Ardeen: Band 1: Der Kreis der Magie (German Edition)
denn schließlich riskierten sie genauso Kopf und Kragen wie die kämpfenden Fenn selbst. Und niemand kommt an diesem Lager vor der Stadt so leicht unbemerkt vorbei.
Aileen ließ ihre Gedanken schweifen und dachte wie schon so oft an Eryn. Wie ich mir jetzt wünsche, mit ihm zusammen zu sein. Am liebsten würde ich die alten Bräuche einfach vergessen in einer Zeit, in der sich ohnehin alles ändert . Dann aber ermahnte sie sich selbst: Aber es ist die Ehre der Fenn, für die wir kämpfen. Diese alten Bräuche und Ideale verteidigen wir genauso wie unser Land, das uns die Tiefländer genommen haben. Und was ist aus den Clans geworden, die sich ergeben haben? Das erfüllte sie mit Bitterkeit. Die einst so stolzen Männer und Frauen von Lorne Steinfausts und Savas Wildbachs Clan sind nun kaum mehr als Bettler. Ehemals Krieger mit großen Namen sind nun gebrochene und verwahrloste Männer ohne Einfluss. Die Tiefländer hatten Verwaltungs- und Gerichtshäuser in den Clandörfern gebaut und kontrollierten das Leben der dortigen Bevölkerung. Nur wer sich mit ihnen gut stellte, durfte weiterhin auf die Jagd gehen, wobei das Wild ohnehin rar geworden war. Zu viele Leute ziehen inzwischen durch die Berge .
Die Tiefländer hatten ein paar Sympathisanten gehängt und Vrat hielt sich nun von den Dörfern fern. Lorne und Savas würden uns trotz der Gefahr helfen, doch Vrat will ihnen kein weiteres Unheil bringen. Sie leiden schon genug . Und Belemen , mit Wut dachte Aileen Nachtschatten an ihn, dieser Drecksack hat sich mit den Tiefländern verbündet. Er tanzt ganz nach der Pfeife der Fremden und ohne mit der Wimper zu zucken, würde er uns verraten, wenn der Preis stimmt . Aus seinen Reihen fanden sich sogar Leute, die für die Tiefländer kundschafteten. Doch diese Verräter waren die Ersten, die den Pfeilen von Vrats Männern zum Opfer fielen und das hatte sich auch so herumgesprochen. Manchmal aber erwischte es auch einen der Rebellen und die Fenn um Vrat zählten nur noch zweiunddreißig Mann. Anfangs waren sie über sechzig gewesen und die Gefallenen waren durch Neuankömmlinge ersetzt worden. Doch dann verringerte sich ihre Zahl beständig und wer jetzt noch kam, mochte eher ein Spion und Verräter sein, als einer, der sich der Sache der Fenn verschrieb. Wie lange können wir überhaupt noch durchhalten?, fragte sich Aileen.
Manche sind der Meinung, wir sollten uns nach Westen absetzen zu den letzten freien Clans. Da gibt es noch Siedlungen weit hinter Belemens Dorf. Das Land dort interessiert die Tiefländer nicht, schließlich sind sie nicht wegen der Berge hier, sondern wegen des verdammten Tores. Aber Vrat will davon nichts wissen. Er hat sich der Sache der Fenn bis zuletzt verschrieben und wenn er spricht, dann reißt er immer noch alle in seinen Bann.
Vrat entzündete mit seinen Reden das Feuer in den Herzen seiner Anhänger und danach waren alle stolz, Fenn zu sein, wollten als Fenn leben und auch als Fenn sterben. Das Problem für Aileen war damit aber unlösbar. Denn solange sie die Bräuche der Fenn hochhielten, konnte sie nicht mit Eryn zusammen sein. Die Gesetze ihres Volkes zu achten, bedeutete schließlich, dass sie als Speerfrau den Freuden zwischen Mann und Frau entsagen musste.
Die Feuer im Lager waren bereits deutlich sichtbar und nur noch ein kläglicher Rest an Tageslicht war übrig. Der verhangene Himmel versprach außerdem, dass es bald sehr dunkel sein würde.
Gut für den Schatten der Nacht, dachte Aileen. Im Schutz der Bäume bewegte sie sich um das Lager herum, bis sie einen günstigen Winkel gefunden hatte. Von hier aus gerate ich nicht in das Blickfeld der Wachen. Lautlos glitt sie hinunter ins Gras und bahnte sich ohne jegliche Geräusche ihren Weg. Die Zelte wurden größer und die Männer bekamen Gesichter. Es waren harte Gesichter von Männern, deren Körper durch stetiges Training gestählt waren. Aileen sah keinen einzigen Mann, der aus Bequemlichkeit seine schwere Rüstung abgelegt hätte. Selbst die nicht, die zum Essen ums Feuer herumsaßen.
Das sind Kämpfer. Nicht zu vergleichen mit den Soldaten, mit denen wir es sonst zu tun haben. Und es ist nicht schwer zu erraten, warum sie hier sind. Ich muss Vrat und die anderen warnen. Die Tiefländer haben eine neue Meute auf uns angesetzt und diese Hunde sehen verdammt bissig aus. Manchmal muss man eben davonlaufen. Es ist vielleicht wirklich Zeit, nach Westen zu gehen.
Aber erst einmal galt es, Informationen zu sammeln.
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