Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
Tisch festhielt, wallte nackte Panik in Eryn auf.
Der Prinz zischte ihn an: „Reiß dich zusammen, Nurin. Ich bin dabei, dir das zurückzugeben, was ich dir durch die Verkettung unglücklicher Umstände nehmen musste. Aber glaube bloß nicht, dass dies eine Belohnung für deine ‚Un‘-taten in den letzten Tage ist.“
Der Magier legte seine eigenen Hände darüber und Eryn fühlte, wie der Betäubungszauber wirkte, dann floss weitere Magie, die umwandelte, heilte und veränderte. Aus der grünen Klaue wurde wieder eine menschliche Hand mit fünf Fingern und rosiger Haut. In einer halben Stunde war das Werk vollbracht und Prinz Raiden ließ die Betäubung verschwinden und löste den Festhaltebann. Immer noch ungläubig starrte Eryn auf die neue – alte Hand. Alle Finger kann man problemlos bewegen und überhaupt gar nichts ist falsch .
„Danke, mein Prinz“, brachte Eryn in freudiger Überraschung halb gestottert hervor.
Der andere winkte ab: „Jetzt nicht sentimental werden. Ich habe das nur getan, weil die Herren in Aleroth eine seltsam zweigeteilte Auffassung von Grausamkeit haben. Den Seelenbann zu wirken, ist ein legitimes Mittel zum Zweck. Aber einem armen Jungen die Hand abzuschlagen und darauf zu bestehen, dass er sich selbst heilt, ist grausam. Dass eine fehlende Hand einen Mann viele Dinge lehren kann, würden sie im Weißen Turm nicht verstehen.“
Welche Beweggründe der Prinz hatte, war Eryn egal, das Ergebnis zählte.
„Trotzdem Danke, denn mir ist bewusst, dass es sonst viele Jahre gedauert hätte, mein Prinz.“
„Dann mach dich nützlich und hör auf, pausenlos auf deine Hand zu starren, sonst kommt es mir vielleicht in den Sinn, sie dir wieder abzuschlagen.“
Eryn sprang auf die Beine. Beim Prinzen konnte man nie sicher sein, ob dies ein böser Scherz oder bitterer Ernst war.
Die nächsten zwei Tage verliefen ohne weitere besondere Vorkommnisse. Das bedeutete nicht, dass Eryn auch nur eine Minute freie Zeit gehabt hätte. Und je näher sie Aleroth nun kamen, umso gereizter und launischer wurde Prinz Raiden wieder. Als der Weiße Turm dann endlich in der Ferne auftauchte, konnte sich Eryn ein Lächeln nicht verkneifen.
Endlich . Er wird mich los sein, aber ich ihn auch.
Sie ritten die Straße hinauf und da waren auch schon die ersten Häuser. Neugierige Blicke folgten ihnen sowie der eine oder andere spionierende Zauber. Der Herr von Naganor hatte sie beide gegen diese ungebetenen Zauber abgeschirmt.
Da war die Akademie und Eryn sah sich verstohlen um, wohingegen der Schwarze Prinz unbeirrt nach vorne sah und nichts auch nur eines Blickes würdigte. Schweigend ritten sie an den Wachen vorbei, die ihrerseits nicht wagten, den Prinzen aufzuhalten.
Er ist wohl auch in Aleroth hinreichend bekannt.
Dann stiegen sie ab und banden die Pferde an. Eryn merkte, dass Prinz Raiden einen Zauber um die Tiere wob, wollte aber nicht nachfragen. Es war der falsche Zeitpunkt dafür. Der Prinz bedeutete Eryn mit knappen Worten, ihm zu folgen.
Im Empfangsraum kam ihnen ein Magier entgegen, verbeugte sich und sprach:
„Ehrenwerter Meister Raiden, Herr von Naganor, Meister Elderon erwartet Euch bereits in seinem Turmzimmer. Ich werde Euch hinbringen.“
„Nicht nötig“, würgte der Prinz den anderen ab. „Ich kenne den Ort.“
Der Magier ließ sich nichts anmerken und verbeugte sich, bevor er sich zurückzog.
Wenigstens bin ich nicht der Einzige, den er schlecht behandelt, dachte Eryn und bemühte sich, mit dem Prinzen Schritt zu halten.
Zielstrebig suchte der seinen Weg die Treppen und Gänge entlang, bis er vor einer Tür stehenblieb.
„Gleich werden wir Meister Elderon treffen... und stell dich bitte nicht dumm an.“
Die Anspannung Prinz Raidens war nicht zu übersehen.
„Jawohl, mein Prinz. Vielleicht wäre es besser, wenn ich hier draußen warte und Ihr geht zuerst rein, dann könnt Ihr mit Meister Elderon alleine sprechen.“
Einen Moment, der sich zu einer Ewigkeit zu dehnen schien, überlegte der Prinz. Schließlich stimmte er Eryn zu: „Ja, es wird wohl das Beste sein.“
Dabei nahm er seinen Helm ab und reichte ihn Eryn, bevor er dann den Raum betrat und sich die Tür wieder hinter ihm schloss. Hörbar atmete Eryn aus.
Der Seelenbann macht ihm mehr zu schaffen als mir. In der Stimmung, in der er sich gerade befindet, da grillt er mich mit einem Feuerzauber, wenn ich auch nur ein falsches Wort sage. Meister Lionas hat mich gewarnt und das nicht zu Unrecht.
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