage des Balls studierte, etwas murmelte und einen anderen Schläger wählte. Der Ball stieg hoch und gerade auf und landete wieder in der Mitte des Fairways.
    Miss Tredgold steckte den Schläger in die Tasche zurück.

    »Hätte ich beim erstenmal besser geschlagen, hätten wir uns nicht getroffen.«
    Florentyna glaubte, Miss Tredgold führe ein Selbstge-spräch und blieb hinter ihrem Baum.
    »Komm hervor, Kind.«
    Folgsam und schweigend lief Florentyna zu ihr.
    Miss Tredgold nahm einen neuen Ball und legte ihn vor sich auf den Boden. Dann wählte sie einen Schläger und reichte ihn Florentyna.
    »Versuch den Ball in diese Richtung zu schlagen«, sagte sie und wies auf eine achtzig Meter entfernte Fahne.
    Ungeschickt und zögernd nahm das Kind den Schläger und versuchte den Ball zu treffen; jedesmal flog ein kleines Rasenstück in die Luft. Endlich gelang es ihr, den Ball zwanzig Meter näher an den Fairway zu bringen. Sie strahlte vor Freude.
    »Wie ich sehe, haben wir einen langen Nachmittag vor uns«, sagte Miss Tredgold resigniert.
    »Es tut mir so leid«, sagte Florentyna. »Kannst du mir je verzeihen?«
    »Daß du mir nachgelaufen bist, ja. Aber deine Golfversuche nicht. Wir werden mit den Grundbegriffen beginnen müssen, denn ich fürchte, in Zukunft werden die Donnerstagnachmittage nicht mehr mir gehören. Du hast das einzige Laster meines Vaters entdeckt.«
    Mit der gleichen Energie, die sie für Latein und Griechisch aufwandte, lehrte Miss Tredgold ihren Schützling das Golfspiel. Bald war Donnerstag Florentynas Lieblingstag.

    Die Upper School war ganz anders als die Unterstufe. Es gab für jedes Unterrichtsfach eine Lehrerin, die Schülerinnen wanderten von einem Klassenzimmer zum anderen, und viele Aktivitäten wurden gemeinsam mit den Jungen abgehalten. Zu Florentynas Lieblingsfächern gehörten Gegenwartsfragen, Latein, Französisch und Englisch, und die zwei Biologiestunden pro Woche konnte sie kaum erwarten, weil sie dann die Käfersammlung unter dem Mikroskop anschauen durfte.
    Auch Florentynas Interesse an Kleidern ließ nicht nach.
    Sie stellte fest, daß die kriegsbedingte kurze Mode vorüber war und die Kleider wieder fast bodenlang wurden. Leider konnte sie wenig Experimente anstellen, weil die Schuluniform sich nicht veränderte; die Kinderabteilung von Marshai Field’s schien sich wenig um den New Look zu kümmern. Aber Florentyna studierte alle Modehefte und quälte ihre Mutter, sie zu Modeschauen mitzunehmen.
    Für Miss Tredgold hingegen, die einem Mann nie erlaubt hatte, ihre Knie zu sehen, war die neue Mode nur ein Beweis, daß sie schon immer recht gehabt hatte.
    Am Ende des ersten Jahres der Upper School arrangierte die Französischlehrerin eine Aufführung der Heiligen Johanna in französischer Sprache. Florentyna, die als einzige in dieser Sprache denken konnte, spielte die Jungfrau von Orleans und probierte stundenlang in ihrem Kinderzimmer, während Miss Tredgold alle anderen Rollen übernehmen und gleichzeitig Souffleur sein mußte.
    Selbst als Florentyna ihre Rolle auswendig konnte, wohnte Miss Tredgold geduldig den täglichen One-Woman-Shows bei.
    »Nur der Papst und ich gewähren Einzelpersonen eine Audienz«, sagte sie zu Florentyna, als das Telefon klingelte.
    »Für dich«, sagte Miss Tredgold.
    Florentyna hatte es gern, angerufen zu werden, obwohl Miss Tredgold dieses Vergnügen nicht ermutigte.
    »Hallo, hier spricht Edward. Ich brauche deine Hilfe.«
    »Warum? Sag nicht, du hast lesen gelernt.«
    »Keine Aussicht. Aber ich soll die Rolle des Dauphins spielen und kann nicht alle Worte aussprechen.«
    Florentyna unterdrückte ein Lachen. »Komm um halb sechs zu uns; du

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